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Ratsinformation

ALLRIS - Vorlage

Fraktionsantrag - VO/0762/2005

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

 

EU – Dienstleistungsrichtlinie

 

 

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Marburg fordert die Europäische Kommission auf, die EU-Dienstleistungsrichtlinie in folgenden Punkten abzuändern oder sie in der vorliegenden Form vollständig zurück zu ziehen.

Zu überarbeiten ist vor allem das Herkunftslandprinzip, das zu rechtlicher Unsicherheit, zu arbeits- und sozialrechtlicher Ungleichbehandlung von Beschäftigten, zum Abbau nationaler Souveränitäten und demokratischer Rechte von Beschäftigten und Verbrauchern und zu Verstößen gegen bzw. zum Abbau von Sicherheitsstandards, Gesundheits-, und Umweltschutzbestimmungen sowie zur Gefährdung der öffentlichen Daseinsvorsorge führen muss. Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Marburg befürwortet eine Europapolitik, die systematisch auf der Harmonisierung der Rahmenbedingungen und auf transparenten, gemeinsamen Regelungen aufbaut.

Die Stadtverordnetenversammlung übermittelt ihre Entschließung dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission sowie den bundesdeutschen Abgeordneten des Europäischen Parlaments, dem Bundestag, und dem Bundesrat sowie der Bundesregierung, dem Deutschen Städtetag und der Hessischen Landesregierung.

Die Stadtverordnetenversammlung unterstützt die geplanten Protestaktionen gegen die Dienstleistungsrichtlinie und appelliert an die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Marburg sich an den lokalen Protestaktionen und der großen Demonstration zu Beginn des Jahres 2006 in Straßburg zu beteiligen.

 

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Sachverhalt

Begründung:

Aufgrund der Abstimmung im Binnenmarktausschuss der Europäischen Parlaments am 22./23.11.2005 ist zu befürchten, dass eine sozialverträgliche Gestaltung der EU-Dienstleistungsrichtlinie misslingt, denn:

·         Das Herkunftslandprinzip in der von der EU-Richtlinie vorgeschlagenen Form ist u. a. nicht akzeptabel, weil 25 parallel gültige Rechtssysteme in 20 Sprachen in einem Land zu einer weitgehenden Intransparenz und Rechtsunsicherheit für alle Beteiligten – vor allem für die Schwächeren – führt. Hier muss, wie beim gemeinsamen Binnenmarkt für Güter, das Recht des Marktortes bei systematisch voranschreitender Harmonisierung gelten. Die Anwendung des Herkunftslandprinzip darf daher ausschließlich in den Bereichen Anwendung finden, in denen bereits eine europaweite Harmonisierung der Rahmenbedingungen von Rechtsbereichen und Standards stattgefunden hat.

 

·         Die Anwendung des Herkunftslandprinzips auf den Bereich des Arbeits- und Sozialrechts verletzt das Gleichbehandlungsgebot des EG-Vertrages und des Grundgesetzes. Kollektive und individuelle Arbeitnehmerrechte müssen unabhängig vom Unternehmenssitz für alle Beschäftigte innerhalb eines Landes gleichermaßen gelten. Arbeits- und sozialrechtliche Fragen müssen daher vollständig aus dem Geltungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie ausgeschlossen werden. Aus dem gleichen Grund muss auch grenzüberschreitende Leiharbeit vom Anwendungsbereich ausgenommen werden.

 

·         Die öffentliche Daseinsvorsorge und soziale Dienstleistungen müssen weiterhin in nationalstaatlicher und kommunaler Verantwortung geregelt werden – sie müssen vollständig und ausdrücklich vom Anwendungsbereich einer Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt ausgenommen werden;

 

·         Die Verlagerung der öffentlichen Kontrolle von Recht und Gesetz von dem Ort, an dem Dienstleistung erbracht wird (Marktort, Arbeitsort), an den Firmensitz, ist nicht hinnehmbar. Zum einen wird so die Durchsetzung von Recht und Ordnung nicht gesichert, zum anderen stellt dies einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die nationale Souveränität und die demokratischen Rechte der Bürger jedes Staates dar. Das Herkunftsland wird kaum in der Lage sein, aus der Ferne Beschwerden und Rechtsverstöße aufzuklären und wirksam zu ahnden.

 

·         Der Niederlassungsbegriff muss präzisiert werden. Die Bezeichnung einer Niederlassung in einem Mitgliedstaat muss davon abhängig gemacht werden, dass dort tatsächlich eine Wirtschaftstätigkeit stattfindet und nicht allein eine Postadresse mit geringfügiger Verwaltungsarbeit dahinter steht, um so die nationalen Voraussetzungen für eine Unternehmenstätigkeit zu umgehen. Darüber hinaus muss sicher gestellt werden, dass bei dauerhafter Dienstleistungserbringung in einem Empfängerland dort auch eine Niederlassung erfolgen muss.

 

Mit der Dienstleistungsrichtlinie attackiert die Kommission offen die soziale Dimension in den europäischen Verträgen. Denn schon dort war nicht nur der einheitliche Binnenmarkt Ziel, sondern auch ein hohes Niveau an Beschäftigung, sozialem Schutz, Umweltqualität sowie die Hebung des Lebensstandards. Der Entwurf der Richtlinie ist hingegen allein auf ökonomische Ziele – deutlicher gesagt: auf einzelunternehmerische Erfolgskriterien wie Wettbewerb, Kostensenkung und Gewinnmaximierung ausgerichtet. Die Entsenderichtlinie wird, obwohl dem Wortlaut nach angeblich von der Dienstleistungsrichtlinie ausgenommen, in Wirklichkeit durch sie ausgehebelt.

 

Für die europaweite freie Ausübung von Dienstleistungen müssen zweifellos bestehende Schranken abgebaut werden. Dies muss jedoch durch eine allmähliche Angleichung und Verbesserung (Harmonisierung) von Rechtsbereichen und Standards europaweit erfolgen. Solange dieser Prozess nicht abgeschlossen ist, müssen die nationalen Standards am Arbeitsort weiter gelten, etwa bei Arbeits-, Qualifikations- und Sozialvorschriften, Sicherheitsstandards, Gesundheits-, und Umweltschutzbestimmungen. Die Einhaltung dieser Vorschriften muss durch die Behörden am Arbeitsort gewährleistet sein. Diese Kontrollmöglichkeiten dürfen in keiner Weise eingeschränkt oder behindert werden. Ansonsten wird ein Wettlauf um die laxeste Rechtsordnung und die niedrigsten Standards in Europa beginnen und nicht mehr zu stoppen sein.

 

 

 

Die Fraktionsvorsitzenden

 

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