© Stadt Marburg, Patricia Grähling
„Der Dammelsberg ist ein wichtiges Naherholungsgebiet für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Marburg. Die Spazierwege dort sind sehr schön und deshalb auch sehr beliebt. Der Wald ist aber auch ökologisch sehr wichtig, denn hier leben Spechte und zahlreiche schützenswerte Arten wie Fledermäuse und Hirschkäfer“, sagte Bürgermeister und Umweltdezernent Stötzel. „Die Naherholung und der Naturschutz gehören zusammen und sind insbesondere in diesem europäischen Schutzgebiet am Dammelsberg eng miteinander verknüpft“, so Stötzel. Um künftig der vorgeschriebenen Verkehrssicherungspflicht nachzukommen und sicherzustellen, dass keine Bäume auf Wege stürzen, müssten Bäume auf einer Breite von rund 30 Metern neben den Wegen gefällt werden. Das sei selbstverständlich weder gewünscht noch werde die Stadt dafür eine Genehmigung vom RP erhalten, erklärt der Bürgermeister. Doch eine Öffnung wie früher ist nach den Vorkommnissen rechtlich ebenfalls nicht möglich.
Eine Zwickmühle also: Gemeinsam mit Hessen Forst, der Oberen Naturschutzbehörde des Regierungspräsidiums und einem Gutachter hat die Stadt Marburg deshalb dringlich nach einer praktikablen Lösung jenseits der Schließung gesucht, die den Bürgerinnen und Bürgern entgegenkommt. So beschloss der Magistrat der Stadt im Ergebnis der Beratungen nun, dass das Waldgebiet am Dammelsberg ab sofort zwar wieder betreten werden darf, aber ausdrücklich nur auf eigene Gefahr. Er wird künftig nicht mehr als Naherholungsgebiet ausgewiesen und Bänke, Abfalleimer und der Rastplatz mit Schutzhütte müssen laut Kompromiss mit der Oberen Naturschutzbehörde entsprechend abgebaut werden, Wege werden im Eingangsbereich zurückgebaut, erklärte Walter Ruth, Fachbereichsleiter Planen, Bauen, Umwelt. Die Eingangsbereiche zum Dammelsberg erhalten außerdem gut sichtbare Schilder, die darauf hinweisen, dass das Waldstück nur auf eigene Gefahr betreten werden darf. Die vorhandenen, teilweise zertifizierten Wanderwege werden umgeleitet. „Es muss klar sein, dass das ein Wald ist und kein gesicherter Weg“, begründete Stötzel dies.
„Der Dammelsberg wurde 1760 als Park angelegt“, erklärte Jochen Friedrich, Fachdienstleiter Umwelt- und Naturschutz. Damals waren Eichen angepflanzt worden und im Laufe der Jahrhunderte sei ein Wald entstanden. In den vergangenen drei Jahren stürzten 16 Bäume unvermittelt um, auch ohne dass es Windereignisse gegeben hatte. Die Stadt Marburg kontrolliert die Bäume entlang der Wege regelmäßig – äußerlich waren alle gesund belaubt. Allerdings hatten sie für ihre Größe von bis zu 30 Metern einen sehr kleinen Wurzelteller, so dass sie nicht mehr standhaft waren. Gründe dafür liegen vermutlich in den Bodenverhältnissen, aber auch in der Veränderung klimatischer Bedingungen und damit auch in der Absenkung des Grundwasserspiegels. „Die fehlenden Zugwurzeln der Bäume fallen bei den Kontrollen nicht auf“, so Friedrich. „Das sehen wir erst, wenn die Bäume umgestürzt sind, deswegen können wir nicht herausfinden, welche Bäume nicht mehr standsicher sind.“
© Stadt Marburg, Sabine Preisler
„Die Fachleute sind sich einig, dass es durchaus eine ,waldtypische Gefahr‘ ist, wenn in einem nicht bewirtschafteten alten Wald ohne vorherige Anzeichen Bäume umstürzen“, erklärte Stötzel. Dennoch reiche es nach juristischen Prüfung nicht aus, nur an den Bänken und Schutzhütten Maßnahmen zur Verkehrssicherung zu ergreifen. Das weiträumige Fällen von Bäumen jedoch würde sowohl dem Umweltschutzgedanken, als auch der Naherholung widersprechen, so der Umweltdezernent. Das sieht auch die Obere Naturschutzbehörde so, die bei einem Ortstermin eine Fällung in diesem Ausmaß ausgeschlossen hat, weil es den Erhaltungszielen des Schutzgebietes widersprechen würde. „Da wir wissen, dass es auch ein erhebliches Interesse der Bürgerinnen und Bürger an der Nutzung dieses Waldes gibt, wollten wir das Betretungsverbot aber auch nicht dauerhaft beibehalten. Rechtlich gesehen bleibt uns aber nur die Möglichkeit, ausdrücklich auf die Gefahren hinzuweisen und dass ein Betreten nur auf eigene Gefahr möglich ist“, so Stötzel. Verkehrssicher kann der Dammelsberg nur noch über den nördlich verlaufenden Weg begangen werden. Dieser führt zum Teil über Privatgelände.
Zuständig für das seit 2008 als FFH-Gebiet ausgewiesene europäische Schutzgebiet ist die Obere Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium, die Stadt Marburg ist als Grundstückseigentümerin für die Verkehrssicherung verantwortlich. Per Verordnung wurde der Dammelsberg wegen seiner „hohen ökologischen Wertigkeit“ zum FFH-Gebiet – dort gibt es einen hohen Anteil an alten Eichen und Totholz, die einen besonderen und schützenswerten Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten bieten.
Welche Wege offen sind und wo das Betreten ausdrücklich nur auf eigene Gefahr stattfindet, ist auf dieser Karte zu sehen.