Von der Bühne im Erwin-Piscator-Haus zu einem Besuch bei den Behring-Nachfolgefirmen, ab zum Hasenkopf, dem ein oder anderen Wohnprojekt, zum Georg-Gaßmann-Stadion, zur Feuerwehr und abschließend ins Rathaus – so weit ist der Neujahrsempfang der Stadt noch nie rumgekommen. Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies hat die Marburger*innen zu einer digitalen Bustour eingeladen und an verschiedenen Stationen über die Stadt zwischen den Bergen und das neue Jahr 2022 gesprochen. Ein Neujahrsempfang (für) unterwegs – von überall jederzeit abrufbar. Während der Premiere und am ersten Wochenende klickten sich insgesamt rund 4400 Menschen in den Empfangs-Film ein.
Und einen weiteren Vorteil brachte die digitale Variante mit sich: Während der Premiere des Neujahrsempfangs 2022 am frühen Samstagabend waren die Zuschauer*innen wieder eingeladen, mit dem Oberbürgermeister und der Stadtverwaltung direkt im Chat zu schreiben, Fragen zu stellen und sich auszutauschen. Das wurde rege genutzt – es gab viel positive Rückmeldung, Lob und Dank für Unterstützung im vergangenen Jahr.
Bustour startet am Schauplatz der Neujahrsempfänge
Erst wundervolle Musik, dann eine Begrüßung von der Bühne im EPH aus. So startet jeder Neujahrsempfang – auch 2022. Für die wundervolle Musik zeichneten Sängerin Chantal Yancey und Pianist Nils Jesse Schäfer verantwortlich, als sie mit Hallelujah für Gänsehaut sorgten. Der junge Klavierspieler aus der Musikschule brillierte dann noch mit seiner Version von „A Million Dreams“, bevor Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies übernahm. Er erzählte die Geschichte der stimmgewaltigen Sängerin, denn „sie steht beispielhaft für unsere Stadt und ihr Selbstverständnis“. Chantal Yancey wuchs im Waldtal auf, stand über ein Kulturprojekt schonmal auf der Bühne des Neujahrsempfangs und entschied sich dann, professionelle Sängerin zu werden und an einer Kunsthochschule zu studieren. „Das verlangt Mut. Ganz besonders, wenn man in einem Stadtteil aufwächst, in dem nirgend silberne Löffel in der Wiege liegen“, so Spies. Yancey hat es mit Talent, Fleiß und Engagement geschafft – und weil die Menschen im Waldtal mit Crowdfunding geholfen haben, die hohen Studiengebühren zu bestreiten. „Das sagt etwas über die Menschen in unserer Stadt aus: in Marburg halten wir zusammen. Wir kämpfen dafür, dass alle die Chance bekommen, ihren Weg zu gehen.“
OB Spies machte sich dann auch auf den Weg – zum Bus Elisa – und kündigte einen Aufbruch an, in ein besseres Jahr, in das große Stadtjubiläum, in die sozial-ökologische Moderne, in eine gute Zukunft für alle.
Für ein gleichberechtigtes Leben für alle engagiere die Stadt sich schon sehr – und wolle noch viel mehr tun, besonders für Kinder und Jugendliche, „die sicher am meisten und am leisesten unter der Corona-Krise gelitten haben“. Er kündigte die schrittweise Abschaffung der Krippengebühren an, die weitere Sanierung der Kitas und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Erzieher*innen. Weiter verfolgt werde das Konzept „Gut Älterwerden in Marburg“, damit niemand im Alter an Einsamkeit oder Armut leide. Der Stadtpass werde weiterentwickelt und neue Angebote geschaffen, um Wohnungslosigkeit zu begegnen.
Erster Halt: Pharmastandort
Eng verknüpft mit Marburgs sozialem Engagement ist die lokale Wirtschaft, die hilft, die sozialen Angebote zu finanzieren. Mit dem Bus ging es daher auf der Route durch die Stadt zunächst zum Behringstandort in der Marbach. Dort nahm der OB seine Fahrgäste mit zum Bronzepferd vor dem Unternehmen und erklärte, dass Emil von Behring hier sein Diphterieheilserum ursprünglich aus Pferdeblut gewonnen habe. „Da ist mir ein zukunftsweisender mRNA-Impfstoff ein bisschen lieber“, erklärte er augenzwinkernd. Aber egal ob vor 100 Jahren oder heute – „Impfstoffe aus Marburg haben vielen Menschen das Leben gerettet“. Nun wolle die Stadt den Pharmastandort weiter ausbauen mit Görzhausen III. Wissenschaft, Praxis, Universität und Startups sollen so unterstützt werden, dass noch viele Geschichten vom Impfstandort Marburg zu erzählen sein werden.
