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Ratsinformation

ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - VO/7751/2020

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

 

Die Stadtverordnetenversammlung wird gebeten, folgende Beschlüsse zu fassen:

 

  • Die aktualisierte Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 24/4 10. Änderung, „Am Engelsberg“ gemäß § 2 Baugesetzbuch (BauGB) wird beschlossen.

Der Bebauungsplan wird als Plan der Innenentwicklung im beschleunigten Verfahren gemäß § 13a BauGB ohne Durchführung einer Umweltprüfung aufgestellt.

 

  • r den Bebauungsplanentwurf 24/4 10. Änderung „Am Engelsberg“ im Stadtteil Marbach wird gemäß § 3 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 13a Abs. 2 und § 13 Abs. 2 und 3 BauGB die öffentliche Auslegung beschlossen.

 

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Sachverhalt

Sachverhalt:

 

Bestandssituation und bestehendes Planungsrecht:

Der ca. 5.600 m² große Bebauungsplanbereich befindet sich in der bebauten Ortslage des Stadtteiles Marbach und wird von den Straßen „Am Engelsberg“ im Norden und „Salegrund“ im Süden begrenzt. Im Westen schließen die bebauten Grundstücke entlang der Straße „Falkenweg an das Plangebiet an.

Im nördlichen Planbereich befindet sich der Straße „Am Engelsberg“ zugeordnet ein zweigeschossiges, unter Denkmalschutz stehendes Wohnhaus sowie ehemals gewerblich genutzte Nebengebäude. Den größten Teil des Planbereiches nimmt eine nach Süden hin steil ansteigende Wiesenfläche ein, die mit einzelnen Obstbäumen bestanden ist. Direkt hinter dem Wohn- und ehemaligen Gewerbegebäude liegen im unteren Teil der Wiesenfläche zwei Gartenhäuser.

 

Der Änderungsbereich liegt im Geltungsbereich des seit 1972 rechtskräftigen Bebauungsplanes 24/4 Marbach. Im aktuellen Bebauungsplan (B-Plan) ist der nördliche, bebaute Bereich als Dorfgebiet (MD) und die restliche Wiesenfläche als „Private Grünfläche“ mit der Zweckbestimmung „nicht überbaubare Fläche, private gärtnerische Nutzung“ festgesetzt.

Der rechtswirksame Flächennutzungsplan (FNP) stellt den bebauten, nördlichen Bereich als „gemischte Baufläche“ (M) und den überwiegenden Teil der Wiesenfläche als „Fläche für die Landwirtschaft“ dar. Eine Baulücke zwischen der Bebauung „Falkenweg“ und der straßenbegleitenden Bebauung entlang der Straße „Salegrund“ wird im FNP als „Wohnbaufläche“ (W) dargestellt.

 

Planungsanlass und ziel:

Bereits in 2010 wurde von den Eigentümern eine Bauvoranfrage eingereicht, in der der Abriss der ehemaligen gewerblich genutzten Gebäude und der Neubau eines Wohngebäudes an gleicher Stelle sowie der Neubau von drei Wohngebäuden auf der Wiesenfläche beantragt wurde. Die Planung wurde dem Gestaltungsbeirat im November 2010 und dem Ortsbeirat im März 2011 vorgestellt. Beide Gremien haben der geplanten städtebaulichen Neuordnung im Bereich der ehemaligen Bauschlosserei und dem Neubau der Einfamilienhäuser zugestimmt. Auch die Untere Denkmalschutzbehörde hat einer möglichen Neubebauung unter Auflagen grundsätzlich zugestimmt.

Aus stadtplanerischer Sicht ist die Neuordnung der ehemaligen Bauschlosserei zu begrüßen, da mit der Neubebauung des innerörtlichen Grundstücks zum einen eine gestalterische Aufwertung des Areals, zum anderen die Bereitstellung von Wohnungsbau verbunden ist. Die teilweise Überplanung der Wiesenfläche dient der Bereitstellung von Baugrundstücken für Einfamilienhäuser und kann als Arrondierung der bestehenden Bebauung angesehen werden. Die verbleibende Wiesenfläche soll im Bestand gesichert und durch weitere Obstbaumanpflanzungen in ihrer ökologischen Wertigkeit gesteigert werden. So kann sie in ihrer Funktion als ökologischer „Trittstein“ innerhalb des Vegetationsverbundnetzes und als ortbildprägende Grünfläche erhalten bleiben. Die Wiesenfläche kann nach Aussage eines in 2004 erstellten Grünordnungsplanes für den Stadtteil Marbach in eine mittlere bis hohe ökologische Wertigkeit eingestuft werden. Der Bereich mit der hohen Wertstufe wird von der Neubebauung nicht tangiert und soll in ihrer derzeitigen Funktion erhalten bleiben.

