Das Ziel unserer Exkursion war es, die Verbindung zur Universität Poitiers zu erneuern und den Austausch zwischen den Partnerstädten Marburg und Poitiers zu intensivieren. Was auf den ersten Blick etwas abstrakt klingt, führte während unserer Exkursion zu vielen herzlichen Begegnungen und lebendigen Diskussionen zwischen allen Teilnehmern, ob Deutsche oder Franzosen. Die französische Sprache wurde intensiv geübt. Es folgt ein kleiner Bericht über die Ereignisse während der Exkursion.
Tag 1:
Am Ende der Zugfahrt von Marburg nach Poitiers, die ohne größere Probleme vonstatten ging, wurden wir netterweise am Bahnhof von einer Gruppe französischer Studentinnen und Dozierenden empfangen. Sie zeigten uns unsere Unterkünfte (bei ihnen zu Hause oder in einer Jugendherberge) und führten uns zu einem ersten abendlichen Treffen im Innenhof der Universität (Fakultät für Literatur und Sprachen). Mit einer Auswahl aus unseren Mitbringseln aus Deutschland und kleiner Gerichte der französischen Austauschstudenten verwöhnt, lernten wir einige interessante Menschen kennen, die uns von ihren Abenteuern und Erfahrungen berichteten: Die Studentin Tiphaine Jeannot und das Team des queeren Künstlerkollektivs "la colocdrag" hatten sich 2021 mehrere Tage Zeit genommen, Marburg zu reisen, um die Besonderheiten der dazwischenliegenden Regionen zu entdecken und sich mit LGBT-Bürgerinnen und -Bürgern vor Ort auszutauschen. Außerdem trafen wir den Filmemacher Chris Dussoir, der bei den Dreharbeiten im Rahmen des Projektseminars “Landeskunde mit Didaktik” des letzten Wintersemesters für den Deutsch-Französischen Tag 2022 in den Straßen von Marburg und Poitiers mitgewirkt hatte.
Tag 2:
Was macht man wenn man in Poitiers ist? Man genießt die Kultur und natürlich das gute Essen (insbesondere die lokalen Spezialitäten)! An diesem Tag entschieden wir uns, mit den französischen Studentinnen, die uns am Vortag empfangen hatten, mehr über die Stadt und ihre kulinarischen Angebote zu erfahren. Die erste Gelegenheit dazu bot sich auf dem Markt im Stadtzentrum, wo wir eine Reihe frischer Lebensmittel aus der Region für ein Picknick zusammenstellten. Allerdings hatten wir nicht nur Appetit auf Essen, sondern auch auf Kultur, sodass wir zunächst ein klassisches Konzert in der Mediathek von Poitiers besuchten, das im Rahmen des "joli mois de l'Europe" veranstaltet wurde. Anschließend ruhten wir uns auf der Wiese im Parc de Blossac aus und genossen unser Picknick, das wir auf dem Markt gekauft hatten: verschiedene Käsesorten, Wurstwaren und vor allem „tourteaux
fromagers“, köstliche Kuchen aus Ziegenkäse. Am Nachmittag haben wir die Stadt durchstreift. Eine interessante Situation spielte sich auf dem Platz vor dem Rathaus ab: Ein Stand bot den ein Geografiespiel an, bei dem wir versuchten, die Hauptstädte von ganz Europa auf einer großen Karte zuzuordnen. Als überzeugte Europäer nahmen wir diese Herausforderung natürlich an und meisterten sie! Am Ende unseres Spaziergangs durch Poitiers versammelten wir uns zum Essen beim Truck-Festival auf der Îlot Tisot. Dort spielten wir Gesellschaftsspiele, die wir uns vor Ort ausgeliehen hatten. Dabei lernten einige von uns das mehrfach ausgezeichnete Spiel „Dixit“ kennen, das von Jean-Louis Roubira in Poitiers erfunden wurde.
Tag 3:
Am Sonntag konnten wir frei entscheiden, was wir unternehmen wollten, und teilten uns daher in zwei Gruppen auf. Die erste Gruppe blieb vor Ort in Poitiers und verbrachte den Tag mit den französischen Studentinnen, mit denen sie sich gemeinsam Filme ansahen. Die zweite Gruppe reiste zur Küstenstadt La Rochelle, um dort durch die Innenstadt zu schlendern und am Strand zu liegen. Es war ein schöner Tag und das Meer erstreckte sich so weit das Auge reicht - ein prägendes Bild, das wir mit auf die Rückfahrt nach Poitiers nahmen.
