© Nadja Schwarzwäller i.A.d. Stadt Marburg
64 ziemlich trostlos wirkende Quadratmeter Erde – mit denen fing vor inzwischen fast sieben Jahren alles an. Auf dem Gelände neben dem Bürgerhaus in der Marbach wollte Christa Stuwe gemeinsam mit etwa einem Dutzend ebenfalls gartenbegeisterter Menschen die Idee eines „Mitmachgartens“ in die Tat umsetzen. Das Vorbild waren alte Klostergärten. Ziel war es, das Wissen um Kräuter und ihre Verwendung zu bewahren und weiterzugeben. Sowohl von der Universitätsstadt Marburg wie auch vom Marbacher Ortsbeirat und dem damaligen Ortsvorsteher Ulrich Rausch kam Unterstützung – und schon bald spross, wuchs und blühte es.
Ein „buntes Gemisch“ hatte sich Initiatorin Christa Stuwe damals für die Zukunft gewünscht – sowohl auf die Pflanzen wie auch auf die Beteiligten am Projekt bezogen. Ihr Wunsch ging in Erfüllung: Vom Kindergartenkind bis hin zu Senior*innen waren in den vergangenen Jahren die unterschiedlichsten Menschen vor Ort und haben gebuddelt und geerntet, etwas hergestellt und dabei gelernt. Durch die Corona-Pandemie konnte die Arbeit, wie in vielen anderen Projekten, nicht wie gewohnt weitergehen – auch wenn es immerhin möglich war, dass weiterhin vor Ort zumindest etwas getan werden konnte, weil es unter freiem Himmel und mit Abstand möglich war, Schutzmaßnahmen einzuhalten.
Zusammenkünfte und Workshops, wie sie darüber hinaus sonst zum regelmäßigen Programm gehörten, können allerdings aktuell nicht stattfinden. Und weil Not erfinderisch macht, wurden einzelne Aufgaben dann eben auf einzelne Schultern verteilt. Viele Freiwillige haben zum Beispiel Senf aus den geernteten Kräutern hergestellt, Gewürze gemahlen oder Seifen gegossen. „Aktuell bereiten sich mehrere Beteiligte darauf vor, Gemüse zuhause auszusäen und vorzuziehen“, berichtet Christa Stuwe. Im Garten selbst sei über den Winter wenig zu tun, aber es laufen bereits die Vorbereitungen auf die kommende Gartensaison.
Alles soll im Sinne der Permakultur sein – übersetzt „permanente Landwirtschaft“ oder auch zu verstehen als „Gärtnern im Einklang mit der Natur“. Und weil im Frühjahr weitere Beete, neue Bäume und Sträucher angelegt werden sollen, hat sich der Mitmachgarten um eine Förderung bei den „Nachbarschaftsprojekten im Klimaschutz“ beworben. „Wir wollen den Garten stetig weiter entwickeln und nur samenechte Sämereien verwenden sowie Pflanzen, die auch der Insektenwelt dienen“, erklärt Christa Stuwe. Im Laufe der vergangenen Jahre sind zu den ursprünglichen 64 Quadratmetern, mit denen das Projekt gestartet ist, mehr Fläche und weitere Beete hinzugekommen. Es wachsen nicht nur einheimische und mediterrane Kräuter, sondern auch noch Rosen, Obstbäume, Beerensträucher und Gemüsesorten. Alles wird ausschließlich ökologisch bewirtschaftet, alles wird geerntet und verarbeitet.
Momentan ist wenig zu tun – trotzdem lässt sich im Mitmachgarten einiges entdecken. Auch im Winter wächst zum Beispiel Spinat oder Portulak, der sich selbst ausgesät hat und als Salat gegessen oder zu einem Pesto verarbeitet werden kann. „Wir leisten einen Beitrag zur Biodiversität in der Stadt und haben damit auch eine Vorbildfunktion“, sagt Christa Stuwe. Der Garten ist außerdem ein Lernort und ein Ort der Begegnung für Alt und Jung, wo nachhaltige Bildung stattfinden kann. Dahinter steckt der Gedanke, wer lernt, mit wie viel Arbeit es verbunden ist, Lebensmittel herzustellen, entwickelt automatisch auch Respekt und ein anderes Verhältnis zur Natur.
Mit der Förderung als „Nachbarschaftsprojekt im Klimaschutz“ sollen neue Bäume, Sträucher, Pflanzen und Sämereien angeschafft werden. Ziel ist, dass auch mitten in einem Marburger Stadtteil im kommenden Jahr grüner Spargel wächst. Zudem stehen neue Geräte und zwei Komposter auf der Liste der Dinge, die für die Arbeit im Garten benötigt werden. Außerdem sollen Hinweisschilder das Projekt erläutern und Pflanzenbeschreibungen liefern – damit sich Spaziergänger*innen und Anwohner*innen nicht nur am Anblick des Gartens erfreuen, sondern sogar im Vorbeigehen noch etwas lernen können.