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Ratsinformation

ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - VO/7209/2020

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

 

Der Magistrat wird gebeten, in Bezug auf den Gesetzesentwurf zur Verbesserung der politischen Teilhabe von ausländischen Einwohnerinnen und Einwohnern an der Kommunalpolitik sowie zur Änderung kommunal- und wahlrechtlicher Vorschriften für die Universitätsstadt Marburg die untenstehende Stellungnahme zu beschließen.

 

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Sachverhalt

Stellungnahme:

 

  1. § 4a Abs. 1 HGO

 

Von den Koalitionsfraktionen beabsichtigter Gesetzestext:

 

"§ 4a Kreisfreie Städte und Sonderstatus-Städte

(1) Kreisfreie Städte erfüllen in ihrem Gebiet neben ihren Aufgaben als Gemeinden alle

Aufgaben, die den Landkreisen obliegen. Die Städte Darmstadt, Frankfurt am Main, Kassel,

Offenbach am Main und Wiesbaden sind kreisfrei. Weitere Städte mit mehr als

100.000 Einwohnern können auf Antrag durch Gesetz zur kreisfreien Stadt erklärt werden.

(2) Sonderstatus-Städte erfüllen neben ihren Aufgaben als Gemeinden zusätzlich einzelne

ihnen durch Gesetz oder Rechtsverordnung übertragene Aufgaben der Landkreise. Bad

Homburg v.d. Höhe, Fulda, Gießen, Hanau, Marburg, Rüsselsheim am Main und Wetzlar

sind kreisangehörige Sonderstatus-Städte. Weitere Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern

können auf Antrag durch Beschluss der Landesregierung zur Sonderstatus-Stadt

erklärt werden, wenn ihre Verwaltungskraft dies rechtfertigt und die zweckmäßige Erfüllung

der Aufgaben des Landkreises nicht gefährdet wird. Der Beschluss wird im Staatsanzeiger

für das Land Hessen veröffentlicht."

 

 

Aus unserer Sicht sollte es den Sonderstatusstädten überlassen werden, ob und wann sie kreisfrei werden wollen. Die Kreisfreiheit sollte durch einen entsprechenden Beschluss der jeweiligen Stadt oder durch einen lediglich formal, durch einen anhand von definierten Voraussetzungen zu prüfenden Antrag, zu erlangen sein. Wir sprechen uns dagegen aus, das Erreichen der Kreisfreiheit in das pflichtgemäße Ermessen der Landesregierung zu stellen. Diese Regelung sollte für alle Städte über 50.000 Einwohner, mindestens jedoch für die bereits bestehenden Sonderstatusstädte, auf jeden Fall aber für die Sonderstatusstädte gelten, die bereits vor der Gebietsreform kreisfrei waren.

 

Bereits heute sind die Sonderstatusstädte zwar formal kreisangehörig, in der Realität aber der Kreiszuständigkeit nur ausnahmsweise unterworfen. So unterliegen Sonderstatusstädte nicht der Aufsicht durch den Kragenkreis. Sie erfüllen eine Vielzahl von Aufgaben in eigener Zuständigkeit. Sie kooperieren eng mit den Landkreisen und auf Augenhöhe. Im allgemeinen Selbstverständnis und der allgemeinen Wahrnehmung sind Sonderstatusstädte nicht mit anderen kreisangehörigen Kommunen zu vergleichen.

 

Durch gesetzgeberische Änderungen insbesondere auf Bundesebene sind Aufgaben, die seinerzeit bei den weitgehend kreisunabhängigen Sonderstatusstädten verblieben sind, inzwischen auf die Kragenkreise übergegangen. Z. B. wurde durch die Reformen am Arbeitsmarkt die Zuständigkeit für die Unterstützung von Langzeitarbeitslosen vollständig den Landkreisen übertragen. Gerade hier ist aber die anderweitige Autonomie der Sonderstatusstädte, ihre ausgewiesene und deutlich bessere Ortskenntnis, die Bereitstellung von freiwilligen ergänzenden Leistungen etc. eher kontraproduktiv und schafft eine für die Unterstützung der betroffenen Menschen ungünstige Doppelzuständigkeit.