 

Bisherige Planungsschritte:

Der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan wurde von der Stadt-verordnetenversammlung am 25.11.2011 beschlossen.

Die Aktualisierung des Aufstellungsbeschlusses wird erforderlich, da bereits zur ersten Öffentlichkeitsbeteiligung im Bauleitplanverfahren der Geltungsbereich um eine bestehende Baulücke entlang der Straße „Salegrund“ erweitert wurde um hier Baurecht für ein weiteres freistehendes Wohngebäude zu schaffen. Weiterhin ist die Bezeichnung des Bebauungsplanes im Verfahren von ursprünglich 24/4 9. Änderung auf 24/4 10. Änderung umbenannt worden.

Im Zeitraum vom 27. April bis einschließlich 13. Mai 2015 fand die Unterrichtung der Öffentlichkeit zum Bebauungsplanvorentwurf gemäß § 13a Abs. 3 BauGB statt. Am 26. Mai 2015 wurde die Planung im Ortsbeirat vorgestellt. Um die zahlreichen Anlieger*innen zu Wort kommen zu lassen, wurde die Sitzung für eine längere Diskussion unterbrochen.

Gegen die Planung wurden sowohl auf der öffentlichen Ortsbeiratssitzung als auch in schriftlicher Form zahlreiche Stellungnahmen abgegeben. Insbesondere wurden in den Stellungnahmen Bedenken hinsichtlich der eingeschränkten Belastbarkeit der bestehenden Erschließungsstraßen und der möglichen Überlastung des Kanalsystems durch zusätzliche Einleitungen geäert.

In den Stellungnahmen wird darauf hingewiesen, dass vor allem die Straße „Salegrund“ nicht geeignet sei, den Baustellenverkehr aufzunehmen und weiteren Anliegerverkehr zu verkraften. Aber auch für die Straße „Am Engelsberg“ werden vor allem durch den Baustellenverkehr Schäden an Straßendecke und Kanalisation befürchtet. Da die Wohngebäude überwiegend direkt an der Fahrbahn liegen, werden auch Schäden an den Gebäuden für möglich gehalten. Die insgesamt zunehmende Verkehrsbelastung durch zusätzlichen Anliegerverkehr wird ebenfalls kritisiert.

Ebenfalls wird in verschiedenen Stellungnahmen befürchtet, dass die Kanalisation durch die zusätzliche Abwassermenge überlastet wird.

Aufgrund der eingegangenen Stellungnahmen fand eine Überarbeitung des Planentwurfes statt. Die Erschließung des Baugebietes wird nicht mehr über die Straße „Salegrund“ und die private Grünfläche, sondern ausschließlich über die Straße „Am Engelsberg“ erfolgen. Dadurch werden die Zufahrtswege verkürzt und die zu erhaltende Grünfläche nicht durch Baustellenverkehr belastet.

Im abzuschließenden städtebaulichen Vertrag wird darüber hinaus die Durchführung einer detaillierten und aussagekräftigen Beweissicherung für den Straßenraum und die angrenzenden Wohngebäude aufgenommen. Damit soll die Beseitigung etwaiger, durch den Baustellenverkehr entstandener Schäden sichergestellt werden.

Um eine Überlastung des Kanalnetzes zu vermeiden, wird im B-Plan festgesetzt, dass es durch die zutzliche Bebauung zu keiner Abflussverstärkung gegenüber dem Bestand kommen darf. Die Entwässerung der neuen Bebauung muss daher im Trennsystem erfolgen. Niederschlagswasser ist zu sammeln, als Brauchwasser zu nutzen und nur verzögert dem öffentlichen Kanalnetz zuzuführen. Die Stadtwerke sehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Erschließung des kleinen Baugebietes.

