© Patricia Grähling, Stadt Marburg
„Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen“, sagte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies bei der Pressekonferenz zum Start des „Stadt-Gelds“ im Marburger Cineplex – einer der vielen Marburger Gewerbebetriebe, die wegen Corona schließen mussten. „Sie alle sind für unsere schöne und lebendige Stadt unverzichtbar. Das haben wir alle in den vergangenen Monaten mehr als deutlich gespürt“, so Spies bei der Pressekonferenz mit Vertreter*innen von Stadt, Politik, Stadtwerken und Wirtschaft. Nun sind die Betriebe wieder geöffnet – unter Corona-Bedingungen mit Abstands-, Masken- und Hygienebestimmungen. Und sie brauchen dringend Umsatz. Ziel und Zweck der „Stadt-Geld“-Aktion ist deshalb: diese Betriebe, also Läden, Kneipen, Restaurants und Cafés, Dienstleister und Kulturbetriebe in Marburg kurzfristig mit Wucht zu unterstützen. „Wir wollen alle motivieren, in die Stadt zu kommen. Hier soll das ,Stadt-Geld‘ hin“, betonte Spies. Die Bürger*innen wählen selbst aus, in welchen der wiedereröffneten Betriebe sie ihre Gutscheine einlösen. „Sie tragen das ,Stadt-Geld‘ in die ganze Bandbreite und Vielfalt des Gewerbes, das es in Marburg gibt und das Marburg ausmacht.“
Stadt Marburg als Vorbild für Hessen und Deutschland
Das „Stadt-Geld“ ist mit rund zwei Millionen Euro das finanzielle Schwergewicht im Hilfsprogramm „Marburg Miteinander – gemeinsam sicher durch die Krise“. Voll des Lobes für das „in landes-, wenn nicht sogar bundesweit einmalige Projekt“ sind die Wirtschaftsvertreter bei der Pressekonferenz: „Der gesamte Einzelhandel kämpft um die Existenz, schlimmer als damals in der Finanzkrise“, sagte Martin Schüller, Geschäftsführer des Einzelhandelsverbands Hessen-Nord, der eigens zur Vorstellung des Marburger „Stadt-Gelds“ angereist ist. „Sie sind als Stadt ein Vorbild für ganz Hessen und ganz Deutschland.“
Das „Stadt-Geld“ als „effektive Hilfe für die Marburger Unternehmen in schwierigen Zeiten“ bezeichnete Oscar Edelmann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Kassel-Marburg. Schließlich gehe es auch um Arbeitsplätze in der Stadt und der ganzen Region. „Vielen Dank im Namen der Wirtschaft – auch für die gute Zusammenarbeit und den konstruktiven Dialog in der Sache“, sagte Edelmann. Für die Information und Kommunikation mit der Gewerbeseite in Sachen „Stadt-Geld“ und Rabatt-Tickets (siehe unten) haben die Stadt Marburg und die IHK Kassel-Marburg eng zusammengearbeitet – unter anderem beim Versand der tausenden Informationsschreiben und Anleitungen an die Betriebe.
© Patricia Grähling, Stadt Marburg
Als „ganz tolle Maßnahme und ein besonderes Signal, das den Blick auf die Gewerbetreibenden vor Ort stärkt“, lobte Meinhard Moog, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Marburg, die Gutscheine. „Es kommt richtig gut an bei den Betrieben, dass die Stadt Marburg so an die Wirtschaft denkt. Es ist toll, dass Sie das tun können dank der Gewerbesteuersituation vor Ort, und es ist vorbildlich, dass Sie es dann auch wirklich machen“, so Moog. „Wir alle hoffen, dass die Aktion richtig gut einschlägt“.
Betriebe melden sich im eigens geschaffenen Händlerportal an
Wie die Gutschein-Aktion funktioniert, erläuterte Anna Kaczmarek-Kolb vom Referat für Stadt-, Regional- und Wirtschaftsentwicklung bei der Pressekonferenz. Für die Gewerbeseite hat die Stadt ein Händlerportal speziell für die Aktion eingerichtet und diese Woche freigeschaltet. Dort können sich die rund 2000 berechtigten Marburger Geschäftsleute registrieren. Über das Portal erhalten sie dann von der Stadtkasse den Gegenwert der bei ihnen eingelösten Gutscheine ausgezahlt.
Die Gutscheine bekommen alle 75.517 Marburger*innen, die zum Stichtag 31. Mai in Marburg mit Hauptwohnsitz gemeldet waren – von Neugeborenen bis zu betagten Senior*innen. Das „Stadt-Geld“ kommt per Brief mit der Post ins Haus – jedenfalls überall dort, wo die Briefkästen eindeutig beschriftet und die Briefe zustellbar sind, betonte Kaczmarek-Kolb. 20-Euro-Gutscheine gibt es für 65.213 Marburger Erwachsene. Weitere 10.304 Briefe gehen zusätzlich an Familien jeweils mit 50 Euro pro Kind.