 

Die Finanzbeziehungen zwischen den bisherigen Sonderstatusstädten und Kragenkreisen würden deutlich vereinfacht. Bereits die Beratungen zur zukünftigen Gestaltung der Finanzverhältnisse im Rahmen der 195. Überörtlichen Prüfung des Landesrechnungshofes hat deutlich gemacht, dass eine pauschale Lösung wenig zielführend ist. Sowohl in Bezug auf die Mittelzuweisungen aus dem Kommunalen Finanzausgleich des Landes wie auch die Finanzbeziehungen vor Ort würde die Kreisfreiheit vieles deutlich vereinfachen.

 

Die Stadt wäre in allen kommunalen Aufgaben für ihre Bürgerinnen und Bürger zuständig. Im Rahmen einer kooperativen Aufgabenerfüllung würden Leistungen zwischen Stadt und Kreis spitz abgerechnet. Damit wären auch die Finanzbeziehungen – bei kooperativer und effizienter Aufgabenwahrnehmungen – endgültig und einfach geregelt.

 

Sinnvoll wäre es dabei, eine solche Lösung mit einer Kooperationspflicht mit den Kragenkreisen für bestimmte, bislang in der Zuständigkeit der Kragenkreise liegenden Aufgaben zu verbinden. Damit würde eine automatische Aufspaltung aller bisher von den Kragenkreisen zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch für die Sonderstatusstädte unterhaltenen Einrichtungen und Verwaltungseinheiten vermieden. Das Nähere, insbesondere welche Aufgaben in der Regel kooperativ zu erfüllen sind, sollte durch Vereinbarung zwischen Land und kommunalen Spitzenverbänden geregelt werden.

 

Statt also weiterhin eine Doppelstruktur zu befördern und unklar geregelte Abstimmungsprozesse zu erzeugen, sollte eine klare Regelung gefunden werden, die dem Verhältnis der Sonderstatusstädte zu den Kragenkreisen besser gerecht wird. Dies kann nur in der kooperativen Kreisfreiheit bestehen.

 

 

  1. § 84 und § 89 HGO

 

Die Landtagsfraktionen von CDU und Bündnis 90/Die GRÜNEN beabsichtigen, alternativ

zu den Wahlen eines Ausländerbeirats auch die Einrichtung einer Integrations-Kommission

i.S.d. § 72 HGO zu ermöglichen. Außerdem wird die Zusammenlegung der Zeitpunkte der Kommunalwahl und der Wahl zum Ausländerbeirat beabsichtigt.

 

Der Ausländerbeirat der Stadt Marburg hat in seiner Sitzung am 11.12.2019 den Gesetzesentwurf erörtert und befürchtet, dass durch die geplanten Änderungen die Beteiligungsmöglichkeiten von Ausländerbeiräten in Hessen stark beschnitten werden. Der Ausländerbeirat fordert, die Regelungen der HGO unverändert beizubehalten. Insbesondere die vorgesehene Optionsregel sei abzulehnen, da sie die demokratischen Rechte der Ausländervertretungen mindere und ihnen die öffentliche Stimme nehme. Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Marburg wird zu den Forderungen des Ausländerbeirats in ihrer nächsten Sitzung am 31.01.2020 einen Beschluss fassen. Die Auffassung des Ausländerbeirats soll jedoch bereits vorab in die Stellungnahme der Stadt Marburg einfließen.

 

 

  1. § 131 HGO

 

Die Regierungsfraktionen sehen vor, in § 131 HGO einen neuen Abs. 3 aufzunehmen, der

vorsieht, dass die Rechnungsprüfungsämter die Arbeit der überörtlichen Prüfung kommunaler Körperschaften unterstützen. Darüber hinaus ist vorgesehen, dass die örtliche Rechnungsprüfung sich verstärkt der Nachprüfung der Feststellungen der ÜPKK widmet.

