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Ratsinformation

ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - VO/7779/2020

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Der Magistrat wird gebeten, folgende Beschlüsse zu fassen:

 

  1. Die im vorgelegten Gutachten erarbeiteten Maßnahmenvorschläge sollen als Grundlage für die zukünftige Bewirtschaftung des Marburger Stadtwaldes I dienen.
     
  2. Folgende konkreten Maßnahmen sollen für den Marburger Stadtwald umgesetzt werden (Einzelmaßnahmen sind in den beiden Kartenanhängen dargestellt):

a)      Dauerhafter Nutzungsverzicht von besonders geeigneten Waldbeständen (bis zu 12 ha) bzw. von Altholzgruppen im Bereich des Stadtteils Stadtwald.
Die Anrechnung dieser Maßnahme auf ein Ökokonto ist möglich.

b)      Im gesamten Waldbestand „Kirchspitze“ soll weiterhin auf die Nutzung verzichtet werden.

c)       Stilllegung von wenig genutzten bzw. parallel geführten Wegen. Hiermit ist Störungsminimierung und eine Kostenersparnis durch die verringerte Verkehrssicherung möglich.
Die Anrechnung dieser Maßnahme auf ein Ökokonto ist möglich.

d)      In allen Beständen über 100 Jahre sind mindestens 10 Habitatbäume und Habitatbaumanwärter pro ha auszuweisen und zu kennzeichnen.

e)      Als zukünftige Anwärterflächen für Altholzbereiche sind jeweils zwei über 120-jährige und über 60-jährige Bestände auszuwählen.

f)        Der Totholzanteil ist zu erhöhen. Hierfür werden abgestorbene Bäume, Windwürfe und z.T. Kronenholz im Bestand belassen.

g)       Die verbleibende Bewirtschaftung ist nach den Richtlinien für naturnahe Waldbewirtschaftung durchzuführen.

h)      Folgende Maßnahmen zur Srungsminimierung sind zu berücksichtigen:

  • Keine forstlichen Eingriffe von März bis August
  • Beachtung der Schutzzonen von Horstbäumen.

i)        Eine effektive Bejagung, insbesondere zur Reduzierung der Rehwilddichte, ist unverzichtbar. Diese könnte über die Ausgabe von Jagderlaubnisscheinen und der Festlegung von Mindestanzahlen an erlegtem Wild erreicht werden.

j)        Seltene Waldstrukturen und Sonderbiotope sind zu schützen und zu entwickeln.

 

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Sachverhalt

Begründung:

 

 

Im Oktober 2020 hatten die Fraktionen von SPD, BfM und CDU mit dem Antrag VO/7659/2020Naturwaldzellen beantragt, dass der Magistrat der Universitätsstadt Marburg wenigstens zwei Naturwaldzellen mit jeweils wenigstens 15 ha Fläche im Stadtwald ausweisen solle. Jegliche forstliche Nutzung sei dort einzustellen und die ausgewiesenen Flächen sollen sich selber überlassen sein, so dass ein naturnaher Wald entstehen kann.

rgermeister Weiland Stötzel hatte in der Stellungnahme zu dem Antrag mitgeteilt, dass dieses Vorhaben bereits in der Prüfungsphase sei. Die Ergebnisse und Empfehlungen sollen im Januar 2021 vorlegt werden. Die aktuelle Vorlage umfasst auch die Intention der Vorlage VO/7659/2020 „Naturwaldzellen“.

 

 

Zum Hintergrund:
 

Mit Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 17. September 2004 wurde die Umstellung der Bewirtschaftung des Stadtwaldes auf eine höherwertige Zertifizierung, wie nach Naturland-Kriterien, gefordert. Trotz jahrelanger Bemühungen um diese Zertifizierung blieb die Stadt Marburg - wegen ihrer zu kleinen Waldanteile (ca. 166 ha Stadtwald I) - hier erfolglos. Daher sollten nun unabhängig von dieser Zertifizierung Optionen für eine naturschutzfachlich aufwertende Bewirtschaftung geprüft werden.

 

Ergänzend sollte geprüft werden, welche Maßnahmen im Stadtwald I geeignet sind, damit sie sich zur Anrechnung auf ein „Ökokonto“ eignen. Potentiell mögliche Maßnahmen, die sich im Marburger Stadtwald ohne zusätzlichen Flächenverbrauch realisieren lassen, sind beispielsweise die Nutzungseinstellung von Waldbereichen oder der Rückbau von forstlichen Wegen. Mit der Umsetzung der gutachterlich vorgeschlagenen Maßnahmen soll zudem ein Zeichen für Klimaschutz und Walderhaltung gesetzt werden.

