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Ratsinformation

ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage Stadtverordnetenvers. - VO/1332/2010

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung wird gebeten, folgenden Beschluss zu fassen:

 

Die in Anlage 3 dargestellte Satzung zur Solaren Baupflicht (Entwurf vom 01.07.2010) wird auf der Grundlage der §§ 5 und 51 Nr. 6 der Hess. Gemeindeordnung (HGO) und des § 81 Abs. 2 Hess. Bauordnung (HBO) beschlossen.

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Sachverhalt

- 4 -

Begründung:

 

1.              Ausgangssituation

 

Die Stadtverordnetenversammlung hat in Ihrer Sitzung am 20.06.2008 den damaligen Entwurf zur Solarsatzung (Anlage 1) beschlossen. Das Regierungspräsidium Gießen teilte der Stadt Marburg am 02.07.2008 mit, es halte die Solarsatzung nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 81 Abs. 2 HBO gedeckt und werde den entsprechenden Beschluss gem. § 138 HGO beanstanden. Nach einem im Verwaltungsverfahren rechtlich vorgesehen Anhörungsverfahren beanstandete das Regierungspräsidium Gießen mit Verfügung vom 02.10.2008 den o. g. Stadtverordnetenbeschluss der Stadt Marburg. Gegen diese Beanstandungsverfügung hat die Stadt Marburg am 22.10.2008 Klage erhoben.

 

Am 30.10.2009 fand beim Verwaltungsgericht Gießen eine nichtöffentliche Sitzung statt. In dieser Sitzung erörterten das Gericht unter Vorsitz der VRIVG Spieß mit den Parteien, dass es sinnvoll sei, sich in der Frage der Marburger Solarsatzung zu vergleichen, da die zurückliegende Vergangenheit, die gegenwärtige und die zukünftige Entwicklung erwarten lasse, dass die einschlägige Gesetzgebung von großer Dynamik gekennzeichnet sein dürfte. So sei beispielsweise vor dem Hintergrund der Formulierungen des § 3 Abs. 2 Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz des Bundes (EEWärmeG) zu erwarten, dass die Bundesländer in naher Zukunft Vorgaben für die Nutzung erneuerbarer Energien auch bei Bestandsbauten erarbeiten werden. Initiiert durch die Überlegungen im Rahmen der Sitzung beim Verwaltungsgericht Gießen am 30.10.2009 fand am 27.11.2009 ein Termin beim Regierungspräsidium Gießen statt. Bei diesem Termin wurden Vorschläge zur Modifikation der Solarsatzung erörtert. Am 17.12.2009 unterbreitete die Stadt Marburg dem Regierungspräsidium Gießen einen auf den o. g. Erörterungen basierenden Änderungsvorschlag für die Solarsatzung. Am 20.01.2010 übermittelte das Regierungspräsidium Gießen eine Vergleichsvereinbarung an die Stadt Marburg, nachdem von dort wiederum der Modifikationsvorschlag für die Solarsatzung leicht abgewandelt worden war. Am 05.02.2010 hat die Stadt Marburg den Vereinbarungsentwurf des Regierungspräsidiums Gießen, unterzeichnet durch Oberbürgermeister und Bürgermeister, an das Regierungspräsidium Gießen zurückgesandt. Mit Schreiben vom 18.03.2010 teilte das Regierungspräsidium Gießen der Universitätsstadt Marburg mit, dass das Hess. Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung dem vorverhandelten Vergleichsvorschlag zur Solarsatzung nicht zugestimmt hat. So kam es am 12.05.2010 zur mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht Gießen, dessen achte Kammer noch am selben Tag das Urteil verkündete (Geschäftsnummer 8K4071/08.gi).

 

Das Urteil ist Magistrat und Stadtverordnetenversammlung zur Kenntnis gegeben worden (VO/1296/2010).

 

2.              Änderung der Solarsatzung auf der Grundlage des Urteils des Verwaltungsgerichts Gießen vom 12.05.2010

 

Das Verwaltungsgericht hat in der Entscheidung vom 12.05.2010 aufgezeigt, dass eine Solarsatzung –wie von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen- auf § 81 Abs. 2 HBO gestützt werden kann. Gleichwohl hat das Verwaltungsgericht Gießen einige Regelungen der Satzung beanstandet.