 

Die geplante Novellierung des § 131 HGO durch die oben genannten Ergänzungen stellt eine faktische Übertragung der Zuständigkeiten der überörtlichen Prüfung auf die örtliche Prüfung dar. Es ist nicht Aufgabe der örtlichen Prüfung, die Nachschauprüfung für die überörtliche Prüfung durchzuführen. § 133 HGO regelt die Zuständigkeit der überörtlichen Prüfung und verweist auf eine spezialgesetzliche Regelung (ÜPKKG). § 3 Abs. 1 ÜPKKG regelt eindeutig die Zuständigkeit der überörtlichen Prüfung im Hinblick auf die rechtmäßige, sachgerechte und wirtschaftliche Verwaltungsführung der kommunalen Körperschaften.

 

Es ist gesetzlich nicht vorgesehen, zwischen einer Prüfung im Sinne des ÜPKKG und einer Nachschauprüfung zu unterscheiden und damit die Zuständigkeiten auseinanderfallen zu lassen. Auch wenn in der Koalitionsvereinbarung eine Verzahnung der beiden Ebenen der Prüfung vorgesehen ist, kann eine Verlagerung der Zuständigkeiten damit nicht einhergehen, da diese Verlagerung im Bereich der örtlichen Prüfung zu einem erheblichen Mehraufwand führen wird, der auf kommunaler Ebene nicht leistbar ist. Unter einer sinnvollen Verzahnung verstehen wir den permanenten Austausch der jeweiligen Prüfungsergebnisse oder Prüfungsfeststellungen zwischen der örtlichen und überörtlichen Prüfung, nicht jedoch die Übertragung von Zuständigkeiten und Aufgabenstellungen zu Lasten der örtlichen Prüfung.

 

Die Wahrnehmung der Aufgaben der Nachschauprüfung für überörtliche Prüfungen würde auf Ebene der örtlichen Rechnungsprüfung personelle Ressourcen erfordern, die entweder zusätzlich bereitzustellen sind oder durch Verminderung kommunaler Prüfungsaufgaben, beispielsweise im Rahmen übertragener Aufgabenwahrnehmungen nach § 131 Abs. 2 HGO kompensiert werden müssten. Letztlich wirken sich beide Varianten nachteilig auf die kommunalen Körperschaften aus. 

 

Die überörtliche Prüfung beauftragt zur Durchführung der avisierten vergleichenden Prüfungen in der Regel Wirtschaftsprüfer oder andere geeignete Dritte (Experten). Eine solche Möglichkeit ist der örtlichen Prüfung ebenfalls gestattet, sofern hierfür Haushaltsmittel zur Verfügung stehen (Hinweise zu § 130 HGO). Sofern nun die örtliche Prüfung Nachschauprüfungen für die überörtliche Prüfung verpflichtend durchführen muss und geeignetes Fachpersonal nicht vorhanden ist, käme nur die Beauftragung geeigneter Dritter (Externe) in Frage, die jedoch kostenpflichtig ist. Es stellt sich daher die grundsätzliche Frage der Finanzierung der geplanten Aufgabenübertragung.

Nach unserer Auffassung wäre diesbezüglich entsprechend Art. 137 Abs. 6 der Hessischen Verfassung auch eine Regelung zur Konnexität zu treffen, an der es im vorliegenden Gesetzentwurf jedoch fehlt.

 

Die örtliche Prüfung ist gem. § 130 HGO bei der Durchführung von Prüfungen unabhängig. Sofern nun die örtliche Prüfung dazu verpflichtet wird, für die überörtliche Prüfung die jeweilige Nachschauprüfung durchzuführen, schränkt eine solche Regelung die örtliche Prüfung in ihrer Unabhängigkeit ein.

 

Im Ergebnis sehen wir keinen Anlass für eine solche Aufgabenverlagerung und damit den faktischen Durchgriff der überörtlichen Prüfung auf die örtliche Prüfung und lehnen die geplante Novellierung aus den vorgenannten Gründen entschieden ab.

 

 

 

 

Dr. Thomas Spies

Oberbürgermeister

 

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Finanz. Auswirkung

 

 

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