© Birgit Heimrich, Stadt Marburg
„Wir hängen uns die Messlatte hoch, damit wir so weit wie möglich kommen“, sagte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies zur Eröffnung der Veranstaltung „Marburg auf dem Weg zum Klima-Aktionsplan 2030“ im Technologie- und Tagungszentrum (TTZ). „Dabei wollen wir effizient und sozial fair vorgehen“, so das Stadtoberhaupt. Dieser Prozess erfordere einen langen Atem, Akzeptanz und die Bereitschaft mitzumachen. „Deshalb möchten wir den Aktionsplan gemeinsam mit Ihnen allen entwickeln“, lud der OB zum Mitmachen ein – nicht nur an dem Abend, sondern darüber hinaus für die kommenden Jahre. Auch Bürgermeister Wieland Stötzel begrüßte die Teilnehmenden: „Ich fasse mich kurz, denn heute sollen Sie zu Wort kommen“, sagte der Umweltdezernent. Die Moderation des Abends gestalteten Sirin Bernshausen und Dominik Werner vom „kollektiv von morgen“.
© Birgit Heimrich, Stadt Marburg
Der große Saal des TTZ war voll besetzt. Unter den rund 260 Besucher*innen waren Menschen jeglichen Alters. Die Veranstaltung bestand aus zwei Teilen: Nach Redebeiträgen von Vertreter*innen der Stadt sowie Klima-Aktivistinnen und einer Performance des „Fast-Forward-Theatres“ fanden sich die Besucher*innen im zweiten Teil des Abends an Tischen zu verschiedenen Themen zusammen, um zuerst Wünsche und Ziele zu formulieren sowie dann auch Ideen und Maßnahmen für den Klima-Aktionsplan zu sammeln.
© Birgit Heimrich, Stadt Marburg
Die Aktivistinnen der Marburger Klimagruppe und der Fridays-for-Future-Bewegung schickten die Besucher*innen auf eine Traumreise in das Marburg im Jahre 2030. Zurück in der Gegenwart präsentierten OB und Bürgermeister gemeinsam mit Walter Ruth, Fachbereichsleiter Planen, Bauen, Umwelt, Jochen Friedrich, Fachdienstleiter Umwelt- und Naturschutz, Fairer Handel und Abfallwirtschaft, und der Klimaschutzbeauftragten Wiebke Smeulders, wo die Stadt in ihrer CO2-Bilanz und ihren bisherigen Klimaschutzmaßnahmen steht. So erläuterte Smeulders anhand einer Grafik, dass das Verbrennen von Gas und Heizöl rund 50 Prozent aller Emissionen in der Stadt verursacht; rund 30 Prozent entstehen durch den Stromverbrauch und etwa 20 Prozent durch den Verkehr.
© Birgit Heimrich, Stadt Marburg
Ein wesentlicher Teil des Energieverbrauchs gehe auf die Gebäude zurück, so OB Spies. Er berichtet von den Sanierungen der eigenen Gebäude durch die Stadt. Auch Wohnungsbaugesellschaften und Eigentümer seien hier gefragt, um sich aktiv einzubringen. Bürgermeister Stötzel warb unter anderem für eine weitere Veranstaltung der Stadt zur energetischen Sanierung von Gebäuden (Dienstag, 26. November, 19 Uhr, Erwin-Piscator-Haus). Jochen Friedrich berichtete von den Aktivitäten der Stadt im Bereich Mobilität – unter anderem von der Einrichtung vier zusätzlicher Elektrotankstellen allein in diesem Jahr sowie der halben Stunde, die die Stadt allen Bürger*innen mit einem Nextbike-Leihfahrrad spendiere. Walter Ruth sprach über die stadteigene Arbeitsgruppe zum Klimaschutz, in der Experten aus allen beteiligten Fachdiensten der Verwaltung zusammenarbeiten.
© Thomas Steinforth, Stadt Marburg
Dass auch die Stadtgesellschaft selbst sich aktuell intensiv mit dem Klimanotstand befasst, berichtete Dominik Werner und stellte anhand großer Plakattafeln die Themen vor, die schon bei der Vorbereitungsveranstaltung eine Woche zuvor zusammengetragen wurden, so etwa Alltagshandeln, Nahversorgung und politische Zuständigkeiten.
© Thomas Steinforth, Stadt Marburg
Das entsprach auch den Themen der Diskussionstische im zweiten Teil der Veranstaltung: Energie, Wirtschaft, Arbeit und Stadtentwicklung, Mobilität, Landwirtschaft und Ernährung, Bildung, Klimagerechtigkeit, Konsum und Gemeinschaft sowie der Blick auf‘s Ganze. Weil so viele Menschen gekommen waren, gab es zu einigen Themenpunkten zwei, zu manchen sogar drei Arbeitsgruppen. Im Foyer und verschiedenen Workshop-Räumen des TTZ verteilt arbeiteten die Teilnehmenden an ihren Wünschen, Zielen und Maßnahmen. Jede Gruppe hatte ein Plakat mit einer Zeitachse bis 2030, auf der sie mögliche Maßnahmen – sowohl der Stadtverwaltung als auch der Stadtgesellschaft – anheften konnte. Die Teilnehmer*innen diskutierten angeregt, und schnell schmückten bunte Zettel mit allerhand Ideen die Plakate. Während der Gespräche fertigte Diplom-Designer Christoph Illigens ein sogenanntes „Graphic Recording“ an, dass die Ergebnisse kreativ dokumentiert.
© Birgit Heimrich, Stadt Marburg
Zur Abschlussrunde trafen sich alle wieder im großen Saal. „Es ist spannend zu sehen, wie sich die Stimmung im Raum nach der Gruppenphase verändert hat“, sagte Sirin Bernshausen, die etwas Mühe hatte, zu Wort zu kommen, so vertieft waren manche Teilnehmer*innen immer noch in ihre Gespräche. Der Raum war mittlerweile umgebaut vom „Frontalunterricht“ zum großen runden Plenum; auf der Bühne waren die Plakate angebracht. Aus jeder Themengruppe gab eine Person ein kurzes Beispiel für ein Ziel und eine Maßnahme. So sprach sich beispielsweise die Gruppe „Landwirtschaft und Ernährung“ für mehr pflanzenbasierte Ernährung und Verzehr regionaler Produkte aus. Die Mobilitätsgruppe wünschte sich eine höher frequentierte Busanbindung der Außenstadtteile und betonte dabei auch den sozialen Aspekt des gemeinschaftlichen Fahrens. Die Arbeitsgruppe „Bildung“ schlug mehr Sensibilisierung für Klimathemen im Schulunterricht vor. Zum Thema „Konsum und Gemeinschaft“ gab es Vorschläge für mehr gemeinschaftliche Gärten und offene Stadtteilküchen. Die Teilnehmenden spendeten einander viel Applaus für ihre Ideen.
© Birgit Heimrich, Stadt Marburg
OB Spies dankte allen Beteiligten für die Organisation sowie den Besucher*innen für ihr Kommen und für ihre Anregungen. „Mit einer so großen Fülle von Ideen haben wir nicht gerechnet", merkte Spies erfreut an. Die Vorschläge werden nun vom „kollektiv von morgen“ dokumentiert; die Ergebnisse sind in Kürze für alle Interessierten öffentlich einsehbar. Sie fließen in den Klima-Aktionsplan 2030 ein.