© Stefanie Profus, i. A. d. Stadt Marburg
„Es kann ja nicht nur an Einzelnen hängen, dass das Sprechen möglich wird“, sagte eine Stimme aus dem Off. Es war eine Stimme von vielen, die am Abend des Internationalen Frauentags zu hören war, um mit der Performance „#metoo. Ein Plädoyer für das Sprechen“ das Publikum zum Sprechen einzuladen. Seit mehr als 100 Jahren erinnert dieser Tag bereits daran, dass die Gleichberechtigung und Gleichbehandlung von Frauen* noch nicht erreicht sind. Weltweit finden aus diesem Anlass Demonstrationen und Proteste, aber auch künstlerische Aktionen statt. „In diesem Jahr können wir dank des Engagements der Intendantinnen des Hessischen Landestheaters Marburg diese Performance nach Marburg holen. Es ist eine Gelegenheit, sich künstlerisch der #metoo-Debatte zu nähern, die in den vergangenen drei Jahren weltweit das Ausmaß von Sexismus und sexualisierter Gewalt gegen Frauen sichtbar gemacht hat“, sagte Dr. Christine Amend-Wegmann, Leiterin des Gleichberechtigungsreferats der Universitätsstadt Marburg.
Die Darbietung von Ute Rauwald, Andrea Fischer, Dagmar Rauwald und Harald Kainer ist eine Produktion des weltweit bekannten Hamburger Produktionshauses Kampnagel. Sie widmet sich dem Thema „Gewalt und Sexismus im Theater“ – und der Frage, was es für die Betroffenen schwer macht, über das Erlebte zu sprechen. Grundlage waren Interviews mit Schauspieler*innen und Mitarbeiter*innen am Theater über ihre persönlichen Gewalt- und Sexismuserfahrungen im Theaterbetrieb, welche die Hörinstallationen bildeten. „Die Kunst- und Kulturszene war 2017 der Ausgangspunkt der #metoo-Debatte. Schauspieler*innen begannen damals, unter diesem Hashtag ihre Erfahrungen von sexueller Gewalt weltweit öffentlich zu machen. Seitdem hat das Hashtag international eine breite Resonanz erfahren und die Debatte ist eigentlich nie so richtig abgerissen“, sagte Intendantin Carola Unser. Mit der Performance kehre die Debatte zurück zu ihren Ursprüngen. „Aufgearbeitet werden Erfahrungen aus dem Theaterbetrieb für ein breites Publikum, das eingeladen wird, ins Sprechen zu kommen und weiter zu sprechen. Das ist ein sehr wichtiger Ansatz“, lobte Intendantin Eva Lange.
Die interaktive Aufführung bot verschiedene Zugänge zum Thema. Neben kurzen Performance-Einheiten, der Hörinstallation gepaart mit Filmsequenzen, standen in einem Podium Expert*innen für Fragen zur Verfügung: Anwältin Diana Cosic, Juliane Löffler, Chefredakteurin des unabhängigen Recherche-Netzwerks BuzzFeed, und Diplom-Psychologin Anais Zottnick vom Institut für Traumabearbeitung in Frankfurt am Main. Mitwirkende waren Deborah Appiagyei sowie zwei Ensemblemitglieder des Hessischen Landestheaters Marburg, Jorien Gradenwitz und Simon Olubowale. In den Filmaufnahmen waren außerdem Kevin Wilke und Frieder Langenberger zu sehen.
Die Performance wurde in Gebärdensprache übersetzt und aufgrund des großen Publikums in den großen Theatersaal live übertragen. Im Anschluss waren die rund 300 Besucher*innen eingeladen, bei einer Suppe und Musik der Gruppe „Bloody Merry“ weiter im Gespräch zu bleiben.
Die Veranstaltung fand in Kooperation mit dem städtischen Gleichberechtigungsreferat und dem kommunalen Frauenbüro des Landkreises Marburg-Biedenkopf statt. Sie wurde vom Fachdienst Kultur der Universitätsstadt Marburg finanziell unterstützt.
Hintergrund zu #metoo
Im Herbst 2017 hatte die Schauspielerin Alyssa Milano betroffene Frauen* von sexueller Gewalt dazu aufgerufen, ihre Erfahrungen unter dem Hashtag #metoo öffentlich zu machen. Daraufhin äußerten sich mehrere Hollywood-Schauspieler*innen zu belastenden Erfahrungen von sexueller Gewalt, unter anderem mit dem Filmproduzenten Harvey Weinstein. Schnell wurde das Hashtag #metoo auch außerhalb von der Film- und Theaterbranche millionenfach verwendet und machte das Ausmaß von Sexismus und sexualisierter Gewalt gegen Frauen* sichtbar.