© Thomas Steinforth, Stadt Marburg
„Ich danke allen Beteiligten für ihre Zeit und ihr Engagement, die sie ins Mentoring-Programm eingebracht haben“, sagte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies Mitte März im Historischen Saal des Rathauses. Rund 30 Mentorinnen und Mentees waren zur Abschlussveranstaltung gekommen. „Die Stadtpolitik lebt davon, dass wir uns konstruktiv miteinander streiten, um schließlich die besten Lösungen für unser gemeinsames Zusammenleben zu finden“, so der OB. „Es ist schön zu wissen, dass noch mehr engagierte Frauen zukünftig mitstreiten und unsere Stadt mitgestalten werden. Von Ihren Ideen wird unser Marburg zweifelsfrei profitieren. Und hoffentlich geben Sie vielen anderen Frauen einen Anstoß, ebenfalls den Weg aufs politische Parkett zu wagen“, warb Spies für das Ehrenamt in der Kommunalpolitik.
Organisiert worden war das Mentoring-Programm für Nachwuchspolitikerinnen vom Gleichberechtigungsreferat der Stadt Marburg. Es ist Teil der Umsetzung der Europäischen Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern. Die Schirmherrschaft hatten OB Spies und Dr. Marlis Sewering-Wollanek, Vorsitzende der Gleichstellungskommission. „Mit dem Mentoring ‚Frauen in die Politik‘ geht ein sehr erfolgreiches Projekt zu Ende“, betonte Sewering-Wollanek. Zwar habe die Stadt auch früher schon Mentoring-Programme für Nachwuchspolitikerinnen angeboten. „Dieses Mal hatten wir aber die meisten Teilnehmerinnen und das vielseitigste Angebot. Das ist gesellschaftlich ein wichtiges Zeichen: Hier sind viele Frauen aus allen Lebensphasen, die bei aktuellen Themen mitsprechen wollen. Darauf kann unsere Gesellschaft nicht verzichten“, so Sewering-Wollanek.
Als „bestärkend“ und „vielseitig“, aber auch „herausfordernd“ beschrieben die Teilnehmerinnen selbst die vergangenen acht Monate. In Kleingruppen diskutierten sie an dem Abend darüber, welche nächsten Schritte sie in der Marburger Stadtpolitik gehen wollen. Viele Frauen erklärten, sie fühlten sich durch das Mentoring motiviert, sich stärker parteipolitisch oder in ihren Stadtteilen zu engagieren. Manche überlegen sogar, für das Stadtparlament zu kandidieren.
„Wir freuen uns natürlich, wenn möglichst viele der Teilnehmerinnen weiterhin politisch aktiv bleiben und vielleicht sogar ein politisches Mandat erhalten. Denn gute Politik braucht vielfältige Sichtweisen, und da gehören die Frauen unbedingt dazu“, erklärte Dr. Christine Amend-Wegmann, Leiterin des städtischen Gleichberechtigungsreferates.
Das Mentoring-Programm „Frauen in die Politik“ war im August 2019 mit einer großen Auftaktveranstaltung gestartet. Zu Gast war damals die hessische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, die Marburgerin Angela Dorn-Rancke. Wegen des großen Interesses am Programm betreuten fortan viele der 15 Mentorinnen jeweils mehrere Mentees. „Dank des großen Engagements der Mentorinnen konnten wir über 30 Frauen aus Marburg die Teilnahme am Mentoring-Programm ermöglichen“, hob Amend-Wegmann hervor.
Kern des Mentoring-Programms war die Zusammenarbeit der Mentorin mit einer oder mehreren Mentees. Bei gemeinsamen Besuchen von Parteisitzungen, politischen Gremien und anderen Terminen gewannen die Mentees Eindrücke, wie Politik in der Praxis abläuft. Manche brachten zusammen mit ihrer Mentorin Anträge in den politischen Prozess ein. Dazu gab es ein Rahmenprogramm mit Weiterbildungen zu Kommunikation und Rhetorik, Zusammenarbeit in Netzwerken und zum Umgang mit der Presse. „Die Workshops richteten sich ausdrücklich auch an die Mentorinnen, um sie in ihrem politischen Engagement weiter zu stärken“, erklärte Laura Griese, Referentin EU-Charta, die auch die Mentoring-Paare betreute.
Austausch und weitere Vernetzung waren bei gemeinsamen Ausflügen möglich – zum Beispiel zu einer Diskussionsrunde in Gießen, bei der es um die Initiative des Deutschen Frauenrats zur Einführung des paritätischen Wahlrechts ging. Bei weiteren informellen Treffen unter den Mentees an unterschiedlichen Orten wurden zivilgesellschaftliche Initiativen und gleichstellungspolitische Aspekte diskutiert. So lernten die Mentees beispielsweise die Arbeit des Interkulturellen Begegnungszentrums Kerner, des städtischen Gleichberechtigungsreferats und der Freiwilligenagentur Marburg kennen.
Alle Rückmeldungen der Teilnehmerinnen, die Evaluationen der Workshops sowie die Ergebnisse der Abschlussveranstaltung werden für die Auswertung des Mentoring-Programms und seine Weiterentwicklung genutzt. Ein Abschlussbericht fasst die Ergebnisse zusammen. Er ist nach Kenntnisnahme durch den Magistrat online einsehbar.
Hintergrund zum Mentoring-Programm
Auch nach 100 Jahren aktiven und passiven Wahlrechts für Frauen und trotz vieler engagierter Frauen in der Marburger Kommunalpolitik sind Frauen immer noch in vielen politischen Gremien unterrepräsentiert. Ihre Beteiligung entspricht bei Weitem nicht ihrem Anteil an der Bevölkerung. Hier setzte das Mentoring-Programm „Frauen in die Politik“ an: Es unterstützt interessierte Frauen, sogenannten „Mentees“, durch die Zusammenarbeit mit einer erfahrenen Kommunalpolitikerin, der „Mentorin“, darin, den Einstieg in die Politik zu finden.
Das Mentoring-Programm für Nachwuchspolitikerinnen war Teil der Umsetzung der EU-Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern. Dem Mentoring vorangegangen war ein Kurs „Frauen und Politik – Frauen in der Politik“, der über zehn Wochen im April und Mai 2019 an der Volkshochschule Marburg unter Leitung von Dr. Tina Dürr stattfand. In dem Kurs stellten engagierte Kommunalpolitikerinnen und Führungskräfte aus der Marburger Stadtverwaltung die wichtigsten Grundlagen der Kommunalpolitik vor. Gut ein Drittel der Kursteilnehmerinnen nahm im Anschluss auch am Mentoring-Programm teil.
Weitere Informationen www.marburg.de/mentoring