Nächster Halt: Wohnen, Mobilität und Klimaschutz
Klimaschutz, bezahlbarer Wohnraum, Leben im Einklang mit der umgebenden Natur: Das ist für Marburg ein wichtiges Zukunftsthema. Deswegen fuhr OB Spies direkt weiter zum Hasenkopf, für den mit breiter Beteiligung der Marburger*innen ein Konzept zur Wohnbebauung geschaffen wurde. „Wir wollen eine Stadt, deren Gestalt sich nach den Menschen richtet. Das gelingt nur, wenn viele Menschen mitdenken und sich einbringen“, so Spies. Bezahlbarer Wohnraum bleibe die große soziale Frage dieser Zeit. Wohnen, Heizung und Mobilität müssten aber zugleich mit dem Weg zur Klimaneutralität in Einklang gebracht werden – wie es die Zukunftsstadt Hasenkopf vormachen solle.
Zum Thema Mobilität hatte das Stadtoberhaupt dann zwei kleine Fahrgäste: Elias und Mayla haben OB Spies ihre neuesten Videos der Kampagne #fairimverkehr gezeigt – darin zeigen sie, wie Erwachsene sich gerade nicht im Straßenverkehr verhalten sollten. Die gemeinsame Fahrt endete dann bei einem guten Beispiel der städtischen GeWoBau am Richtsberg, das zeigt, wie klimafreundlich im Bestand saniert werden kann; etwa mit neuer Gebäudedämmung und Photovoltaik auf dem Dach. „Marburg hat sich vorgenommen, bis 2030 klimaneutral zu werden“, sagte der OB. Manche Menschen fragten sich, was es ändere, wenn sich eine einzelne Stadt anstrenge. „Wenn alle Städte klimaneutral sind, dann ist die Klimakrise gelöst. Und irgendjemand muss anfangen – warum also nicht wir?“ Gemeinsam könne Marburg das schaffen. „Große Aufgaben werden kleiner, wenn man sie in handliche Einheiten aufteilt und nacheinander abarbeitet“, machte er Mut, während er zwischen den PV-Anlagen auf dem GeWoBau-Dach stand.
Nächster Halt: Marburg Miteinander!
Engagierte, kreative Mitarbeiter*innen in der Stadtverwaltung und den städtischen Gesellschaften und engagierte Menschen, die ihr Ehrenamt und ihre Arbeit in Marburg mit Leidenschaft erfüllen – das mache Marburg aus. Mit Leidenschaft dabei sind auch Busfahrer, die in ihrer Freizeit ein Musikvideo gedreht haben. Das wollte Spies dem Publikum nicht vorenthalten und gab ihm Raum im digitalen Empfang.
„Engagement ist, wenn Menschen bereit sind, Verantwortung für das Gemeinwesen zu übernehmen und sich mit Ideen, mit Vorschlägen und Anregungen oder bei Veranstaltungen der Bürgerbeteiligung einbringen.“ Neben den Busfahrern machten dies auch die Kulturschaffenden, Händler*innen, Gastronom*innen und Dienstleister*innen, die Menschen in Vereinen und Initiativen. Menschen, die Hilfskonvois ins Ahrtal organisieren, die die Kleiderkammer und die Tafel unterstützen, die sich in den Rettungsdiensten einbringen. „Sie alle verdienen dafür ein großes Dankeschön!“, betonte Spies, während er schon auf dem Weg zum Georg-Gaßmann-Stadion war. Denn auch Sport sei wichtig für die Gemeinschaft – sorge er für Gesundheit, lehre Fairness und bringe Menschen zusammen.
Endstation: Startschuss für Marburg800
Das Beste kommt zum Schluss – zumindest im digitalen Neujahrsempfang. Denn in Marburg steht das ganze Jahr 2022 unter dem Zeichen des Besten: Marburg feiert Stadtjubiläum. „Es wird große und kleine Feste geben, und ganz viele Anlässe, wo wir zusammenkommen können“, versprach Spies. Pfingstsonntag werde auf der gesperrten Stadtautobahn gefeiert, es gebe Baumpflanzungen, Kulturprojekte, Ausstellungen – „in der ganzen Stadt wird es ein wahres Marburger Fest“. Spies freue sich schon jetzt, die Marburger*innen dann wieder live und persönlich zu sehen.
Für den Abschluss kam er im Rathaus an. Und ganz die bunte und vielfältige Stadt begrüßte er dort zwei Musiker*innen von Yerba Colorá, die den Abschluss des Neujahrsempfangs mit spanischer Musik einläuteten.
Insgesamt 1200 Menschen schauten „live“ zu; 4400 Menschen schauten am gesamten Wochenende rein. Wer den Neujahrsempfang verpasst hat oder noch einmal sehen möchte, findet das Video unter www.marburg.de/neujahrsempfang2022. Dort gibt es auch eine Hörfassung des Videos und die Rede als PDF in Leichter Sprache.
Mit kreativen Mitteln hat die Stadt Marburg bereits das Jahr 2021 zum Schutz der Menschen vor Corona mit einem digitalen Neujahrsempfang eingeläutet – und damit vor einem Jahr mehr als 3.000 Menschen erreicht und ihnen die Wünsche der Stadt zum neuen Jahr direkt ins Wohnzimmer gebracht.