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Ratsinformation

ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - VO/6971/2019

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

 

  1. Die Universitätsstadt Marburg initiiert die Einrichtung eines Gesundheitszentrums im geplanten Nachbarschaftszentrum Waldtal (Soziale Stadt Projekt), um eine innovative, bedarfsgerechte Form stadtteilbezogener Gesundheitsversorgung zu etablieren. Wesentliches Ziel ist es, die verschiedenen Versorgungsbereiche – und angebote vor allem mit der Gemeinwesenarbeit im Quartier (Lebenswelt) bestmöglich zu verbinden.

 

  1. Zu diesem Zweck werden die bereits begonnenen Gespräche mit relevanten Akteur*innen der Gesundheitsversorgung und der Gemeinwesenarbeit (Ärzteschaft, Kassenärztliche Vereinigung, Krankenkassen, AKSB u.a.) intensiviert.  Konkrete Kooperationsmöglichkeiten werden insbesondere unter rechtlichen Aspekten mit dem Ziel geprüft, eine vertragliche Regelung für das geplante Gesundheitszentrum zu erarbeiten und zur Beschlussfassung vorzulegen.

 

  1. Parallel dazu wird eine Lenkungsgruppe eingerichtet, die die damit verbundenen stadtteilbezogenen Maßnahmen, steuern soll.

 

  1. Das Gesundheitszentrum Waldtal soll als Modellprojekt etabliert werden. Das zugrundeliegende Konzept soll perspektivisch auf andere Stadtteile mit ähnlicher Versorgungslage übertragen werden.

 

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Sachverhalt

Sachverhalt:

 

Eine inzwischen große Anzahl von nationalen und internationalen Studien zeigt, dass der Sozialstatus maßgeblich mitverantwortlich für die Gesundheit und die Lebenserwartung ist. Allgemein ergeben die Daten eine positive Entwicklung des Gesundheitsstatus in Deutschland, die sozioökonomische Auswertung macht allerdings deutlich, dass hiervon nur die sozial besser gestellten Bevölkerungsgruppen profitieren. Die Maßnahmen im Bereich der medizinischen Versorgung v.a. chronischer Erkrankungen sowie Prävention und Gesundheitsförderung kommen bei sozioökonomisch Benachteiligten nicht ausreichend an (RKI; Journal of Public Health Monitoring, März 2018).

Es gehört zu den zentralen gesundheitspolitischen Zielen, allen Bürger*innen eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung zur Verfügung zu stellen – unabhängig vom Wohnort und den Lebens- und Vermögensverhältnissen.

Stadtteilbezogene Gesundheitsversorgung

In der Universitätsstadt Marburg verfügen nahezu alle Stadtteile über verschiedene Einrichtungen der Gesundheitsversorgung (Arztpraxen, Apotheken, ambulante Pflegedienste, Physiotherapiepraxen, Psychotherapiepraxen usw.).

Im Stadtteil Waldtal gibt es keinerlei Gesundheitseinrichtungen vor Ort. Lediglich die Träger der Gemeinwesenarbeit bieten regelmäßig Maßnahmen zur Gesundheitsförderung für alle Altersgruppen, verstärkt im vorschulischen Bereich an.

Versorgungsanalysen vor allem aus größeren Städten zeigen ähnliche Versorgungslücken. Über verschiedene Initiativen und Innovationsmodelle (z.B. Innovationsausschuss Gemeinsamer Bundesausschuss) wird versucht, die Gesundheitsversorgung und den Gesundheitsstatus in Quartieren mit Förderbedarf zu verbessern (z.B. Gesundheitsfördernde Stadtteilentwicklung Billstedt und Horn in Hamburg, Gesundheitskollektiv Berlin e.V.).

Der Neubau des Nachbarschaftszentrums (Soziale Stadt Projekt) im Waldtal bietet die sehr gute Chance, durch die Integration eines „Gesundheitszentrums“ die Gesundheitsversorgung im Waldtal zu verbessern.

Ziel ist es, die Gesundheitsversorgung mit der Lebenswelt der Bewohner*innen zu verbinden. Ein niedrigschwelliger Zugang zu einer bedarfsgerechten Versorgung und zu gezielten und angepassten Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz soll vor allem den Umgang mit chronischen Erkrankungen verbessern und damit die Lebensqualität erhöhen.