Für die Familien ist das „Stadt-Geld“ ein sozialer Ausgleich: Sie erhalten höhere Beträge, weil Familien in der Regel weniger finanziellen Spielraum haben und, weil sie durch die Kita- und Schulschließungen in der Krise besonders belastet waren.
Einlösbar sind alle Gutscheine persönlich und in Zehnerschritten per QR-Code. Gültig sind sie bis zum Ende der Sommerferien. Dabei ist das Ziel, dass die Kund*innen mehr in Marburg ausgeben als ihr „Stadt-Geld“. Und dass sie das auch weiterhin tun. „Der Kern der Aktion ist, die Menschen zu motivieren, in unserer schönen Stadt einzukaufen“, stellt Thomas Spies klar. Denn auch das sei eine Lehre der Corona-Krise: „Dass wir auf unsere lokale und regionale Wirtschaft achten und sie schützen müssen – als wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit“, betonte der Oberbürgermeister.
Das bestärkten Stadtmarketing-Geschäftsführer Jan-Bernd Röllmann und Werbekreis-Marburg-Nord-Vorsitzender Christian Großmann. „Eine tolle Geschichte für die lokale Marburger Wirtschaft“ sei die Aktion, so Röllmann. Er appellierte an diejenigen, die sich eventuell zierten, die Gutscheine einzulösen, weil sie meinten, sie hätten sie nicht nötig: „Es geht nicht um Ihr Portemonnaie, sondern um die Existenz der Betriebe. Nehmen Sie Ihren Gutschein, gehen Sie in die Stadt und unterstützen Sie die lokalen Läden.“
Rabatt auf Parkticket und Fahrschein mit Bus und Bahn
„Einen Anreiz zum Einkaufen, Einkehren und Marburg genießen spendiert die Stadt nicht nur den Marburger, sondern auch dem ganzen Landkreis, der ganzen Region“, erklärt Dr. Stefan Blümling, Leiter des Referats für Stadt-, Regional- und Wirtschaftsentwicklung. „Komm nach Marburg“ heißt die Kampagne, die gleichzeitig mit dem „Stadt-Geld“ an den Start geht.
© Birgit Heimrich, Stadt Marburg
Sie macht Werbung für den regionalen Handel und Konsum sowie das Oberzentrum Marburg als Einkaufsstadt. Und sie sponsert allen, die mit dem ÖPNV oder dem Auto nach Marburg kommen oder in Marburg unterwegs sind, wahlweise den Fahrschein oder das Ticket in zwei Innenstadt-Parkhäusern. Zwei Euro Rabatt auf ihr Bus- oder Bahnticket erhalten alle Kund*innen bei Vorlage ihres Einzelfahrscheins in den Marburger Geschäften in der Oberstadt und in der Ketzerbach, im Pilgrimstein, in der Elisabeth- und in der Bahnhofstraße.
Wer mit dem Auto anreist, bekommt die Gebühr für zwei Stunden Parken im Parkhaus Oberstadt (Pilgrimstein) oder Furthstraße (DVAG) geschenkt: Die Stadt gibt tausende Rabatt-Parkscheine an die teilnehmenden Geschäfte aus, die sie an ihre Kund*innen weitergeben können. Die Rabatt-Tickets werden an der Kasse der beiden Parkhäuser eingelöst, die Gebühr für die ersten beiden Stunden werden erlassen. Insgesamt 120.000 Euro hat das Stadtparlament für die rabattierten ÖPNV- und Parkticket bereitgestellt. Die Rabattaktion läuft sogar noch eine Woche länger als das „Stadt-Geld“: Bis zum 22. August gibt’s in den Läden für den Fahr- oder Parkschein Geld zurück.
Die Rabatt-Aktion hat die Stadt zusammen mit den Stadtwerken organisiert, die Christoph Rau und Birgit Stey von der Geschäftsführung der Stadtwerke Marburg Consult GmbH bei der Pressekonferenz im Cineplex vertraten. Mit dabei waren außerdem Dr. Christine Amend-Wegmann, Leiterin des Fachbereichs Zivilgesellschaft, Stadtentwicklung, Migration und Kultur der Stadt, Kinochefin und Gastgeberin Marion Closmann sowie Stadtverordnetenvorsteherin Marianne Wölk für das Stadtparlament. Die Stadtverordneten haben das große Hilfspaket „Marburg Miteinander“ Ende Mai verabschiedet. Ihre Vorsitzende Wölk dankte nun allen Beteiligten der Verwaltung, der Stadtwerke und allen anderen Akteuren für die tolle Umsetzung des Beschlusses. Sie versprach ihrerseits, den Stadtverordneten den Dank der Wirtschaft zu überbringen. Und: „Es freut mich wirklich sehr zu sehen, wie gut das Projekt bei Ihnen ankommt.“
Zu beiden Aktionen – „Stadt-Geld“ und rabattierte ÖPNV- und Parktickets – gibt es weitere Informationen, Erklär-Videos für Gewerbetreibende und Kund*innen sowie eine Frage-Antwort-Liste unter www.marburg.de/miteinander.