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Ratsinformation

ALLRIS - Vorlage

Fraktionsantrag - VO/6109/2018

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

 

  1. Der Magistrat wird gebeten, eine Rehabilitierung für die Opfer der Hexenverfolgung im Raum Marburg einzuleiten.

 

  1. Zudem wird er gebeten, eine Gedenktafel für die Mordopfer aufzustellen.

 

  1. Der Magistrat wird gebeten die Rehabilitierung in eine Veranstaltungsreihe gemeinsam mit den Kirchen, der Universität und der Stadtgesellschaft einzubetten.

 

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Sachverhalt

Begründung:

 

Marburg kann ein Zeichen setzen für eine Geisteshaltung, die für Menschenwürde eintritt und sich der Verantwortung stellt für in der Vergangenheit begangene Verbrechen. 70% aller Hexenprozesse innerhalb der Grafschaft Hessen-Kassel fanden in den Städten Marburg, Kirchhain und Frankenberg statt, davon 46 % in Marburg, ein auch für damalige Verhältnisse ungewöhnlich hoher Anteil. Sie fanden am sogenannten peinlichen Halsgericht in Marburg statt, und zwar in der Zusammenarbeit der Kirche und der juristischen Fakultät.

 

Bundesweit findet eine öffentliche Rehabilitation statt, bisher in 14 hessischen Städten, u.a. Bad Wildungen, Friedberg, Bad Homburg, Gelnhausen, Fulda, Frankfurt. In vielen Orten in Europa wurde durch Politiker und Bevölkerung ein Gedenken an die Opfer der Hexenprozesse angeregt in Form von Denkmälern, Gedenktafeln und Straßenschildern. 2013 hat der Rat der Lutherstadt Wittenberg eine Rehabilitierung der Opfer durch Hexenverfolgung ausgesprochen.

 

Die Namen der in Marburg hingerichteten Frauen, Männer und Kinder sind nicht alle erhalten. Das Geständnis unter Folter führte stets zur Hinrichtung. In der im Anhang aufgeführten Namensliste der Mordopfer fehlen jene, deren Urteile nicht überliefert sind oder die tatsächlich frei gelassen wurden, da sie nicht geständig waren, als Krüppel nach den Folterungen weiter lebten, des Landes verwiesen und verurteilt zur Übernahme der Gerichts- und Gefängniskos­ten.

 

Die erste nachweisbare Hinrichtung in Marburg fand am 25.5.1582 statt, jedoch sind auf Grund von Berichten von Angehörigen oder Rechnungen der Scharfrichter für die Bezahlung des Brennholzes schon zuvor Frauen verbrannt worden. (aus: Christian Roos: Hexenverfolgungen und Hexenprozesse im alten Hessen, Verlag Tectum 2007, S.54 Anmerkung).

Nach bisheriger Schätzung sind in Hessen 1722 Personen hingerichtet worden. Mittlerweile erwiesen ist die Tatsache, dass vor allem Missgunst und Denunziation die Triebkräfte waren für die Anklagen und die Verfolgung.

Was Katarina Lips und Annchen (Ennchen) Schnabel betrifft, gilt für alle Hingerichteten. Nachkommen von ihnen sind entsetzt und erschüttert. 2015 haben sich Frau Jutta Sotic, geb. Lips aus Remscheid und Herr Karl-F. Lips aus Bremerhaven an den Magistrat Kirchhain gewandt mit der Bitte um Rehabilitation der Opfer der Verfolgung, durchschriftlich an Christoph Linne, Chefredakteur der Oberhessischen Presse.

 

Wir bitten um die grundsätzliche Bereitschaft der Stadt Marburg, sich diesem traurigen Kapitel zu stellen.

 

Ziel dieses Antrags ist neben der Rehabilitation der Opfer der Justizmorde und der Anbringung einer Gedenktafel an geeigneter Stelle im Rahmen einer Feierstunde für diesen Prozess auch eine Einbettung in einer Themenreihe, wie sie z.B. die Stadt Bad Wildungen durchgeführt hat. Denkbar ist eine Ausstellung im Schloss, sowie Veranstaltungen unter Einbeziehung der Kirchen, der juristischen Fakultät der Universität, sowie von Künstlerinnen und Künstlern und des Kulturamts zur Unterstützung und Förderung der Erinnerungsarbeit.

Auch wenn die Hexenprozesse schon Jahrhunderte her sind, so handelt es sich doch um Morde, die nicht verjähren. Auch das Thema Denunziation und Missgunst als Handlungsanlass hat an Aktualität nicht verloren.

