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Top 10 im Landgrafenschloss

1. Schloss-Innenhof - Der Philippstein

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Im Innenhof des Marburger Landgrafenschlosses ist ein Abguss des sogenannten „Philippsteins“ aufgestellt. Das Original in Haina ist farbig bemalt. Aber auch an der nicht farbig gefassten Kopie des Reliefs lässt sich das wichtige Kunstwerk der hessischen Reformationszeit begreifen. Links ist Philipp der Großmütige zu sehen, in einer prächtigen Rüstung direkt neben einer großformatigen Darstellung des hessischen Wappens.

Der Landgraf gab das 2 Meter mal 2 Meter 85 große Sandstein-Kunstwerk von 1542 bei dem erfolgreichen Bildschnitzer Philipp Soldan in Auftrag. Er ließ sich zusammen mit seiner Vorfahrin Elisabeth von Thüringen ins Bild setzen, die einen Armen mit Speis und Trank versorgt. Landgraf Philipp betont damit die Beziehung zu der gekrönten Fürstin, die sich im Dienst für Arme und Kranke aufopferte – und unmittelbar nach ihrem frühen Tod von der Kirche heiliggesprochen wurde.

Der Landgraf setzte Elisabeths Werk auf eine eigene, entschiedene Weise fort, indem er Klöster auflöste und einige von ihnen als Hospitäler nutzen ließ, zum Beispiel das alte Zisterzienserkloster in Haina. Zur Rechtfertigung dieser Entscheidung gegen die alte Kirche diente auch das Bildprogramm des Philippsteins. In diesem symbolisiert das geierähnliche Fabelwesen names Harpyje mit scharfem Schnabel und spitzen Klauen die Phase des unproduktiv gewordenen Klosterlebens.

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2. Waldecker Saal, Erdgeschoss - Marburger Töpferware

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Seit dem 19. Jahrhundert boten die Töpfer der Universitätsstadt die damals überregional erfolgreiche „Marburger aufgelegte Ware“ an. Ihre charakteristischen Merkmale sind die rot-braune Glasur und das farbige Auflagendekor. Durch die Verwendung hochwertiger Tone aus der direkten Umgebung ergab sich eine außerordentliche Qualität der Gefäße, welche sogar zum Kochen und zur Aufbewahrung heißer Flüssigkeiten verwendet werden konnten. Mit zunehmender Verbreitung des Kaffeekonsums in allen Bevölkerungsschichten erfreute sich seit Anfang des 19. Jahrhunderts auch die Kanne als Gefäßform großer Beliebtheit. Besonders gefragt war die Dekoration mit Herzmotiven, da sie allgemein verständlich und beliebt waren. Die Kannen galten als ein beliebtes Geschenk – als Zeichen für Freundschaft und Liebe.

Mit dem Beginn der industriellen Keramikproduktion verschwanden die kleinen Töpfereibetriebe zunehmend. Heutzutage gibt es in Marburg nur noch eine Werkstatt, die noch die traditionelle Keramik herstellt.

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3. Westsaal des Landgrafenschlosses - August Noack – Religionsgespräch im Marburger Schloss

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1526 führte Landgraf Philipp der Großmütige in Hessen die Reformation ein. Im folgenden Jahr löste er die Klöster auf und gründete in Marburg die erste protestantische Universität. Im Herbst 1529 lud Philipp die führenden Reformatoren in das Marburger Schloss ein, um über die unterschiedlichen Auffassungen der neuen Glaubenslehre zu diskutieren, denn die Uneinigkeit der Reformatoren gefährdete ein gemeinsames Bündnis gegen Kaiser und Papst.

Der Historienmaler August Noack zeigt in seinem 2 Meter 50 mal 3 Meter 05 großen Ölgemälde von 1869 das Gespräch im Fürstensaal des Schlosses. Wahrscheinlich hat es aber in einem Raum des Südflügels stattgefunden. Zusammen mit den Reformatoren sitzt der junge, elegant gekleidete Landgraf am Tisch, während Martin Luther und Huldrych Zwingli stehend über das Abendmahl diskutieren, die zentrale Frage des Gespräches. Luther zeigt auf den Tisch, auf dem in Griechisch „das ist“ geschrieben steht. Die Worte Jesu „das ist mein Leib“ legte Luther wörtlich als Gegenwart Christi beim Abendmahl aus, Zwingli verstand sie symbolisch. Das Marburger Gemälde entstand 1869. Lange Zeit befand es sich im Gymnasium Phillipinum, bevor es ins Museum kam.

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4. Wilhelmsbau, Ebene 2 Kirchliche Kunst - Kruzifixus aus Birkenbringhausen

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Die ausdrucksvolle hölzerne Skulptur aus der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts präsentiert den gekreuzigten Christus ganz irdisch. Man spürt nahezu die Last des hängenden Körpers. Die Arme greifen seitlich weit nach oben aus, der Kopf ist bereits herabgesunken. Auch die ausgeprägte Wölbung des Leibes betont die Menschlichkeit des Gottessohnes. Die Anlage der Figur folgt dem berühmten Kruzifix, das Erzbischof Gero gegen Ende des ersten christlichen Jahrtausends für den Kölner Dom gestiftet hatte, die älteste überlieferte Monumentalskulptur in Deutschland nach Ende der Antike. Auch Details wie das auffällig geknotete Lendentuch oder das gescheitelte Haar entsprechen dem Vorbild.

