© Stadt Marburg, Birgit Heimrich
„Mit einer Dorfchronik kann man sich in unserer schnelllebigen Zeit, in der sich Dörfer und ihre Strukturen sehr schnell verändern, darauf besinnen, wo wir herkommen. Eine solche Chronik hilft, die Errungenschaften der Geschichte gebührend zu würdigen und dadurch ein besseres Bewusstsein für die Gegenwart zu entwickeln“, sagte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies vor der Kulturscheune. Dazu trage die Arbeit des Michelbacher Arbeitskreises Dorfchronik bei.
Der Arbeitskreis hat das Buch aus Anlass des Dorfjubiläums erstellt. Unterstützt wurden die Michelbacher von Wissenschaftlern der Philipps-Universität und des Hessischen Amtes für geschichtliche Landeskunde sowie vom Hessischen Staatsarchiv und Marburger Stadtarchiv. „Herausgekommen ist ein vielschichtiges Buch, das Interessantes für Alteingesessene, Zugezogene und auch für Nicht-Michelbacher enthält“, so Thomas Spies. Zugleich ist die Chronik ein Beitrag für die Wissenschaft.
Schaut man auf die schriftlichen Überlieferungen, ist Michelbach viele Jahrhunderte älter als die Stadt Marburg selbst. Die erste Erwähnung des Orts unter dem Namen „Michelbergere marcha“ stammt aus einem Codex des Klosters Fulda. Doch die Geschichte des Dorfes und seiner Umgebung ist noch älter, wie steinzeitliche Funde nahelegen. Sie werden genauso beschrieben wie geologische Besonderheiten. Auch weitere alte Urkunden finden Beachtung.
All das hat der Arbeitskreis Dorfchronik zusammengetragen. Die ehrenamtlichen Autoren unternehmen einen „Ritt durch die Geschichte“, sie erzählen von den Folgen der Pest, von der Rolle Michelbacher Soldaten im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg oder von den Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs. Besonders anschaulich wird das Leben im alten Dorf geschildert, mit seinen Fachwerkhäusern, Straßen und Höfen. Ausführlich behandelt wird auch die Kirche mit ihren Besonderheiten. Am Beispiel von Schmidts Hob macht das Buch bäuerliches Leben über 200 Jahre nachvollziehbar – nebenbei war dieser Hof sogar Kulisse für einen Heimatfilm der 60er Jahre. Die Stadtschrift gibt zudem Einblicke in die Alltagskultur, zum Umgang mit Branntwein, zu Jagdbräuchen und zur Tracht.
Vor allem erzählt die Chronik von den Menschen – ob es die sind, die aus dem Dorf in den Krieg ziehen mussten, oder die, die sich heute in den Vereinen engagieren. Ob es um die alten Hausnamen geht, um das Schicksal von Soldatenkindern oder die historische Weinstraße – das Buch lädt zum Blättern und Stöbern ein.
„Mit dem Band der Marburger Stadtschriften ist der Anfang gemacht, der unser Dorf, unseren Stadtteil besser zu verstehen hilft“, sagte Ortsvorsteher Peter Aab bei der offiziellen Vorstellung. Und er ist überzeugt: „Die Dorfchronik gehört in jeden Michelbacher Haushalt“. Aab gehört zusammen mit Jürgen Damm, Georg Fülberth, Stephan Muth, Nortrud Schrammel-Schäl, Julia Wackerbarth, Hartmut Wild und zeitweise Siegfried Becker zum Redaktionsteam des Arbeitskreises. Die Schriftleitung für den neuen Band der Stadtschriften-Reihe hatte der frühere Leiter des Marburger Stadtarchivs, Dr. Ulrich Hussong, der selbst auch als Autor mitwirkte. Insgesamt schrieben 17 Autorinnen und Autoren an dem Buch.
Die erste Idee für die Chronik und die Gründung des Arbeitskreises reicht bis in die 1990er Jahre zurück. Mit dem Ziel des 1200-jährigen Dorfjubiläums vor Augen arbeitete das Redaktionsteam seit etwa drei bis vier Jahren konzentriert am Projekt. „Eine ganz tolle Sache“ ist für Julia Wackerbarth diese Zeit in der Redaktion. Und nicht nur das – auch das Dorfleben in Michelbach sei einfach wunderbar, berichtete die Neubürgerin beim Pressetermin. „Das letzte Jahr bis zur Fertigstellung war dann aber schon auch ein bisschen Stress“, erzählte Autor und Redaktionsmitglied Jürgen Damm. Unschätzbar sei die Hilfe der Professoren Dr. Georg Fülberth und Dr. Siegfried Becker gewesen, so Aab, Damm und Wackerbarth übereinstimmen. Ebenso wertvoll und unabdingbar war die Unterstützung von Dr. Hussong und von Grafiker Tom Engel bei der praktischen Ausgestaltung des 480 Seiten umfassenden Werks.
Apropos Ausgestaltung: Als bisher einzige Ausgabe in der Reihe der Marburger Stadtschriften trägt die Michelbacher Dorfchronik einen Vogel im Titel – ein Rotschwänzchen. „Das ist der Spitzname des Ortes, ursprünglich spöttisch, mittlerweile aber auch der Eigenname der Michelbacher, ein Stück Identität“, erklärte Ortsvorsteher Aab.
Der Band 107 der Marburger Stadtschriften zur Geschichte und Kultur ist ab sofort erhältlich. Das 480 Seiten starke Buch mit Farbabbildungen kostet 18 Euro und erscheint im Rathaus-Verlag, ISBN 978-3-942487-09-2.
Verkauf und Bestellungen: Fachdienst Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Markt 8, (06421) 201-1346, oeffentlichkeitsarbeit@marburg-stadt.de, online auf www.marburg.de unter Service Rathaus, Stadt-Information, Rathaus-Verlag, über den Buchhandel sowie im Ortsvorsteherbüro in der Kulturscheune Michelbach, Michelbacher Straße 9 a, mittwochs von 18 bis 19.30 Uhr.