 

 

 

Vorgehensweise:

Ein Fachbüro für angewandte Ökologie und Forstplanung wurde beauftragt, die Bestandssituation zu erfassen und zu bewerten und im Anschluss konkrete Aussagen oder Mnahmenvorschläge zu den folgenden Themen zu erarbeiten:

 

  • Naturnahe Waldbewirtschaftung
  • Ausweisung von Stilllegungsflächen, Ökokontoflächen
  • Erhöhung des Alt- und Totholzanteils
  • Verkehrssicherung/Wegekonzept
  • Erholungsnutzung
  • Jagd
  • Überschlägige Kostenbilanzierung.

 

 

 

Bezugsgebiet: Stadtwald I

Die zum Stadtwald I gehörenden Flächen gliedern sich im Wesentlichen in zwei größere arrondierte Areale mit rund 120 ha Fläche (siehe Karte im Anhang). Diese sind:

 

  1. Waldort Runder Baum (südlich und süstlich des Stadtteils Stadtwalds)
  2. Waldort Kirchspitze (Bereich Kirchspitze und Wannkopf, nördlich der Kernstadt zwischen Marbach und Wehrda)

 

 

Daneben sind zahlreiche kleine Splitterflächen vorhanden.

 

 

Die Ergebnisse des Gutachtens

 

Zum Erreichen einer naturschutzfachlichen Aufwertung und dauerhaften Erhaltung (klima-) stabiler Mischbestände kristallisieren sich vier übergeordnete Teilziele heraus:

 

  1. Erhalt und Verbesserung der Naturschutzfunktion
  2. Verbesserung der Resilienzeigenschaften durch die langfristige Entwicklung und Erhaltung naturnaher, strukturierter, ungleichaltriger und klimastabiler Mischbestände als Dauerwald
  3. Erhalt und Sicherung der Erholungsfunktion
  4. Erhalt und Sicherung der Nutzfunktion

 

 

Zustandsaufnahme:

Die natürliche Waldgesellschaft ist der Hainsimsen-Buchenwald mit Traubeneiche.

Der Stadtwald ist deutlich Buchen-dominiert: Die Buche ist auf rund der Hälfte der Fläche vertreten. Insgesamt nimmt Laubholz knapp ¾ der Baumbestandsfläche ein (mit Eiche 20 %, Edellaubholz 2 % (wie. Bergahorn, Esche, Linde Ulme, Kirche, Wildobst) und Weichlaubholz 3 % (wie Birke, Weide, Pappel, Erle, Vogelbeere)).

Im Nadelholz überwiegen Kiefer mit 10 % und Fichte mit 9 % Lärche und Douglasie sind nur auf geringer Fläche mit 6 bzw. 2 % vorhanden.

Entsprechend der klassischen Buntsandsteinstandorte der Mittelgebirge werden im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit überwiegend geringe bis mittlere/durchschnittliche Holz-Qualitäten erreicht.

 

Die Bewirtschaftung des Stadtwaldes wurde an den Landesbetrieb HessenForst übertragen.

 

Laut Forsteinrichtung haben die Schutz- und Erholungsfunktion deutlichen Vorrang vor der Holzproduktion und dem finanziellen Nutzen.

 

Etwa ein Drittel der Fläche des Stadtwaldes I gehört zu den sog. „WarB-Flächen“ (Wald außer regelmäßigem Betrieb); das sind Waldflächen, in denen keine Nutzung stattfindet, weil diese auf Grund ungünstiger Standorte und/oder schlechter Wuchsqualitäten nicht lohnenswert ist (wie Waldort Kirchspitze).

 

Verkehrssicherung:

Die Verkehrssicherung nimmt nach Angaben des Bewirtschafters einen bedeutenden Anteil der forstlichen Arbeit ein, da in unmittelbarer Stadtnähe die Naherholung eine große Rolle spielt. Außerdem ist ein sehr dichtes Wegenetz vorhanden, das ca. 60 lfm/ha entspricht und damit deutlich über den durchschnittlichen Erschließungsintensitäten in Waldbeständen liegt (ca. 30 50 lfm/ha in vergleichbaren Mittelgebirgsregionen).

 

Jagd:

Der Stadtwald Marburg wird als gemeinschaftlicher Jagdbezirk zusammen mit dem Bezirk Gisselberg verpachtet. Die vorhandene Wildtierdichte hat einen deutlichen Einfluss auf die Verbiss-Situation in der Naturverjüngung: Sie führt zu einem sichtlichen Rückgang („Entmischung“) von seltenen Mischbaumarten, wie Edellaubhölzern und Eiche. Langfristig wird sich der Anteil der Buche weiter erhöhen. Eine künstliche Einbringung seltener Mischbaumarten ist nur mit Schutzmaßnahmen erfolgsversprechend.

