© Georg Kronenberg, Stadt Marburg
Zuvor hatten Vertreter der verschiedenen Fraktionen im Marburger Stadtparlament den scheidenden Oberbürgermeister Egon Vaupel verabschiedet.
Es geht ein „Kümmerer“. Ein „Vollblutpolitiker“. Ein „sachkundiger Verhandlungsführer“. Nach 10 Jahren im Amt des Oberbürgermeisters und acht Jahren zuvor als Bürgermeister geht Egon Vaupel zum 1. Dezember in den Ruhestand. Und Vertreter aller Fraktionen sprachen ihm im Anschluss an die letzte gemeinsame Sitzung der Stadtverordnetenversammlung ihren Dank für die Zusammenarbeit und sein Engagement für die Universitätsstadt Marburg aus. „Er hat sein Amt nicht nur geführt, er hat es gelebt“, erklärte die stellvertretende Stadtverordnetenvorsitzende Marianne Wölk. Und er habe als Kämmerer dafür gesorgt, dass die Menschen in Marburg gut leben können. Wölk hob sein Einfühlungsvermögen und die Nähe zu den Menschen ebenso hervor wie seine kluge und an die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger ausgerichtete Haushaltspolitik.
Steffen Rink, Fraktionsvorsitzender der SPD sagte, die Arbeit sei für Vaupel nie Routine gewesen. Er habe den scheidenden Oberbürgermeister als jemanden erlebt, der als Mensch erkennbar geblieben sei, als politischer Mensch. „Es ging ihm nicht um Theater, es ging ihm um die Sache.“ Rink betonte auch Vaupels Eintreten für Globalität und Vielfalt und dass es ihm ein Anliegen gewesen sei, Flagge zu zeigen gegen rechtes und extremistisches Gedankengut. „Vieles, was uns in der Willkommenskultur auszeichnet, wäre so nicht gekommen, wenn Egon Vaupel nicht gesagt hätte: Ich will das so.“ Wieland Stötzel von der CDU-Fraktion lobte Vaupels große Sachkenntnis, Fleiß und Engagement. Bei allen Differenzen habe er ihn persönlich als Oberbürgermeister sehr geschätzt. „Sie haben immer das Ganze im Blick gehabt“. Stötzel charakterisierte ihn als „Vollblutpolitiker“ –„ anpackend, überzeugt von dem, was er macht und was er sagt und meist auch überzeugend“, der große Fußstapfen hinterlasse.
Dr. Christa Perabo von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erwähnte ebenfalls Vaupels Engagement für die Integration: Er habe die Willkommenskultur zusammen mit vielen unglaublich engagierten Bürgerinnen und Bürgern vorbildlich gestaltet und es geschafft, die Menschen mit seiner Überzeugung und Fürsorge anzustecken. Außerdem sei er ein verlässlicher Partner gewesen, der seine Zusagen einhält. „Wir haben Sie am Anfang ganz schön unterschätzt“, gestand Perabo. Sie schlug vor, Vaupel solle den Vorsitz eines Runden Tischs übernehmen, der sich darum kümmert, aus der Willkommens- eine Bleibekultur zu entwickeln. Henning Köster von der Marburger Linken erklärte, er hoffe, dass der scheidende Oberbürgermeister seine Rolle und Möglichkeiten finden werde, weiter für die Stadt aktiv zu sein. Vaupel habe sich immer als Oberbürgermeister aller Menschen, die in dieser Stadt leben, verstanden. Seine Entscheidung, Holzhäuser für die Flüchtlinge errichten zu lassen, obwohl noch nicht alle Genehmigungen vorlagen, nannte Köster „Zivilcourage im Amt“. Ein tolerantes Klima sei nie ein Lippenbekenntnis gewesen, sondern eine Herzenssache.
Dr. Hermann Uchtmann (Marburger Bürgerliste) sprach Vaupel seinen Respekt und seine „tief empfundene Anerkennung“ aus. Er unterstrich die „menschliche Note“, die er seinem Amt und seiner Verantwortung verliehen habe. Er werde den Menschen stets als „Kümmerer“ im Gedächtnis bleiben. „Wir werden Sie vermissen“, erklärte auch Michael Selinka von der FDP-Fraktion. Auch wegen Vaupels „oberhessischer Art, die eben nicht glattgebügelt war“, sondern mit Ecken und Kanten und immer von Verbindlichkeit geprägt. „Sie fällen Entscheidungen, stehen zu diesen und sind bereit, hart dafür zu arbeiten“, so Selinka. Andrea Suntheim-Pichler (Bürger für Marburg) machte Vaupels „Humor, Witz, Souveränität und Ehrlichkeit“ deutlich. Trotz seiner Nähe sei er Menschen immer mit Respekt begegnet.