Tag 4:
Am Europatag fand sich unsere kleine Gruppe in einer Ansammlung von Studenten und Schülern am Rathaus wieder. Während wir noch die beeindruckende Renaissance-Architektur des Gebäudes bewunderten, schlossen wir uns vor der Tür zu einem Gruppenfoto zusammen. Im Rathaus betraten wir einen großen Saal mit Gemälden an den Wänden und Fresken des Künstlers Puvis de Chavannes an der Decke. Die Bürgermeisterin begrüßte uns herzlich und betonte ihre Absicht, den interkulturellen Kontakt zwischen den Partnerstädten Marburg und Poitiers zu stärken. Die Dozierenden nutzten die Gelegenheit ebenfalls, um sich bei der Bürgermeisterin und ihrem Team für den freundlichen Empfang zu bedanken. Im Anschluss erhielten alle Anwesenden kleinere Souvenirs wie eine Stofftasche, einen Kugelschreiber und eine Tasse. Für einen solchen Austausch wie den unseren ist es wichtig, sich den Rahmen vor Augen zu führen, der notwendig ist, um diesen Kontakt auf kultureller, sprachlicher und persönlicher Ebene herzustellen: Wir brauchen Frieden. Frieden zwischen Frankreich und Deutschland, Frieden in ganz Europa. Um darüber nachzudenken, was Europa für
uns bedeutet, gingen wir noch einmal in die Fakultät. Dort machte sich jeder von uns daran, im Rahmen des Schreib- und Übersetzungsworkshops, den Madame Valérie de Daran und Monsieur Bastian Kiefert (Dozierende der Universität Poitiers) vorbereitet hatten, ein paar Worte über Europa zu schreiben. Einige Texte wurden von ihren Autoren vorgestellt, darunter waren Texte auf Französisch ebenso wie auf Deutsch. Um die politischen und zivilisatorischen Aspekte unseres Austauschs weiter zu vertiefen, gingen wir ins Stadtzentrum, vorbei am Place Charles de Gaulle, wo am
Samstag zuvor der traditionelle Markt stattgefunden hatte. Im Saal des Kulturerbes diskutierten wir über drei Themen: Sprachenvielfalt, Bürgerbeteiligung und Ökologie. Das erste Thema wurde von Herrn Kiefert, einem Dozenten an der Universität von Poitiers, vorgestellt. Es wurden Ideen über die sprachlichen Unterschiede zwischen Deutsch und Französisch ausgetauscht und darüber nachgedacht, was es bedeutet, eine politische Einheit wie die Europäische Union mit vielen verschiedenen Sprachen und Kulturen zu bilden. Was die Bürgerbeteiligung angeht, haben wir die Arten des
Engagements hervorgehoben, die wir für praktikabel und effektiv halten: das Gewicht des Wählens, Petitionen, Lobbyarbeit und Demonstrationen. Das Thema Ökologie löste eine Diskussion über die Vereinbarkeit von erneuerbarer Energie und Kernenergie aus. Um unseren Aufenthalt voll neuer Erfahrungen und bereichernden Gesprächen zu beenden, gingen wir in ein Restaurant namens "La Serrurerie", um ein besonders französisches Essen zu genießen: Käse und Wurst mit Baguette. Damit endete unser Ausflug und am nächsten Tag stiegen wir in den Zug zurück nach
Marburg, gefolgt von einem kurzen Zwischenstopp in Paris.
Fazit:
Alles in allem bot uns diese Exkursion nicht nur die Möglichkeit Poitiers zu entdecken und besser zu verstehen, warum diese Stadt eine Städtepartnerschaft mit Marburg eingegangen ist, sondern vor allem auch, Studenten und Bürger von Poitiers zu treffen, um sich über die Themen der deutsch-französischen Beziehungen und Europa auszutauschen. Im Rathaus trafen wir zu unserer Überraschung einen unserer ehemaligen Studenten (Paul Kind) wieder, der Schüler der Martin-Luther-Schule begleitete, für die einige von uns am Deutsch-Französischen Tag im Januar ein PubQuiz organisiert hatten! Unser Austausch war so zahlreich und eindrücklich, dass eine der Schülerinnen aus dem Poitou spontan mit uns in den Zug stieg, um ebenfalls fünf Tage in Marburg zu verbringen. Es ist geplant, dass der Rest der Gruppe aus Poitiers uns im nächsten Wintersemester für ein weiteres deutsch-französisches Atelier besuchen wird. Wir hoffen außerdem, dass Leonie Guter nicht die einzige sein wird, die sich für einen Erasmus-Aufenthalt in Poitiers entscheidet. Abschließend möchten wir noch erwähnen, dass wir das Vergnügen hatten, die Bürgermeisterin von Poitiers (Léonore Moncond'huy), die Stadträtin (Zoé LorriouxChevalier), eine Verantwortliche für internationale Beziehungen (Dorothée Scarwell) und zwei Studenten aus Poitiers am 9. und 10. Juni wiederzusehen, nur einen Monat nach unserer Rückkehr aus Poitiers! Einer unserer Schüler (Björn Dix) begleitete sie
bis zum Schloss.Die Herausforderung, die Beziehungen und den Dialog zwischen den Studenten aus Marburg und Poitiers wieder aufzunehmen, wurde also erfolgreich gemeistert. Es bleibt abzuwarten, ob es möglich wäre, systematischer einen deutsch-französischen
Übersetzungsworkshop zu integrieren, der den Studenten aus Marburg und Poitiers gleichzeitig zugänglich ist... In der Zwischenzeit danken wir allen Akteuren, die uns finanziell unterstützt haben: dem Institut für romanische Sprachen und dem DFJW für die Zugtickets und die Unterkunft, dem CROUS, dem Deutschclub der Universität Poitiers und der Deutsch-Französischen Gesellschaft Marburg für einen Teil der Mahlzeiten.
Link zu unserem Ilias-Blog und zum Instagram-Bericht zweier französischer Studentinnen aus Poitiers:
https://ilias.uni-marburg.de/goto.php?target=blog_2845286&client_id=UNIMR
https://www.instagram.com/p/CerDc1CN06f/?igshid=YmMyMTA2M2Y=