 

Anlage 1:

 

Der Bitte um eine Gedenktafel und Rehabilitierung der ermordeten Frauen, Männer und Kinder schließen sich an

        Frau Pfarrerin Andrea Wöllenstein

        Frau Christa Winter ehem. Frauenbeauftragte der Stadt Marburg

        Frau Dr. Christina Amend-Wegmann

        Frau Professor Dr. Marita Metz-Becker

        Herr Privatdozent Dr. Johannes M. Becker

        Die Marburger Geschichtswerkstatt, vertreten durch Frau Elisabeth Auernheimer (Vorstandsbeschluss vom Januar 2017)

        Die FrauenKunstGeschichte vertreten durch Frau Dr. I. Ewinkel

 

 

Anlage 2:

 

Namen von Hingerichteten in Marburg, da Marburg der Ort war, wo die Prozesse sowie die Hinrichtungen der Angeklagten aus den umgebenden Ortschaften wie Kirchhain, Betziesdorf, Frankenberg stattfanden. Sie sind nur bekannt auf Grund von lückenhaft erhaltenen Hinweisen. „In zwei Dritteln der Fälle ist das Urteil unbekannt. Werden die Fälle hinzugezogen, bei denen aufgrund der Aktenlage ein bestimmtes Urteil als nahezu sicher gelten kann, sind immer noch die Urteile der Hälfte der Fälle unklar. Da das Untersuchungsgebiet in den heftigsten Phasen der Hexenverfolgung zur Landgrafschaft Hessen-Kassel gehörte und das Marburger peinliche Halsgericht alle Fälle der Landgrafschaft zu verhandeln hatte, können diese Zahlen der Marburger Spruchtätigkeit für das Untersuchungsgebiet als Anhaltspunkt verwendet werden.“( Christian Roos, a.a.O., S. 242 f.)

 

  • 25.5.1582 N.N.
  • 1583 wurden eine Witwe und ihre zwei Töchter verbrannt.
  • Zwischen 1596 und 1598 ist es zu einer größeren Verfolgungswelle gekommen, die Namen sind nicht erhalten.
  • 1605 Johannes Köhler, hingerichtet wegen Wahrsagerei und Vergiftung von Vieh.
  • 1629 Hinrichtung eines jungen Mannes
  • 1631 Hans Sang 15 Jahre alt
  • 1632 Eila Rohleder aus Willersdorf, gestand unter der Folter ihre Schuld und beschuldigte weitere Frauen, sechs Prozesse sind in dem Zusammenhang bekannt, aber nur das Urteil gegen Eila Rohleder überliefert.
  • 1633 Frau aus Willersdorf
  • 1638-1656 Frau des Johann Happel aus Kirchhain , Vorwurf: Hexerei. Quelle: Staatsarchiv Marburg, 17e Kirchhain Nr.181, 260 Marb.512
  • 1648 Else Kegel, Witwe aus Bottendorf
  • 1652 Christine Morgen, gestand unter Folter.
  • 1654 Anna Zimmermann, genannt die Abrahamsche, aus Kirchhain, gestand unter Folter ihre Schuld und löste eine Prozesswelle aus. Quelle: Staatsarchiv Marb. In 260 Nr.513
  • 1654 Elisabeth George aus Kirchhain, 49 Jahre alt, gestand nach der zweiten Folter, starb unter der dritten Folter. Vorwurf : Zauberei. Quelle: Staatsarchiv Marburg, 260 Marb. Nr.511
  • Mädchen aus Schmalkalden
  • Heinrich Schreiber
  • 5. Oktober 1655 Elisabeth Seip, gestand unter Folter, beschuldigte mehrere Frauen aus Marburg
  • 1656 Catharina Staudinger 72 Jahre alt
  • 1663 Osanna, Curt Ackermanns Frau
  • 1663 Margaretha Hoßfeld
  • 1663 Christina, Hans Mäurers Frau
  • 1671 eine Frau aus Schönbach, gestand unter Folter, beschuldigte andere Frauen aus der Amöneburger Gemeinde und aus Betziesdorf.
  • Die Hausfrau von Ludwig Otten
  • 8. Mai 1674 Ännchen Schnabel, 17 Jahre alt
  • 1674 Katharina Lips, 70 Jahre alt, aus Betziesdorf. Vorwurf: Hexerei. Quellen: Betziesdorfer Chronik-H. R. Schauer 2004.
  • 1688 Elisabeth Leuning., sie war die letzte nachgewiesene Hingerichtete in Oberhessen.
  • Jahr unbekannt: Christina Kilian .Quelle: Staatsarchiv Marb. Nr.513
  • Wahrscheinlich 1674: Elsa Möller aus Betziesdorf, Vorwurf: Hexerei. Quelle: Gebührenforderung für die Verbrennung, Betziesdorfer Chronik H.R.Schauer
  • Christian Roos, a.a.O. S.79

 

 

Anlage 3:

 

Quellen:

 

  • Christian Roos, Hexenverfolgung und Hexenprozesse im alten Hessen, Verlag Tectum Marburg 2008, zitiert mit Erlaubnis des Verlages.
  • Staatsarchiv Marb. Bestand 260, insbesondere 501-505, 521,522,530,560,562
  • Staatsarchiv Marb. Bestand H 83 a
  • Staatsarchiv Marb. Bestand VII B Nr.150, Z.H.G. Alte Folge Bd.2
  • Staatsarchiv Marb. Bestand  X B Nr. 2962, Spielmann-Auszug aus den Hexenprozessen in Kurhessen

 

 

Dr. Elke NeuwohnerUlrich SeverinRenate Bastian

 

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