Das Einkaufsverhalten vieler Menschen ändert sich, Onlinehandel wird mehr und mehr zur Konkurrenz für den Einzelhandel vor Ort. Das ist ein strukturelles Problem des Einzelhandels in ganz Deutschland, das jedoch auch in Marburg sichtbar wird: In der Oberstadt gibt es aktuell 12 Leerstände und drei Geschäftsräume, die saniert werden. Gegenüber anderen, vergleichbaren Städten ist das nicht viel. Dennoch fallen die Leerstände ins Auge. „Wir starten daher zusammen mit dem Stadtmarketing ein Sofortprogramm, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, bevor sie zu einem Problem wird“, sagt Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies.
Die Stadt und das Stadtmarketing beginnen daher nun mit der Umsetzung des Projekts „Marburger FreiRAUM“, das das Stadtmarketing seit Beginn des Jahres entwickelt hat. Die Idee für den ersten Schritt: Beklebungsreste und wilde Plakate in Schaufenstern leerstehender Geschäfte beseitigen und stattdessen mit einem modernen, einheitlichen Design und dem Schriftzug „Marburger FreiRAUM – Raum für Ihre Ideen“ zu gestalten. Dabei ist die Beklebung maximal 1,5 Meter hoch und bietet Interessent*innen Einblicke in die Ladenräume – und die Kontaktdaten und Rahmendaten zu dem Geschäft auf einen Blick.
Das Stadtmarketing hat dafür in der vergangenen Woche alle Eigentümer*innen von leerstehenden Geschäften angeschrieben und die Idee präsentiert. „Wir haben bereits mehrere Rückmeldungen von Eigentümer*innen, die mitmachen und das Angebot annehmen wollen“, sagt Jan Röllmann, Geschäftsführer des Stadtmarketings, der gemeinsam mit seiner Stellvertreterin Daniela Maurer das Konzept entwickelt hat. Entwürfe für die Beklebungen liegen bereits vor. Nach Gesprächen mit den Eigentümer*innen werden die ersten Schaufenster schon in den nächsten zwei Wochen beklebt sein. Die Kosten dafür – geplant sind insgesamt bis zu 10.000 Euro – übernimmt die Stadt Marburg. „Wir sehen das als einen wichtigen Beitrag zur Wirtschaftsförderung – und wir möchten, dass es schnell losgehen kann. Denn wenn im Frühling wieder mehr Menschen in die Oberstadt kommen, soll die Stadt einen guten Eindruck machen“, betont OB Spies. Die Beklebung sorge dafür, dass sich ein einheitliches, attraktiveres Bild ergebe.
„Die Beklebung ist der Start einer ganzen Kampagne zum ,Marburger FreiRAUM‘ und ein Vorgriff auf das noch zu erstellende Quartiersentwicklungskonzeptes für die Oberstadt“, so das Stadtoberhaupt. Die Erstellung des Entwicklungskonzepts solle in diesem Jahr starten, ergänzt Dr. Stefan Blümling, Fachdienstleiter des Referats für Stadt-, Regional- und Wirtschaftsentwicklung. Bestandteil des FreiRAUM-Projektes ist es laut Röllmann unter anderem auch, die verfügbaren Ladenräume online zu präsentieren. „Wir wollen den Eigentümer*innen Ansprechpartner*in sein und Unterstützung bieten – damit wir gemeinsam etwas für ein Oberstadtbild wie aus einem Guss tun können“, erklärt er. Das gehe nur gemeinsam und im Gespräch mit den Eigentümer*innen. So wolle das Stadtmarketing auch helfen, individuelle Lösungen zu suchen, beispielsweise in Räumen für sogenannte Pop-Up-Stores, die nur für wenige Wochen oder Monate einen Laden anmieten. Andere Ideen könnten Räume für Gründer*inneninitiativen sein oder auch Konzepte für alternative Mietstrategien. „Gemeinsam können wir agieren und dieses tolle, besondere Quartier Oberstadt weiterentwickeln“, so Röllmann. In Zusammenarbeit mit allen Akteur*innen könnten so etwa innovative Konzepte oder junge Gründer*innen für einen Standort in Marburg begeistert werden. „Gerade entstehen in Marburg zwei Unverpackt-Läden, einer davon in der Oberstadt. Das ist ein Konzept, dass wunderbar zu Marburg passt“, nennt Röllmann ein Beispiel.
„Insgesamt wollen wir den Dialog mit den Eigentümer*innen kontinuierlich fortführen“, betont Blümling. Im Dialog gemeinsam eine Identität für die Oberstadt zu entwickeln, sei ein wichtiges Ziel des Oberstadtentwicklungskonzeptes. Dieses Jahr soll die Erstellung beginnen – unter Beteiligung aller Interessierten, etwa Gewerbetreibende, Hauseigentümer*innen, Anwohner*innen, BI Oberstadt und Ortsbeirat. Im Haushaltsentwurf 2019 sind 100.000 Euro dafür vorgesehen. Um kurzfristig auch jetzt schon etwas dafür zu tun, die Attraktivität der Oberstadt weiter zu erhalten, setzt die Stadt Marburg mit dem Projekt „Marburger FreiRAUM“ im Vorfeld einen zweiten Baustein neben der Wiederbelebung des Oberstadtmarkts im vergangenen Sommer.