Erstmals verleiht die Humanistische Union die undotierte Auszeichnung „Marburger Leuchtfeuer“ 2019 an zwei Personen: an die Ärztinnen Ruby Hartbrich und Kristina Hänel. Mit der Doppelvergabe möchte die Jury auf die unterschiedlichen Standards im Umgang mit menschlichem Leben hinweisen: Während Kristina Hänel für ihren Einsatz für den freien Zugang zur Information über Schwangerschaftsabbrüche geehrt wird, erhält Ruby Hartbrich die Auszeichnung für ihren ehrenamtlichen Einsatz auf dem Rettungsschiff "Sea Watch" im Mittelmeer.
Der Vorsitzende der HU Marburg, Franz-Josef Hanke, hält die Begrüßungsrede, der Marburger Ehrenbürger und Jury-Sprecher Egon Vaupel trägt die Preisbegründung vor, die ehemalige Bundestagspräsidentin Prof. Dr. Rita Süssmuth hält per Videobotschaft eine Laudatio, auch Prof. Dr. Marita Metz-Becker, Professorin am Institut für Europäische Ethnologie/Kulturwissenschaft der Philipps-Universität ist als Laudatorin geladen – und es gibt eine besondere, musikalische Überraschung!
Beide Ärztinnen mussten für ihr Engagement Beschimpfungen und Bedrohungen hinnehmen. Im Falle von Kristina Hänel wird der „Schutz des ungeborenen Lebens“ als Motiv für Beleidigungen und Bedrohungen angeführt, während im Falle von Ruby Hartbrich das Leben Schiffbrüchiger auf dem Mittelmeer offenbar selbst von Regierungsvertretern europäischer Staaten faktisch für wertlos erklärt wird. Diese Respektlosigkeit gegenüber der Würde von Frauen einerseits und von geflüchteten Menschen andererseits ist 2019 das Leitmotiv der Preisverleihung des „Marburger Leuchtfeuers für Soziale Bürgerrechte“.
„Wir zeichnen zwei mutige Frauen aus, zwei Medizinerinnen, die ihren Dienst an der Gesundheit richtungsweisend und beispielgebend an moralischen und ethischen Grundsätzen ausrichten“, erklärt Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies.
„Kristina Hänel verteidigt das Recht von Frauen auf Selbstbestimmung über ihren Körper. Mit ihrer Haltung und ihrem konsequenten Handeln hat sie das Thema zurück in die breite gesellschaftliche Diskussion gebracht und rechtliche und gesellschaftliche Fortschritte entscheidend mit vorangebracht“, so Spies.
„Ohne das aufreibende Engagement von Kristina Hänel hätte der Deutsche Bundestag den Paragraphen 219a nicht geändert“, stellt der Marburger HU-Regionalvorsitzende Franz-Josef Hanke fest. „Auch wenn diese Änderung lange noch nicht ausreicht, um Frauen in einer lebensentscheidenden Konfliktsituation die nötige Hilfe zu gewährleisten, ist dieser Parlamentsbeschluss doch ein deutlicher Beleg für die Notwendigkeit ihres unermüdlichen Engagements.“
Als ebenso unerlässlich für Leib und Leben tausender Menschen und für die Humanität als elementaren Wert europäischer Politik betrachtet Hanke die Arbeit der zweiten Preisträgerin: „Unentgeltlich setzt sich Ruby Hartbrich auf dem Mittelmeer den extremen psychischen und physischen Belastungen auf der Sea Watch aus, um Schiffbrüchigen medizinische Hilfe zu leisten. Mit ihrer Berichterstattung darüber klärt sie die Menschen in ihrer Heimat über den mörderischen Rassismus auf, der der Behinderung der Seenotrettung im Mittelmeer zugrunde liegt.“
„Ruby Hartbrich leistet mit anderen Ehrenamtlichen unverzichtbare Hilfe für Menschen in elementarster Not. Weil sie nicht wegschaut, sondern aktiv anpackt, wo Staaten und Europa versagen, ist sie uns Vorbild und Mahnung zugleich“, erklärt OB Spies. „Auch ihr gilt unser besonderer Dank.“