 

Auf Grundlage des Urteils und in enger Anlehnung an die Urteilsgründe ist nunmehr ein neuer Satzungsentwurf erarbeitet worden.

 

Die unterschiedlichen Punkte der Neufassung der Satzung sind:

 

a)              Abschließende Regelung des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes des Bundes (EEWärmeG) für den Neubaubereich

 

Gut ein halbes Jahr nach dem Satzungsbeschluss der Stadtverordnetenversammlung ist am 1.1.2009 das EEWärmeG des Bundes in Kraft getreten. In diesem Gesetz werden Pflichten für den Einsatz Erneuerbarer Energien im Falle des Neubaus von Gebäuden geregelt. Das Verwaltungsgericht Gießen sieht das EEWärmeG als für den Neubaubereich abschließende Regelung an.

 

Aufgrund dieser Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen wird auf die Regelung von Vorgaben im Neubaubereich verzichtet.

 

b)              Regelungen des Altbaubestandes

 

Nach § 3 Abs. 2 EEWärmeG dürfen die Länder Nutzungspflichten für den Gebäudebestand einführen. Das Verwaltungsgericht Gießen erkennt § 81 Abs. 2 HBO als eine solche Länderregelung an, die auch gestatten würde, Pflichten zur Nutzung Erneuerbarer Energien im Gebäudebestand per Satzung zu regeln.

 

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Gießen erkennt daher an, dass der wichtigste Regelungsbereich der Solarsatzung – der Gebäudebestand – weiterhin durch Satzung geregelt werden darf, sofern bestimmte Rahmenbedingungen beachtet werden (dazu unten mehr). Der Magistrat beachtet das Urteil des Verwaltungsgerichts und beschränkt den vorliegenden Satzungsentwurf auf Nutzungspflichten im Gebäudebestand (§§ 3, 4 des vorliegenden Satzungsentwurfs).

 

c)              Ausnahmebestimmung für besonders kleine Gebäude

 

Das Verwaltungsgericht Gießen hat als eine Rahmenbedingung für die Verhältnismäßigkeit von Solarpflichten im Gebäudebestand benannt, dass kleine Gebäude mit einer Nutzfläche bis zu 50 m2 von den Satzungsregelungen ausgenommen werden müssen. Für Eigentümer kleiner Gebäude könnten Überkapazitäten entstehen, die für sie nicht verwertbar wären. Die Solarsatzung in der alten Fassung hat solche Fälle durch die Härtefallregelung (§ 10) gelöst. Hierzu hat das Gericht ausgeführt, dass es (wie im mittlerweile in Kraft getretenen EEWärmeG des Bundes) einer ausdrücklichen Ausnahmebestimmung bedürfe.

 

Dem Anliegen des Verwaltungsgerichts Gießen trägt die Neufassung Rechnung. Gebäude mit einer Nutzfläche von bis zu 50 m2 werden von den Solarpflichten der Solarsatzung vollständig ausgenommen (§ 2 Absatz 2 des vorliegenden Satzungsentwurfs).

 

d)              Übergangsregelung für Solarpflichten im Gebäudebestand

 

Wie unter a) bereits erwähnt hält das Verwaltungsgericht Gießen alle Tatbestände für Solarpflichten in Bestandsgebäude für zulässig (§ 5 Solarsatzung alte Fassung). Diese Tatbestände (Dachaustausch, Dachsanierung, Heizungsaustausch, Brennstoffwechsel) dürften allerdings nicht sofort nach Inkrafttreten der Satzung wirksam werden, sondern erst nach angemessenen Übergangsfristen. Dabei unterscheidet das Gericht zwischen den Tatbeständen Änderung der Gebäudesubstanz (vollständiger Dachaustausch) und bloßen Reparatur-, Instandsetzungs- oder Instandhaltungsmaßnahmen (z. B. die mindestens 20 %ige Dachsanierung). Das Anknüpfen der Solarpflicht an den Tatbestand der 20 %igen Dachsanierung setzt nach Ansicht des Gerichts besonders schonende Übergangsregelungen voraus.

