Der kommunale Partnerprozess von Landkreis und Universitätsstadt findet in enger Zusammenarbeit mit der Hessischen Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung e.V. (HAGE) und dem Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) statt, deren Vertreter ebenfalls zur Unterzeichnung nach Marburg kamen.
„Gesundheit ist von zentraler Bedeutung für jeden Menschen. Man merkt nur, wenn sie fehlt, aber dann merkt man es richtig", so Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. In Marburg wird das Thema deshalb als Querschnittsaufgabe für alle Bereiche mitgedacht. Im Mai wurde das Programm „Gesunde Stadt" aufgelegt, jetzt kommt die Kooperation mit dem Landkreis hinzu. „Es ist es nicht nur Aufgabe der Bundes- und Landespolitik, sondern auch kommunal von hoher Bedeutung, die Gesundheit der Menschen zu fördern, zu sichern und wieder herzustellen", so Spies, der selbst Mediziner ist. „Und es ist völlig inakzeptabel, dass in Deutschland arme Menschen zehn Jahre früher sterben als reiche", fügt er einen Aspekt hinzu, den auch der kommunale Partnerprozess in den Mittelpunkt stellt.
„Die Gesundheitsförderung und Prävention für die Bevölkerung im Landkreis aktiv zu gestalten ist eine zentrale Herausforderung für die Zukunft. Insbesondere die Menschen in schwierigen sozialen Lebensumständen haben einen Anspruch darauf, bei der Erhaltung ihrer Gesundheit und Lebensqualität unterstützt zu werden", betonte Landrätin Kirsten Fründt. Der Landkreis Marburg-Biedenkopf sei fachlich bereits sehr gut aufgestellt, um diese Aufgabe zu bewältigen. Es müssten aber weitere Kooperationspartner, wie die gesetzlichen Krankenkassen und die freien Träger für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gewonnen werden. Mit dem Beitritt zum kommunalen Partnerprozess eröffnen sich für Stadt und Landkreis zusätzliche Möglichkeiten, Förderanträge nach dem Präventionsgesetz zu stellen.
Dieter Schulenberg, Geschäftsführer der Hessischen Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung (HAGE), begrüßte als Vertreter des Kooperationsverbundes Gesundheitliche Chancengleichheit die in Hessen bisher einzigartige Situation, dass Stadt und Landkreis sich gemeinsam auf den Weg machen und für gesundheitliche Chancengleichheit in der Region eintreten. „Wir freuen uns, Sie mit der Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit Hessen bei der Entwicklung von Präventionsketten in der Region zu unterstützen und zu begleiten", so Schulenberg.
Hintergrund für den Beitritt zum kommunalen Partnerprozess „Gesundheit für alle" sind Studien zur Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland. Sie zeigen auf, dass soziale Ungleichheit und der kulturelle Hintergrund die Gesundheit von Menschen maßgeblich mitbestimmt. So stehen Kinder und Jugendliche in einer schwierigen sozialen Lebenslage weniger gesundheitsfördernde Ressourcen zur Verfügung und gleichzeitig sind sie in ihren Lebenswelten viel größeren Gesundheitsrisiken ausgesetzt.
So konstatierte zum Beispiel das Robert-Koch-Institut (RKI), dass die betroffenen Kinder und Jugendlichen eher ein negatives Gesundheitsverhalten zeigen und häufiger mit Übergewicht und zahnmedizinischen Problemen zu kämpfen haben. Bei Erwachsenen mit einem niedrigen Bildungsabschluss erhöht sich im Laufe des Lebens unter anderem das Risiko an der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) zu erkranken oder einen Herzinfarkt zu erleiden viel deutlicher als bei der Bevölkerungsgruppe mit einem hohen Bildungsabschluss.
Die Kooperationspartner sind sich darin einig, dass bestehende und zukünftige Schritte der Gesundheitsförderung daher unter Einbindung der Bevölkerung auch einen besonderen Fokus auf die Menschen in einer schwierigen sozialen Lebenssituation haben sollten. Die in diesem Zusammenhang notwendige lebensphasenübergreifende und integrierte Gesundheitsstrategie, auch „Präventionsketten" genannt, soll die Gesundheitschancen der Menschen nachhaltig verbessern, unabhängig von dem jeweiligen sozialen Status, Einkommensverhältnissen, Alter oder Geschlecht.
Der kommunale Partnerprozess „Gesundheit für alle" bietet dem Landkreis Marburg-Biedenkopf und der Universitätsstadt Marburg zudem ein Forum, um sich mit anderen Landkreisen und Städten fachlich auszutauschen und die Chance bei der Entwicklung einer Gesundheitsstrategie vom Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit, vertreten durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), unterstützt zu werden.
Bei der Vertragsunterzeichnung ebenfalls dabei waren Dr. Sabine Totsche, Hessisches Ministerium für Soziales und Integration, Dr. Heidrun Thaiss (BZgA) sowie Manfred Dickersbach, Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen.