Die Meldungen bei der Stadtverwaltung Marburg sind hauptsächlich im Bereich Gefahrenabwehr eingegangen. Daher ist anzunehmen, dass bei den Anruferinnen und Anrufern eine gewisse Besorgnis wegen der vermeintlich gefährlichen Tiere herrschte.
Von den in Hessen vorkommenden Schlangenarten ist nur eine giftig, nämlich die Kreuzotter. Sie kommt aber im Marburger Raum nicht vor, ebenso wie die ungiftige Äskulapnatter.
Für Angst vor heimischen Schlangen gibt es also keinen Grund!
Es kann allerdings gelegentlich vorkommen, dass exotische Schlangen, die mitunter auch giftig sein können, aus der Gefangenschaft entkommen. Um diese von unseren heimischen Schlangenarten zu unterscheiden, werden wir letztere genauer Beschreiben:
Ringelnatter (Natrix natrix)
Deutlichstes Erkennungsmerkmal der Ringelnatter sind die hellen oft halbmondförmigen Flecke auf beiden Seiten des Hinterkopfes.
Die Farbe der Körperoberseite variiert von blaugrau über grünlich-grau bis braun, ganz selten schwarz. An den Körperseiten hat die Ringelnatter Reihen mit unregelmäßig verteilten dunklen Flecken.
Ringelnattern können bis 1,50 Meter lang werden und sind somit die größten heimischen Schlangen.
Ringelnattern sind ungiftig! Sie jagen hauptsächlich im Wasser, wo sie Amphibien wie Frösche, Molche und deren Larven sowie Fische erbeuten. Gelegentlich fällt ihnen auch mal ein kleines Nagetier zum Opfer.
Schlingnatter (Coronella austriaca)
Die Schlingnatter ist mit maximal 90 Zentimetern Körperlänge deutlich kleiner als die Ringelnatter, wirkt aber muskulöser und kompakter.
Auf Kopf und Nacken hat sie eine dunkle nach hinten geöffnete Zeichnung, die an eine Krone erinnert. Dies spiegelt sich im wissenschaftlichen Namen der Art wider: Der Gattungsname „Coronella“ bedeutet „Krönchen".
Von den Nasenlöchern durch die Augen bis hinter die Mundwinkel verläuft ein breiter dunkler Wangenstreifen.
Die Grundfarbe der Schlingnattern reicht von braun bis dunkelgrau mit vielen Farbabstufungen. Auf dem Rücken ist ein unregelmäßiges dunkles Muster zu erkennen.
Schlingnattern sind ungiftig! Anders als die oft in Wassernähe lebende Ringelnatter bewohnt die Schlingnatter sonnige und trockene Lebensräume. Hier jagt sie hauptsächlich Eidechsen und junge Ringelnattern.
Zum Schluss noch ein Tier, das gern für eine Schlange gehalten wird, aber keine ist: Die
Blindschleiche (Anguis fragilis)
Der Name ist irreführend, denn das Tier ist keineswegs blind. Die Herkunft des Namens ist nicht eindeutig geklärt. Wahrscheinlich leitet sich „blind“ in diesem Fall von blenden ab, was damit zusammenhängt, dass die Körperoberfläche der Blindschleiche stark glänzt.
Die Blindschleiche sieht auf den ersten Blick aus wie eine Schlange, da sie keine Beine hat und sich schlängelnd fortbewegt. Tatsächlich ist sie aber eine Eidechse und hat, anders als die Schlangen, Augenlider, mit denen sie ihre Augen verschließen kann. Während Schlangen sich sehr schnell und graziös fortbewegen können, wirkt die Eidechse eher steif und träge.
Der Körper der Blindschleiche ist walzenförmig, der Kopf ist nicht vom Körper abgesetzt.
Die Färbung der Blindschleichen ist sehr variabel: Sie reicht auf der Oberseite von grau bis braun, die Unterseite ist bläulich bis schwarzgrau. Auf dem Rücken verläuft vom Kopf bis zur Schwanzspitze meist ein dunkler Strich.
Ihre Nahrung besteht fast ausschließlich aus Regenwürmern und Nacktschnecken. Auch die Blindschleiche ist nicht giftig!
Wenn Sie in Ihrem Garten oder in der freien Natur eine Schlange sehen, haben Sie Glück. Schlangen sind sehr scheu. Eine Schlange bemerkt eher Sie, als sie die Schlange bemerken und sie sucht dann in der Regel schleunigst das Weite.
Eine Schlange im Garten ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass dieser ökologisch wertvoll ist. Meist handelt es sich hier um eine Ringelnatter – die häufigste der heimischen Schlangen. Als wechselwarme Tiere nutzen sie gern ruhige Plätzchen, wo sie sich in der Sonne auf Wohlfühltemperatur bringen können. Mit ganz großem Glück findet sich auch das Nest einer Natter in einem Laub- oder Komposthaufen in Ihrem Garten, da dort für Schlangen und ihre Gelege angenehme Temperaturen herrschen.
Übrigens: Unsere heimischen Schlangen sind, wie viele andere Tierarten auch, stark gefährdet und deshalb besonders geschützt.
Weiterführende Links:
Schlangen in Deutschland (Deutsche Wildtier Stiftung)
Schlangen in Rheinhessen und dem Naheland (NABU)
Weitere Informationen gibt es bei der Unteren Naturschutzbehörde, Klaus Bork, 06421/201-1708; klaus.bork@marburg-stadt.de