© Birgit Heimrich, Stadt MarburgEnde März hat das Bundeskriminalamt die Polizeiliche Kriminalstatistik für 2019 vorgestellt: Zum dritten Mal in Folge sank die Zahl der Straftaten in Deutschland auf einen historischen Tiefststand. Auch die erfassten Fälle im Bereich Gewaltkriminalität sanken gegenüber dem Vorjahr um 2,3%. Der positive Trend der Sicherheitsentwicklung scheint in Medien und Öffentlichkeit jedoch nicht anzukommen: In Presse und sozialen Netzwerken werden oft und immer wieder neue Schreckensmeldungen berichtet. Ängste scheinen zuzunehmen.
Um beide Problemlagen zu bearbeiten, die Sicherheitsgefährdung durch Tatgelegenheiten zu senken und das subjektive Sicherheitsempfinden zu verbessern, haben das Gleichberechtigungsreferat der Universitätsstadt Marburg und das Projekt „EinSicht – Marburg gegen Gewalt“ die Checkliste „Subjektives Sicherheitsempfinden im öffentlichen Raum stärken“ sowie die Broschüre „Sicherheitsempfinden in der Öffentlichkeit“ erstellt. Beide Veröffentlichungen erfolgen im Rahmen der Umsetzung der Europäischen Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern.
© Stadt Marburg, Birgit Heimrich„Menschen klagen oft über Ängste und Unsicherheitsgefühle in öffentlichen Räumen. Auch in Marburg gibt es Orte, die manche als unsicher oder gar bedrohlich empfinden“, berichtet Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies: „Anhand von Beispielen möchten wir mit unserer Broschüre „Sicherheitsempfinden in der Öffentlichkeit“ grundlegende Erkenntnisse zu diesem Thema einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen und gleichzeitig für gewaltpräventive Ansätze im Städtebau werben.“
Mit Blick auf die gleichzeitig erschienene Checkliste „Subjektives Sicherheitsempfinden im öffentlichen Raum stärken“ ergänzt Bürgermeister und Baudezernent Wieland Stötzel: „Präventive Maßnahmen müssen im Baubereich immer mitbedacht werden – am besten bereits bei der Planung. Mit entsprechender Beleuchtung oder Grünschnittmaßnahmen kann man da bereits viel bewirken. Neben Informationen für die breitere Öffentlichkeit braucht es auch Formate, um die bestehende Expertise aus der Kriminalprävention in Form konkreter Leitlinien aufzubereiten. Die Checkliste fasst hier die wichtigsten Empfehlungen für die Praxis zusammen.“
© Simone Schwalm, Stadt MarburgDie Ausarbeitung der zwei städtischen Publikationen folgt auch einem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zur Berücksichtigung von Aspekten der Gewaltprävention und Sicherheit im Städtebau und ist ein echtes Gemeinschafsprodukt verschiedener Fachdienste und Fachkräfte der Stadtverwaltung: Von Dr. Christine Amend-Wegmann, Laura Griese und Janis Loewe aus dem Gleichberechtigungsreferat und Johannes Maaser, Koordinator von „Einsicht – Marburg gegen Gewalt“ im Fachbereich Öffentliche Sicherheit, Ordnung und Brandschutz wurden sie auf den Weg gebracht. An der inhaltlichen Abstimmung beteiligt waren außerdem die Fachdienste Stadtplanung und Denkmalschutz, Hochbau, Tiefbau sowie Klimaschutz, Stadtgrün und Friedhöfe.
„Zum Sicherheitsempfinden in Marburg haben Prof. Dr. Ulrich Wagner und ich über das Projekt „EinSicht“ seit 2014 diverse Forschungsprojekte und sieben Abschlussarbeiten am Fachbereich Psychologie der Philipps-Universität Marburg betreut,“ berichtet Sozialpsychologe Johannes Maaser. Dabei wurden unterschiedliche Ansätze verfolgt, z. B. Beobachtungen von Orten, Telefonbefragungen oder auch Ortsbegehungen mit Zivilgesellschaft, Verwaltung und Ordnungsbehörden. „Mit der Broschüre und der Checkliste werden diese Ergebnisse den Marburger*innen nun nochmal alltagsverständlich zugänglich gemacht.“
Dr. Christine Amend-Wegmann, Leiterin des Fachbereichs Zivilgesellschaft, Stadtentwicklung, Migration und Kultur, betont: „Städtebauliche Maßnahmen sind ein gangbarer Weg, damit sich Menschen an Orten sicher fühlen können. Genauso wichtig ist es aber, auch soziale Phänomene wie Sexismus und andere Arten der Diskriminierung in den Blick zu nehmen, die dafür sorgen, dass Menschen sich bedroht fühlen. Wenn wir über Sicherheit sprechen, müssen wir daher immer auch bei Geschlechterrollen ansetzen. Frauen und Mädchen müssen sich ihre Stärken bewusstmachen, damit sie sich angstfrei und gleichberechtigt überall in unserer Stadt bewegen können. Selbstbehauptungskurse sind dafür sehr gut geeignet.“
Die Checkliste der Stadtverwaltung der Universitätsstadt Marburg für Bau- und Planungsvorhaben „Subjektives Sicherheitsempfinden im öffentlichen Raum stärken“ sowie die Broschüre „Sicherheitsempfinden in der Öffentlichkeit“ sollen praktische Hilfestellungen bieten, wie unterschiedliche Akteure das subjektive Sicherheitsempfinden positiv beeinflussen können und zu einem besseren Verständnis des Themas beitragen. Beide Publikationen werden nach Kenntnisnahme durch den Magistrat hier veröffentlicht.