 

Bedarfsgerecht

Die Bedarfsgerechtigkeit der Gesundheitsversorgung bezieht sich auf die Versorgungsstruktur sowie auf die Versorgungsinhalte.

Bezüglich der Versorgungsstruktur ist festzuhalten, dass es bisher im Waldtal keine ärztliche Gesundheitsversorgung gibt. Ziel für die Etablierung des Gesundheitszentrums ist es, eine bedarfsorientierte Gesundheitsversorgung im Stadtteil anzubieten. 

Insbesondere das SGB V (§95 für die ärztliche Versorgung) sowie gezielte Förderprogramme für nichtärztliche Versorgung bieten inzwischen einige Kooperationsmöglichen für innovative Versorgungsmodelle. Diese sollen in Abstimmung mit allen Beteiligten geprüft werden.

Was die Versorgungsinhalte anbelangt zeigen erste nicht repräsentative Analysen, dass vor allem chronische Erkrankungen im Waldtal sehr häufig vorkommen und zugleich nur wenige Betroffene im Rahmen strukturierter Behandlungsprogramme versorgt werden. Ziel wäre es, über strukturierte Behandlungsprogramme (z.B. Disease Management Programme, Hausarztzentrierte Versorgung), die Versorgung besser zu steuern, die Lebenswelt miteinzubeziehen und das aktive Selbstmanagement zu fördern.

Zur objektiven Ausgangsdatenlage läuft eine Anfrage zur Erhebung der stadtteilbezogenen Routinedaten (Risikofaktoren, Erkrankungshäufigkeit, Nutzung der Angebote des Gesundheitssystems) bei einem gesetzlichen Kostenträger.

 

Partizipativ

Von Beginn an werden alle Beteiligten in das Projekt miteinbezogen. Es wurde bereits eine Reihe von vernetzenden Gesprächen geführt, mit Ergebnissen und Anknüpfungspunkten, wie beispielsweise: 

  • Chronische Erkrankungen (Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, Lungenerkrankungen, Schmerzen, Psyche) scheinen sehr häufig
  • Es gibt verschiedene Bevölkerungsgruppen, die unterschiedliche primärärztliche Schwerpunktpraxen oder keine festen Bindungen zur Gesundheitsversorgung haben
  • Ein fester, allgemeiner Anlaufpunkt/Bezugsperson („Gemeindeschwester/Gesundheitskiosk/Hausärztliche Praxis) im Stadtteil wird positiv bewertet
  • Es gibt Angebote zur Gesundheitsförderung durch Träger der Gemeinwesenarbeit vor Ort; es besteht der Eindruck, dass diese nicht ausreichend von denjenigen Bewohner*innen wahrgenommen werden, die sie am Dringendsten bräuchten
  • Es besteht Bedarf und Interesse, die Gesundheitskompetenz zu verbessern (z.B. im Kindergarten/Schule lernen die Kinder die gesunde Ernährung kennen, den Eltern fehlt dieses Wissen)
  • Die hausärztlichen Schwerpunktpraxen kennen die Angebote und die Gemeinwesenarbeit bislang nicht.

 

Innovativ

Bislang verläuft die medizinische Versorgung weitgehend abgekoppelt von der Lebenswelt. Vor allem für Menschen mit chronischen Erkrankungen ist es wichtig, sich ein Netzwerk für die gute Versorgung in ihrem Alltag aufzubauen, über ihre Erkrankung informiert zu sein und aktiv mit ihrer chronischen Erkrankung umzugehen, um ihre Lebensqualität, Alltags- und Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Viele Studien (z.B. Mielck A. et al; Folgen unzureichender Bildung für die Gesundheit; 2012; Bertelsmann Stiftung) belegen inzwischen, dass hierfür Bildung ein wesentlicher Faktor ist. Dort, wo Bildung fehlt, müssen entsprechende Angebote zur Unterstützung gemacht werden.

In benachteiligten Stadtteilen sind die Träger der Gemeinwesenarbeit wichtige Ansprechpartner*innen. Bislang noch nicht etabliert ist in Deutschland eine interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen medizinischer und nichtmedizinischer Versorgung auf Augenhöhe.

