Im vergangenen Sommer hatte der Magistrat unter Beteiligung von Nachbarn, Nutzern, Bürgerinnen und Bürgern, Fachleuten und Parlament eine beispielgebende Konzeptausschreibung durchgeführt. Wesentliche Kriterien für die Entscheidung waren Denkmalschutz, Architektur, Gestaltung, städtebauliches Konzept und Art der Nutzung, Wirtschaftlichkeit, Realisierungszeitraum und energetisches Konzept. Im Zusammenhang mit der städtischen Sanierung der Waggonhalle soll das gesamte Areal saniert und zu einem attraktiven Ort weiterentwickelt werden.
Der neue Eigentümer, die Bietergemeinschaft Drehscheibe Lokschuppen GbR, war aus diesem Verfahren mit ihrem Nutzungskonzept erfolgreich hervorgegangen. Mit dem Kaufvertrag vom 13. März 2018 verpflichtet sich die GbR – bestehend aus der Schneider Immobilienverwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG und C + P Dynamic Living Sources GmbH & Co. KG – dazu, das Nutzungskonzept gemäß dem Verfahren der Konzeptausschreibung umzusetzen.
Nachdem die Stadtverordnetenversammlung im Herbst den Verkauf beschlossen hatte, waren umfangreiche Vertragsinhalte mit komplexen Detailfragen zwischen den Akteuren (Stadt, GeWoBau als Sanierungsträger und Treuhänder, Schneider und C + P) zu klären, die nun abgeschlossen werden konnten. Parallel wurden die Planungen der Bietergemeinschaft maßgeblich vorangetrieben.
Das Konzept der GbR von Schneider und C + P umfasst im Wesentlichen drei Teile:
- Im Lokschuppen entsteht zum einen ein Veranstaltungsbereich für kulturelle Events, Konferenzen, Start-Up-Foren oder private Feiern. Der Bereich ist für 530 Sitzplätze in Kinobestuhlung konzipiert und kann durch mobile Trennwände untergliedert werden. Hierbei soll hinsichtlich der Raumgröße und der geplanten Preisstruktur das mittlere Preissegment (mit Ermäßigung für Non-Profit-Veranstalter) bedient werden.
- Der zweite Teil des Lokschuppens wird das Kreativ- und Gründerzentrum beherbergen. Es entstehen Büro- und Arbeitsräume in Form von gläsernen Kuben mit offenen und geschlossenen Arbeitsbereichen. Sie werden individuell gestaltet, bleiben aber dennoch als architektonische Gesamtstruktur erkennbar. Zwischen beiden Bereichen ist ein verbindendes Restaurant mit Bio-Fair-Trade-Produkten vorgesehen.
- Dritter Teil ist der Umbau des Werkstattgebäudes zu einem Hotel, das mit dem Lokschuppen ein bauliches Ensemble bildet und sich aus den Grundmauern des Werkstattgebäudes heraus entwickelt. Es greift den Industriecharakter des Geländes auf. Passend zum Klinkermauerwerk ist für die oberen Geschosse eine Cortenstahlfassade in Rotbraun-Tönen vorgesehen.
Um den Charakter des Ensembles wahrnehmbar zu machen, soll der Platz zur Drehscheibe hin eine Freifläche bleiben.
Um ausreichend Parkraum zu sichern, soll über der bereits jetzt bestehenden Parkplatzfläche am Waggonhallengelände ein Parkdeck errichtet werden. Die Bietergemeinschaft erhält ein Erbbaurecht, baut das Parkdeck über der bestehenden Parkfläche und gibt der Stadt ein kostenfreies Nutzungsrecht für die bereits bestehenden Parkplätze. Darüber hinaus wurde eine Mitnutzung für das Parkhaus der Käthe-Kollwitz-Schule außerhalb der Unterrichtszeiten vereinbart. Der Zugang und die Erreichbarkeit der benachbarten Waggonhalle werden nicht beeinträchtigt.
Gemeinsames Ziel war es laut Stadt Marburg, ein Modell zu finden, das eine einheitliche und soziale, aber gleichzeitig auch betriebswirtschaftlich darstellbare Kostenstruktur für alle Nutzerinnen und Nutzer des Waggonhallenareals beinhaltet.
Mit diesen Schritten hat die Stadt Marburg die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Schneider und C+P ihr Konzept konkretisieren, umsetzen und mit Leben füllen können. Darüber hinaus hat sie mit dem Verkauf des Lokschuppens ein wichtiges Ziel im Rahmen der Stadtsanierung erreicht: Der denkmalgeschützte und für das Waggonhallenareal ganz wesentlich prägende Lokschuppen wird erhalten sowie revitalisiert und der Kulturstandort durch neue und ergänzende Nutzungen auf dem Gelände gestärkt. Das gesamte Waggonhallenareal als zentraler Ort für Marburgs Stadtgesellschaft und für Gäste erfährt die dringend nötige Wiederherstellung und Aufwertung.