 

Um dieser Differenzierung des Gerichts zu entsprechen, sollen die Solarpflichten nach dem vorliegenden Satzungsentwurf in einem gestuften Ablauf wirksam werden:

·         vollständiger Dach- und Heizungsaustausch zum 1.7.2011 (§ 4 Abs. 1 und 2 des Entwurfs)

·         übrige Tatbestände Brennstoffwechsel und teilweise Dachsanierung zum 1.7.2012 (§ 4 Abs. 3 und 4 des Entwurfs).

 

e)              Befreiungsregelung für „große“ Gebäudeeigentümer

 

Eine Befreiungsregelung für große Gebäudekomplexe (§ 10 3. Spiegelstrich Solarsatzung alte Fassung) ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Gießen wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz unwirksam. Gerade bei besonders großen Gebäuden oberhalb 30.000 m2 Bruttogeschossfläche könnten Solaranlagen besonders effektiv eingesetzt werden, so dass es keinen tragfähigen sachlichen Grund für diese Ungleichbehandlung gegenüber den anderen Satzungsunterworfenen gebe.

 

Um dieser Auffassung des Verwaltungsgerichts zu entsprechen, wird die Befreiungsregelung gestrichen.

 

3.         Weitere Vorgehensweise

 

Die Hessische Bauordnung (HBO) ist bis Ende dieses Jahres befristet. Deshalb wird im Hessischen Landtag eine Neufassung der HBO beraten. Die Landesregierung hat dazu im Juni 2010 einen Gesetzentwurf in den Hessischen Landtag eingebracht. In dem Regierungsentwurf enthalten ist eine Streichung des § 81 Abs. 2 HBO (Rechtsgrundlage der Solarsatzung). Es liegt derzeit keine Gesetzesbegründung vor, die sich mit den konkreten Folgen einer solchen möglichen Änderung auf Solarsatzungen und andere kommunale Satzungen befasst (z. B. gibt es in hessischen Kommunen Fernwärmesatzungen, die eine verpflichtende Wärmeversorgung auf § 81 Abs. 2  HBO stützen, z.B. in der Stadt Gießen). Genauso wenig liegt eine Stellungnahme zu den europarechtlichen Konsequenzen einer möglichen Streichung vor; fordert die Richtlinie 2009/EG/28 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen doch gerade die Einführung solcher Bauvorschriften für den Altbaubestand wie § 81 Abs. 2 HBO bis Ende 2010. Eine Auseinandersetzung mit den konkreten Folgen der Streichung soll nach der parlamentarischen Sommerpause u.a. im Rahmen einer Expertenanhörung im Hessischen Landtag erfolgen. Aus diesen Gründen ist es offen, wie der Hessische Landtag die Ergebnisse der Anhörung bewertet und zu welchem Ergebnis das weitere Gesetzgebungsverfahren führt. Der Hessische Städtetag hat sich gegen eine Streichung des § 81 Abs. 2 HBO ausgesprochen. Da die geltende Rechtslage nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen bis zum Ende dieses Jahres eindeutig ist, soll diese Rechtssicherheit genutzt und die Novelle der Satzung auf der Grundlage des geltenden § 81 Abs. 2 HBO erlassen werden.

 

 

 

Egon Vaupel                                                                                     Dr. Franz Kahle

Oberbürgermeister                                                                      Bürgermeister

 

 

Beteiligung an der Vorlage durch:

FB 6

FD 30

 

 

 

B

 

 

 

 

A: Anhörung; B: Beteiligung; K: Kenntnisnahme; S: Stellungnahme

 

 

Anlagenverzeichnis (gesondert gedruckt)

 

Anlage 1 - Satzungsentwurf vom 20.06.2008 (alte Fassung)

Anlage 2 - Satzungsentwurf vom 01.07.2010 (neue Fassung)

Anlage 3 - Synopse der Satzungsentwürfe

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