 

Umgang mit dem Klimanotstand und dem Ziel „Klimaneutralität bis 2030“ in der Bauleitplanung:

Mit ihrer Ausrufung des Klimanotstandes durch die Stadtverordnetenversammlung im Juni 2019 hat sich die Universitätsstadt Marburg auf den Weg zur Klimaneutralität begeben. Den Weg dorthin zeigt der Klima-Aktionsplan 2030 auf. Der Aktionsplan enthält vier Handlungsfelder, von denen im Handlungsfeld Energie die größte CO2-Einsparung erreicht werden kann. Neben der energetischen Sanierung der Bestandsgebäude, die die wichtigste Stellschraube mit dem höchsten Einsparpotenzial darstellt, ist auch für Neubauten das Ziel Klimaneutralität im Klima-Aktionsplan ausgerufen.

 

Die Vorbereitung und Steuerung von Neubaumaßnahmen jeglicher Art wird durch die kommunale Bauleitplanung geregelt. Zentrales Element dafür ist der verbindliche Bauleitplan der Bebauungsplan. Mit ihm werden die Weichen für die zukünftige Entwicklung gestellt. Allerdings nicht nur für das Ziel Klimaneutralität, sondern auch für andere Ziele der menschlichen Daseinsvorsorge, wie z. B. die Schaffung von Wohnraum für unsere Bürger*innen.

 

Alle diese Ziele stehen im Baugesetzbuch (BauGB) unter §§ 1 Abs. 6, 1a Abs. 2 u. 5 BauGB zunächst gleichberechtigt als öffentliche Belange nebeneinander, z. B. die Wohnraumversorgung unter § 1 Abs. 6 Nr. 2 und der Klimaschutz unter § 1a Abs. 5. In der Regel ist für diese Belange (einschl. des Klimaschutzes) gemäß § 2 Abs. 4 BauGB ein Umweltbericht schon jetzt zu erstellen. Somit ist der Klimaschutz ein Bestandteil der Bauleitplanung. Insgesamt sind somit alle Belange in der Plan-Aufstellung gerecht untereinander und mit den privaten Belangen gemäß § 1 Abs. 7 BauGB abzuwägen. Im Rahmen dieses Abwägungsvorganges sind die öffentlichen Belange auch in den Kontext gesamtstädtischer Belange - teilweise werden sogar regionale Belange berührt -  einzuordnen, auch wenn auf Ebene des Bebauungsplans regelmäßig nur kleine Ausschnitte der Gesamtstadt beplant werden können.

 

Grundsätzlich können die öffentlichen Belange gewichtet werden. Das kann durch Bundes- und Landesgesetze geschehen. Aber auch die Stadtverordnetenversammlung der Universitätsstadt Marburg kann dies durch einen selbstbindenden Beschluss tun. Das hat sie z. B. mit dem Beschluss zum Wohnraumversorgungskonzept in 2016 getan. Damit erhält in der Bauleitplanung das kommunale Ziel „Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für die Bürger*innen der Universitätsstadt Marburg“ eine gewisse Gewichtung gegenüber den anderen Belangen. Mit dem Ziel „Klimaneutralität bis 2030“ ist das nun auch geschehen. Im Beschluss zum Klima-Aktionsplan hat sie definiert, dass ab dem 15.11.2020 dieser Belang deutliches Gewicht erhält.

 

Die neuen Bauleitpläne, die nach dem 15.11.2020 aufgestellt werden, haben den nunmehr vorrangigen Belang der „Klimaneutralität 2030“ bestmöglich zu berücksichtigen. Die Ziele des Klima-Aktionsplans 2030 sind auf die gesamte Universitätsstadt Marburg zu beziehen. Bebauungspläne werden für einen kleinen Teilbereich der Gesamtstadt erstellt, somit kann die Klimaneutralität für jeden einzelnen Bebauungsplan in sich nicht realisiert werden.

 

Da sich dieser Bebauungsplan bereits im Aufstellungsverfahren befindet (Aufstellungsbeschluss vom 25.11.2011) und die Inhalte hinsichtlich des Klimaschutzes zum aktuellen Zeitpunkt bereits weitgehend verhandelt und abgestimmt sind (Umsetzung über Städtebaulichen Vertrag), werden die Belange gem. § 1 Abs. 6 BauGB mit der Gewichtung des kommunalen Ziels „Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für die Bürger*innen der Universitätsstadt Marburg“ angewendet.