 

 

Kernelemente des Waldnaturschutzes:

 

Das übergeordnete Ziel ist - neben der Sicherung einzelner „Biodiversitätshotspots“ vor allem die Umsetzung flächendeckender Maßnahmen zur naturschutzfachlichen Aufwertung, um eine räumliche und zeitliche Kontinuität von Habitatstrukturen und den Erhalt der Biodiversität zu gewährleisten. Hierfür sind die folgenden Instrumente nebeneinander - geeignet:

 

 

A)     Dauerhafter Nutzungsverzicht Prozessschutz
 

Auf diesen Flächen finden dauerhaft keine waldbaulichen Eingriffe statt (Ausnahme Verkehrssicherung). Sie dienen der Sicherung der Arten- und Biotopvielfalt und sollten eine Mindestgröße von ca. 10 ha aufweisen.
Auch kleinflächige, punktuelle und lineare Elemente wie Altholzinseln (<0,3 ha) und strukturreiche Waldränder sowie Sonderstandorte fungieren als Trittsteine für den Arten- und Biotopschutz.

 

B)     Erhalt und Entwicklung einer naturnahen Waldgesellschaft naturnahe Waldbewirtschaftung
 

Die Entwicklung ungleichaltriger, strukturierter, gemischter und dem Standort angepasster Dauerwälder in Anhalt an die natürliche Waldgesellschaft unter Zulassen der natürlichen Dynamik kann u.a. durch die folgenden Maßnahmen erreicht werden:

  • rderung von Mischbaumarten zur Risikostreuung,
  • dauerhafte Beschirmung,
  • Belassen von Alt- und Totholz,
  • Einzelstammnutzung,
  • rderung der Naturverjüngung,
  • bodenschonende Holzernteverfahren,
  • Reduktion des Maschineneinsatzes,
  • Nutzungsverzicht auf über 10 % der Fläche.

 

 

C)    Strukturelemente
 

Diese Elemente bilden ein Netzwerk von Lebensraum-Strukturen sowohl in bewirtschafteten als auch in nicht bewirtschafteten Waldflächen:
 

  • Totholz hat zahlreiche wichtige Ökosystemfunktionen: Viele stark gefährdete alt- und totholzbewohnende Arten sind direkt von ihm abhängig; es dient darüber hinaus der Kohlenstoffbindung und der Nährstoffversorgung. Die Vorräte an Totholz sollten zwischen 20 und 50 m3/ha liegen, anspruchsvollere Arten benötigen sogar mehr als 100 m3/ha. Nicht nur die räumliche Verteilung, sondern auch die zeitliche Dimension muss berücksichtigt werden, um den kontinuierlichen Fortbestand an Totholzhabitaten zu sichern.
     
  • Habitatbäume beherbergen eine Vielzahl unterschiedlicher Strukturen und Mikrohabitate, wie Klein- und Großhlen, Horste, Mulmhöhlen, abgestorbene Äste oder Pilzkonsolen. Sie nehmen eine Schlüsselrolle bei der Erhaltung und Förderung von Biodiversität im Wald ein. Zum Aufbau bzw. Erhalt eines funktionierenden Netzwerks sind mindestens 10 Habitatbäume pro Hektar auszuweisen.
     
  • Sonderstandorte wie seltene Waldbiotope, Quellen, Steinbrüche, Waldränder oder Lichtungen, sind wertvolle Biotopstrukturen für seltene und gefährdete Arten. Diese sind zu erhalten und zu entwickeln.
     
  • Der Biotopverbund dient der Vernetzung der genannten Strukturen zur Aufrechterhaltung ihrer Funktion. Er kann linear (wie Waldränder) oder punktuell (wie Altholzinseln, Sonderbiotope) ausgeprägt sein.
     
  • Spezielle Artengemeinschaften, wie holzbewohnende Käferarten, Fledermäuse oder Vögel profitieren von den genannten Instrumenten. Ggf. müssen darüber hinaus spezielle Artenschutzkonzepte ausgearbeitet werden.

 

 

Wieland Stötzel

rgermeister

 

 

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Finanz. Auswirkung

Finanzielle Auswirkungen:
 

Überschlägige Finanzkalkulation:
 

Die aktuelle forstliche Bewirtschaftung wird im vorliegenden Gutachten mit der Bewirtschaftung unter Umsetzung des Maßnahmenkonzepts verglichen:

 

hrliche verringerte Einnahmen (~ 7.000 €/a)

entstehen beispielsweise durch die Reduktion des jährlichen Holzeinschlags aufgrund von Nutzungseinstellungen (ca. 7.000 €hrlich).

 

Einmalige zusätzliche Kosten (~ 35.000 €/einmalig)

entstehen durch Wegeausbau im Zusammenhang mit Wegeeinzug und Beschilderung im Bereich Kirchspitze (30-35.000,- € einmalig).

 

Einmalige Einnahmen (unbar - in Wertpunkten ~ 300.000 €/einmalig)

stehen dem in Form von Einbuchungen auf ein Ökokonto (Flächen mit Nutzungsaufgabe sowie Wegerückbau) gegenüber; diese entsprechen monetären Äquivalenten in Höhe von ca. 300.000,- €.

 

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