Vom heute in Marburg befindlichen Kunstwerk aus dem Rheinland ist weder bekannt, wer es schuf, noch für welchen Ort es ursprünglich bestimmt war. Bevor es ins Museum kam, lag es auf dem Dachboden der Kirche in der kleinen hessischen Ortschaft Birkenbringhausen. Anders als das wohl mehr als hundert Jahre ältere Kölner Vorbild findet sich am Marburger Exponat eine Vertiefung, in der eine Reliquie aufbewahrt worden war, also ein materielles Zeugnis der Heilsgeschichte, evtl. ein Splitter vom Kreuz Christi. Heute ist die gut sichtbare, kreisförmige Kammer im Brustkorb des Erlösers leer.

Im Hinblick auf die Ausstattung des Kirchenraumes wird um das Jahr Eintausend durch eine Kölner Textquelle eine neue Nähe von Altar und Kruzifix belegt, welche für das Verständnis der Gottesdienstfeier zentral ist: Im Abendmahl feiern die Christen den Kreuzestod als rettende Erlösungstat. Das Abbild des Gekreuzigten stellte im Laufe der Jahrhunderte immer wieder einzelne Aspekte Jesu in den Vordergrund, das Leiden Christi oder die majestätische Ruhe des Weltenherrschers.

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5. Wilhelmsbau, Ebene 2 Kirchliche Kunst - Schutzhülle für den Elisabethschrein

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Nur in Marburg hat sich die originale Schutzhülle eines mittelalterlichen Reliquienschreins erhalten. Sie diente dazu, den goldenen Schrein mit den sterblichen Überresten der Heiligen Elisabeth vor Staub zu schützen. Das Gehäuse konnte mithilfe eines Flaschenzuges auf- und abgelassen werden. Auf diese Weise präsentierte man den edelsteinbesetzten Elisabethschrein zu festlichen Anlässen. Die Rollen und Ösen, durch die das Seil zum Anheben des Gehäuses geführt wurde, sind bis heute noch in der Sakristei der Elisabethkirche zu sehen.

Die Hülle besteht aus einer farbig bemalten Leinwand über einer hölzernen Lattenkonstruktion, die in ihrer Form der Schreinarchitektur entspricht. Die mohnrot grundierte Außenhaut ist mit einem Ornament aus goldenen Sternen und Rosetten geschmückt. Das florale Gestaltungsmuster setzt sich im Inneren der Hülle fort. Im Zentrum von quadratischen Feldern befinden sich dort abwechselnd rote und weiße Rosetten. Im 18. Jahrhundert wurde über der textilen Bespannung des Gehäuses eine neuere Sackleinentapete angebracht. Diese wurde jedoch nach der Wiederentdeckung der Schreinhülle im Jahr 1926 wieder entfernt, um sie in ihrem ursprünglichen Zustand präsentieren zu können.

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6. Wilhelmsbau, Ebene 2 Kirchliche Kunst - Heilige Elisabeth mit Kirchenmodell

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Bereits einige Jahre nach ihrem Tod 1231 wurde Elisabeth von Thüringen heiliggesprochen. Auch aufgrund ihrer Verdienste in der Armen- und Krankenfürsorge breitete sich die Verehrung ihrer Person rasch aus, und es entstanden im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche Darstellungen der Heiligen. Oft wird sie als gekrönte Fürstin mit Brot und Kanne dargestellt, die einen Bettler versorgt.

Ein anderer Typus zeigt die Heilige Elisabeth mit einem Kirchenmodell in der Hand – so wie bei diesem um 1490 entstandenen Beispiel, vermutlich aus Schwaben. Die Architektur des Modells aus Lindenholz weist allerdings nicht auf eine tatsächlich existierende Kirche hin. Die Fürstin hatte sich vom höfischen Leben abgewandt und der religiösen Armutsbewegung angeschlossen. In Marburg gründete sie ein Hospital, zu dem auch eine Kapelle gehörte. Beide Phasen ihres nur kurzen Lebens sind in dieser Heiligenfigur thematisiert, durch die schmale Krone auf ihrem Haupt einerseits und das einfache Gewand andererseits. Marburg entwickelte sich bald nach Elisabeths Tod zu einem Wallfahrtsort; zahlreiche Gläubige suchten ihr Grab auf, über dem die Elisabethkirche errichtet wurde.

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7. Wilhelmsbau, Ebene 3 Landesherrschaft - Schild Heinrichs des I.