Ziel der Gesundheitsversorgung im Waldtal ist es, die medizinische Versorgung über verschiedene weitere Akteure mit der aktiven Gemeinwesenarbeit im Waldtal zu verbinden.  Im ersten Schritt wurden z.B. die vom AKSB erstellen Flyer für Gesundheitsangebote an die versorgenden Hausarztpraxen weitergegeben, damit den Patient*innen gezielt die Angebote im Waldtal empfohlen werden können.

 

„Gemeindeschwester“/Gesundheitskiosk im Waldtal

Mittler zwischen den Akteur*innen könnte die „Gemeindeschwester“/der Gesundheitskiosk sein.

Inzwischen gibt es einige Modellprojekte, die sich vor allem auf die Gesundheitsversorgung im ländlichen Bereich beziehen. Dort versucht man wieder die „Gemeindeschwester“ als Bindeglied zwischen den Praxen, die nicht mehr im Ort sind und den Patient*innen zu etablieren.

Für sozioökonomisch benachteiligte Quartiere in der Stadt gibt es bislang in Deutschland wenige Projekte mit evaluierten Erfolgsfaktoren. Das vom GBA geförderte Innovationsprojekt in Billstedt/Horn hat seit 2018 einen zentralen Gesundheitskiosk etabliert, der vom Aufgabenbereich auch eine „Gemeindeschwester“ abdeckt.

Gerade für Menschen mit niedrigen sozioökonomischen Status ist es wichtig, niedrigschwellige psychosoziale Angebote in ihrer Lebenswelt zu schaffen. Neben der primärärztlichen Versorgung wird von den am Projekt Beteiligten ein großer Bedarf an einem „Ort, wo man einfach hingehen kann und einem geholfen wird“ gesehen. Je nach Expertise könnten dort verschiedene Aufgaben wahrgenommen werden (z.B. allgemeine Gesundheitsberatung, delegierte nichtärztliche Aufgaben, Information und Beratung zu Medikamenten, Schulungen bei chronischen Erkrankungen, Beratung für bestimmte Zielgruppen, Angebote zur Gesundheitsförderung usw.).

 

Wissenschaftliche Begleitung

Das Projekt wird von der Abteilung für Allgemein- und Rehabilitative Medizin der Universität Marburg begleitet.

Lenkungsgruppe

Die Projektarbeit soll von einer Lenkungsgruppe begleitet werden. Zu der Lenkungsgruppe sollen gehören:

  • Vertretung Universitätsstadt Marburg
  • Vertretung Ärzteschaft/Ärztenetz PRIMA
  • Vertretung Gemeinwesenarbeit/Ortsbeirat Waldtal
  • Kostenträger/Krankenkasse
  • Vertretung Projektarbeit
  • Vertretung wiss. Begleitung

 

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Finanz. Auswirkung

Finanzielle Auswirkungen:

Ziel ist es, eine Gesundheitsversorgung zu etablieren, die langfristig über die Regelversorgung getragen wird. Aus der wissenschaftlichen Begleitung kann sich ergeben, dass hier Verbesserungen der Finanzierung der Regelversorgung im Hinblick auf eine sozialintegrative Gesundheitsversorgung erforderlich sind.

Auch für Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Prävention stehen Mittel über die gesetzlichen Kostenträger (gesetzliche Krankenkasse) zur Verfügung, die in Absprache mit den Kostenträgern eingesetzt werden.

Für die die Entwicklung von zielgruppenorientierten Maßnahmen (z.B. verständliche Gesundheitsinformation, Patientenschulungen, „Gemeindeschwester/Gesundheitskiosk) sollen Projektanträge bei den entsprechenden Einrichtungen gestellt.

Darüber hinaus sollen insbesondere zur Finanzierung der Modellphase, für spezifische Investitionen sowie für spezifische Aufgaben und Projekte zur Verbesserung der Gesundheit sozial benachteiligter Menschen Mittel aus einer Zuwendung an die Universitätsstadt Marburg aus dem Jahr 2011 verwendet werden.

 

 

 

 

 

 

Dr. Thomas Spies

Oberbürgermeister

 

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