Das 16. Ökumenegespräch beginnt am 26. Januar um 9 Uhr in der Alten Aula der Philipps-Universität.
„Diskriminierung“ und „Identität“ sind zentrale Begriffe in gegenwärtigen gesellschaftlichen und politischen Debatten. Darin sind sich alle beteiligten Veranstalter einig. „Das diesjährige Thema ist spannend und prägt die öffentliche Diskussion stark“, sagt Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. Er erwartet, dass sich wegen der Aktualität des Themas auch viele jüngere Menschen am Ökumenegespräch teilnehmen. „Das würde das Ökumenegespräch sehr bereichern – ebenso wie die drei Referentinnen, die ein breites Spektrum abdecken.“
Für die Kirchen hat das Thema „enorme Sprengkraft“, erklärt Dekan Burkhard zur Nieden vom evangelischen Kirchenkreis Marburg. Denn: Die Kirche wirke weit über Mitteleuropa hinaus. Viele protestantische Migrantinnen und Migranten schlössen sich der evangelischen Kirche nicht an, weil sie gegenüber den Kirchen und Familien in der Heimat nicht vertreten könnten, zu einer Kirche zu gehen, die homosexuelle Menschen traut. „Wir wissen, was wir tun, und wir tun es bewusst“, sagt zu Nieden zur Themenwahl, „aber es hat auch Auswirkungen“.
Diskriminierung und Identität sind auch Thema in der katholischen Kirche, ergänzt Dr. Markus Lersch vom Katholisch-Theologischen Seminar der Philipps-Universität. Es gebe konservative und liberale Gruppierungen, es gebe die Diskussion um eine einheitliche christliche Identität oder eine „Identität der Vielen“. Und: „Bringt die einheitliche Identität eine Ausgrenzungsperspektive mit sich oder gerade eben nicht?“. Das Marburger Ökumenegespräch sei ein Rahmen, in dem solche Fragen offen und über Konfessionsgrenzen hinweg diskutiert werden könnten. „Wir alle trauen diesem Format zu, dass es das Thema bewältigen kann“, so zur Nieden.
Die drei Referentinnen des Tages decken dabei unterschiedliche Seiten ab. Von katholischer Seite hält Prof. em. Dr. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, Erlangen, ein Referat. Eine evangelische Sicht und ebenso ihre Berliner Erfahrungen bringt die Bundespolitikerin Katrin Göring-Eckardt ein. Soziologisch argumentiert Prof. Dr. Monika Wohlrab-Sahr, Leipzig. „Damit stehen dann Einsichten zur Verfügung, die künftig auch in den Debatten der Marburger Zivilgesellschaft um Diskriminierung und Identität hilfreich sein können“, erklärte Dekan Burkhard zur Nieden.
Nach der Eröffnung um 9 Uhr sprechen die drei Gastreferentinnen bis 10.45 Uhr. Von 11.15 Uhr bis 12.45 Uhr steht eine Podiumsdiskussion auf dem Programm, moderiert von Prof. Dr. Malte Dominik Krüger (FB Evangelische Theologie). Nach der Mittagspause leitet Dekan zur Nieden von 14 bis 15.45 Uhr eine Gesprächsgruppe. „Die Gespräche in der Podiumsdiskussion sind manchmal so bewegend, dass die Teilnehmenden noch Redebedarf haben. Dem soll hier Raum gegeben werden“, erklärt Kariona Kupka-Stavrou (stellvertretende Fachdienstleitung Kultur).
Ab 15.45 Uhr halten Propst Helmut Wöllenstein und Dechant Franz Langstein einen ökumenischen Gottesdienst in der Universitätskirche.
Die Referentinnen:
Katrin Göring-Eckardt ist seit 1998 Mitglied des Deutschen Bundestags. Von 2005 bis 2013war sie Vizepräsidentin des Parlaments, seit 2013 ist sie Vorsitzende der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Von 2009 bis 2013 war Göring-Eckardt zudem Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland und Mitglied des Rates der EKD. 2011 war sie Präsidentin des 33. Deutschen Evangelischen Kirchentages in Dresden.
Prof. Dr. Dr. h.c. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz ist seit 2011 Vorstand des Europäischen Instituts für Philosophie und Religion an der Philosophisch-theologischen Hochschule Benedikt XVI. Zuvor wurde sie unter anderem auf den neugegründeten Lehrstuhl für Religionsphilosophie und vergleichende Religionswissenschaft an der TU Dresden berufen. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf der Religionsphilosophie der Moderne, der zeitgenössischen Phänomenologie und der Anthropologie der Geschlechter.
Prof. Dr. Monika Wohlrad-Sahr hat Evangelische Theologie in Erlangen und Evangelische Theologie und Soziologie in Marburg studiert. Seit 1999 ist sie Professorin an der Universität Leipzig, zunächst für Religionssoziologie, seit 2006 für Kultursoziologie. Ihre Forschungen bewegen sich im Bereich der Religionssoziologie, zuletzt mit Fokus auf dem Thema Säkularität.