Dr. Michael Weber von der Piraten-Partei bedankte sich ebenfalls für den Einsatz des Oberbürgermeisters, vor allem dessen Engagement im Zusammenhang mit den Flüchtlingen. Auch das Kinder- und Jugendparlament verabschiedete sich von Egon Vaupel. Der Vorsitzende Manuel Greim erklärte, die Zeit mit ihm sei von viel Nähe geprägt gewesen. „Wir konnten immer auf ihn zugehen und unsere Probleme schildern.“ Auch der Bürgermeister richtete noch einmal Dankesworte an Egon Vaupel, wie schon bereits in der letzten Sitzung des Magistrats geschehen – an einen „streitbaren, aber sehr kollegialen und geduldigen Oberbürgermeister“. Er sei immer bestrebt gewesen, Lösungen für den Magistrat als „Kollegialorgan“ zu finden.
Egon Vaupel selbst schließlich stellte das heraus, was er während seiner Amtszeit bei vielen seiner Reden und Ansprachen stets betont hatte: wie dankbar er ist, für die Bürgerinnen und Bürger von Marburg arbeiten zu dürfen – „es gibt nichts Schöneres“. Die Universitätsstadt Marburg sei etwas Besonderes, und das machen die Menschen aus. Er habe sehr großen Respekt gehabt, als er damals ins Rathaus kam. „Um nicht zu sagen: Mir flatterte die Hose.“ Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die er dann kenngelernt habe, von denen habe er sehr viel partizipiert: „eine tolle Truppe, eine klasse Mannschaft“. Er habe immer großes Vertrauen gespürt und weil kein Oberbürgermeister ohne Vertrauen arbeiten und kein Mensch ohne Vertrauen wachsen könne, bat er darum, dies auch seinem Nachfolger entgegenzubringen.
„Es war eine wunderschöne Zeit“, resümiert er im Rückblick – eine Zeit, in der er auch einen historischen Stadtumbau habe begleiten dürfen. Viele Bausteine gäbe es zu erwähnen. Zwei, die er besonders hervorhob, waren die Einrichtung des Weltladens am Marktplatz und die Akzeptanz des Deserteursdenkmals in der Frankfurter Straße. „Ich gehe im Reinen mit mir und ich hoffe, Sie gehen auch im Reinen mit mir“, sagte er an die Stadtverordnetenversammlung gerichtet. Was Zukunftspläne angeht, solle man ihn bitte erstmal ausschlafen und etwas nachdenken lassen. Zu seinem Abschied richtete er noch einen emotionalen Appell an seine Kollegen in der Politik und auch die Bürgerinnen und Bürger seiner Stadt: „Achten Sie darauf, dass es keine Diskriminierung in der Gesellschaft gibt. Leben sie die Leidenschaft für eine solidarische und gerechte Welt!“ Und natürlich verabschiedete er sich mit einem „Glück auf“.
Nach den Ansprachen übergab Egon Vaupel die Ernennungsurkunde zum Oberbürgermeister an Dr. Thomas Spies. Dieser wurde im Anschluss durch die stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Marianne Wölk vereidigt. Per Handschlag verpflichtete sich Spies zu einer gewissenhaften Erfüllung seiner Aufgaben. Am 1. Dezember wird der neue Oberbürgermeister sein Amt antreten. Er freue sich auf die Arbeit. Die Offenheit und Diskussionsbereitschaft der Stadt sei ein Grund gewesen, sich für das Amt zu bewerben. „Lassen sie uns gemeinsam mit den besten und stärksten Argumenten arbeiten“, sagte er an die Stadtverordneten gewandt. Er übernehme von seinem Amtsvorgänger eine Stadt in einem Zustand, um die ihn viele beneiden würden, auch was die Finanzlage betrifft. Insbesondere in der Flüchtlingspolitik habe Vaupel Maßstäbe gesetzt.