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Das Wappenbild auf dem alten Reiterschild Heinrichs des Ersten zeigt die große, aufrechte Figur eines rot-weiß gestreiften Löwen. Sie ist aufgrund der Alterung gar nicht so leicht zu erkennen in einem Gewirr vieler kleiner Fantasie- und Vogelwesen. Auch der goldene Hintergrund des an vielen Stellen kunstvoll durchbrochenen Materials leuchtet kaum mehr glänzend hervor. Heinrich übernahm den Löwen als persönliches Zeichen von der thüringischen Grafenfamilie, aus der er stammte. Das Zeichen spiegelte nun seine politische Funktion als erster Landgraf des im 13. Jahrhundert gegründeten Landes Hessen, das zuerst gegen manche Widerstände behauptet werden musste.

Der um 1300 erstellte Schild aus Lindenholz und Leinen blieb erhalten. Denn er wurde jahrhundertelang in der Elisabethkirche beim Grabmal Heinrichs als Erinnerungszeichen aufbewahrt. Zusammen mit weiteren frühen Schilden des Hochmittelalters handelt es sich um eine bedeutende Exponatgruppe im Museum für Kulturgeschichte der Philipps-Universität. Vom Heinrichsschild stammt das heutige Wappen des Bundeslandes Hessen ab.

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8. Wilhelmsbau, Ebene 3 Landesherrschaft - Bildteppich mit dem Gleichnis vom verlorenen Sohn

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Der Bildteppich mit dem biblischen Gleichnis vom „Verlorenen Sohn“ wurde zwischen 1420 und 1430 geschaffen und befand sich nachweislich seit 1543 in der Elisabethkirche. Vermutlich hing er dort im Inneren der Kirche über dem Westportal. Mit den Maßen von ungefähr vier mal acht Metern ist er heute eines der größten und auch bedeutendsten Werke des Museums für Kunst und Kulturgeschichte.

ImEine Bordüre, welche die Szenen des Gleichnisses umläuft, gibt außerdem den Lebensweg eines Adligen Herrn von der Wiege bis zum Grab wieder. Zentrum des niederrheinischen Teppichs wird auf acht Bildfeldern das „Gleichnis vom Verlorenen Sohn“ erzählt. Die einzelnen Szenen zeigen, wie sich der Sohn von seinem Vater seinen Erbteil ausbezahlen lässt und sich anschließend auf Reisen begibt. Sein Weg führt ihn in ein Dirnenhaus, wo ihm beim Bad der Geldbeutel entwendet wird. Ohne Vermögen und bereits in Lumpen gehüllt wird er fortgetrieben. Nach einer Zeit als Schweinehirt kehrt er reumütig zu seinem Vater zurück. Wider alle Erwartung empfängt ihn der barmherzige Vater mit offenen Armen und veranstaltet ein Festmahl.

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9. Wilhelmsbau, Ebene 4 Bürgerliches Wohnen - Ofen aus dem Schloss Spangenberg

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Neue technische Entwicklungen im 15. Jahrhundert ermöglichten die Produktion von gusseisernen Öfen. Sie heizten schneller als Kachelöfen und verrußten nicht den Raum wie Kamine. Die Öfen waren Luxusprodukte, die sich bis zum Ende des 16. Jahrhunderts vor allem Adel und Klerus leisten konnten. Nur wenige Exemplare aus dieser Zeit haben sich komplett erhalten.

Die Öfen heizten nicht nur den Raum, sondern dienten auch der Dekoration, so wie dieser Ofen aus dem Schloss Spangenberg, einer Residenz der hessischen Landgrafen. Auf der Stirnseite des Ofens sind daher die Wappen Landgraf Philipps des Großmütigen und seiner Gattin Christine von Sachsen zu finden. Der Ofen entstand 1548 in den Hütten des ehemaligen Klosters in Haina, die seit den 1520er Jahren Öfen fertigten und sich zu einer führenden deutschen Produktionsstätte entwickelten. Die Entwürfe stammten vom Frankenberger Formschneider Philipp Soldan, dessen Stil sich über die Grenzen Hessens hinaus verbreitete und für viele Öfen vorbildlich wurde. Die Mehrheit der im 16. Jahrhundert in Hessen hergestellten Öfen zeigten Szenen aus der Bibel. Sie erfüllten damit auch einen Wunsch Martin Luthers: Gottes Wort und Werk immer vor Augen zu haben.

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10. Wilhelmsbau, Ebene 4 Bürgerliches Wohnen - Deckelpokal aus dem Marburger Ratssilber

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Der Deckelpokal ist eines der wenigen Stücke, die sich aus dem Silberschatz der Stadt Marburg bis in die Gegenwart erhalten haben. An der Gestaltung fallen besonders die Buckel, die Bekrönung des Deckels mit einer Figur des Heiligen Georg und die Blumen auf. Der Pokal wurde 1597 vom Nürnberger Goldschmied Joachim Stoer gefertigt.

Generell definiert man Ratssilber als kostbares Tafelgerät der Städte. Es diente der Repräsentation und wurde bei festlichen Umtrünken und zur Besiegelung von Rechtsakten verwendet. Das Marburger Ratssilber bildete sich vor allem aus Geschenken. Der Bestand verminderte sich allerdings im Laufe der Zeit durch die Entnahme von Ehrengaben, Tausch und Raub.

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