Zur besseren Übersicht sind die klimaschutzrelevanten Festsetzungen nachfolgend aufgelistet:

 

 

Klimaschutzrelevante Inhalte in der verbindlichen Bauleitplanung

 

Umsetzung im Bebauungsplan Nr. 24/4 10. Änderung

Am Engelsberg“

Standortwahl

 

 

Innenentwicklung vor Außenentwicklung, Flächenrecycling

Der B-Plan wird als Plan der Innenentwicklung gemäß § 13 a BauGB entwickelt. U. a. wird im Plangebiet das Grundstück einer ehemaligen Bauschlosserei für Wohnbauzwecke genutzt.

 

Berücksichtigung von Kaltluftentstehungs- und Retentionsflächen

Aufgrund der lockeren Baustruktur werden keine wesentlichen Beeinträchtigungen der Durchlüftungssituation erwartet.

 

Umweltfreundliche Mobilität/Stadt der kurzen Wege

Das Plangebiet befindet sich in der bebauten Ortslage des Stadtteils Marbach. Eine Bushaltestelle befindet sich in fußufiger Entfernung.

 

Exposition/Topografie

Die Neubebauung befindet sich am Fuß einer nach Süd-Westen stark ansteigenden Hangfläche.

 

Kompaktheit, Stadt der kurzen Wege, Stellung der Baukörper

Die Neubebauung im Bereich der ehemaligen gewerblichen Nutzung entsteht als kompakter Baukörper. Die Neubauten in  zweiter Reihe werden entsprechend der umgebenden Bebauung in aufgelockerter Bauweise errichtet.

Mikroklima, Entsorgung

 

 

Dach- und Fassadenbegrünung

Flachdächer bzw. flachgeneigte Dächer sind mindestens extensiv zu begrünen

 

Grün- und Freiflächen (inkl. Ausgleich)

Die bestehende Wiesenfläche wird zwar verkleinert, bleibt aber als ökologischer „Trittstein“ im Vegetationsverbundnetz erhalten.

 

Erhalt und Anpflanzung von Grünstrukturen

Auf der privaten Grünfläche sind bestehende Gehölzstrukturen zu erhalten und zu pflegen, besonders schützenswerte Pflanzenvorkommen werden als Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft festgesetzt und auf der verbleibenden Wiesenfläche sind 6 hochstämmige Obstbäume anzupflanzen.

 

Regenwasser-management

Das Niederschlagswasser ist in Zisternen zu sammeln, als Brauchwasser zu verwenden und überschüssiges Wasser verzögert dem Kanalnetz zuzuführen, so dass es zu keiner Abflussverschärfung gegenüber dem Bestand kommt.

 

Entsorgung

Die Entwässerung der Neubauten erfolgt im Trennsystem.

Energieversorgung1)

 

 

Solarenergetische Optimierung

Auf mindestens 30 % der Dachfläche sind Maßnahmen zur aktiven Nutzung der solaren Strahlungsenergie vorzusehen.

 

Energiegewinnung aus erneuerbaren Energien

- keine Festsetzungen -

 

1)      In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass Konzepte zur regenerativen Energieversorgung nur festgeschrieben werden können, wenn zu dem Bebauungsplan ein Städtebaulicher Vertrag gemäß § 11 BauGB abgeschlossen wird oder wenn es sich um einen Vorhaben- und Erschließungsplan mit Durchführungsvertag gemäß § 12 BauGB handelt. In dem jeweiligen Vertragswerk können die notwendigen Modalitäten (wie z. B. der erforderliche Anschluss aller Gebäude) geregelt werden. In einem normalen „Angebots“-Bebauungsplan ist das nach höchstrichterlicher Entscheidung nicht möglich. Der abschließende Festsetzungskatalog in § 9 Abs. 1 BauGB gibt dazu enge Grenzen vor.

 

 

 

 

Dr. Thomas Spies

Oberbürgermeister

 

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Finanz. Auswirkung

Finanzielle Auswirkungen:

keine

 

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Anlagen

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