„Wir haben immer gesagt, dass die unerwartet hohen Gewerbesteuererträge der vergangenen beiden Jahre ein einmaliges Ereignis außer der Reihe sind – und ein außerordentliches Geschenk für Marburg und die ganze Region“, sagt Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. Deshalb seien auch bei aller Freude über den immensen Geldregen, der vom Pharmastandort her über die Stadt zog, immer Umsicht, Besonnenheit und das Prinzip der Nachhaltigkeit im Fokus gewesen. Denn von Anfang an war klar: „Erstens geht der Großteil davon als Umlagen an Land und Landkreis. Und zweitens kann die außerordentliche Ertragswelle genauso schnell wieder abflachen, wie sie sich aufgetürmt hat“, erklärt Spies.
So ist es nun auch gekommen – wenngleich schon etwas früher als erwartet. 2021 verbuchte die Stadt noch 481 Mio. Euro Gewerbesteuererträge und im Folgejahr 419 Mio. Euro. Die beiden Haushaltsjahre schlossen demzufolge mit hohen Überschüssen ab: 2021 mit 196 Mio. Euro, 2022 sind es 100 Mio. Euro Plus. Für 2023 hatte der Kämmerer bereits vorsorglich nur noch mit 321,3 Mio. Euro Gewerbesteuererträgen geplant. Mit dem aktuellen Messbescheid des Finanzamtes von vergangener Woche reduziert sich dieser Betrag nun auf 155,3 Mio. Euro (minus 166 Mio. Euro). Weniger Steuererträge bedeuten gleichzeitig weniger Umlagen – auch kurzfristig, vor allem aber zeitverzögert ab 2024.
Der Oberbürgermeister hat am Montag umgehend den Magistrat und die Fraktionsvorsitzenden über die neue Lage informiert. Bei derartig hohen Korrekturen muss die Universitätsstadt einen Nachtragshaushalt für 2023 beschließen – mit nun 296 Mio. Euro Erträgen, die 395 Mio. Euro Aufwendungen gegenüberstehen. Das Ergebnis: fast 100 Mio. Euro Defizit für das laufende Jahr. Das entspricht in etwa der Umlage, die Marburg noch für das erste Halbjahr 2022 an Land und Landkreis abzuführen hat. Der Haushaltsausgleich ist für die Stadt angesichts ihrer hohen Rücklage trotzdem kein Problem.
Für die Bürger*innen ändert sich erstmal nichts. Die Stadt hat sich auf diese Situation vorbereitet, vorgesorgt und Einnahmen der vergangenen Jahre zur Seite gelegt:
- für die Umlagen, die abgeführt werden müssen,
- für das nachhaltige Investitionsprogramm 2023 bis 2030.
„Diese Mittel für unser Investitionsprogramm in die nachhaltige Entwicklung und Zukunftsfähigkeit unserer Stadt haben wir noch – und für den Zweck sicher angelegt“, sagt der Kämmerer. Und er sieht sich bestätigt, „dass wir von Anfang an sehr gut daran getan haben, unserer Stadt keine neuen und kostspieligen Dauerausgaben aufzubürden, die wir uns unter normalen Umständen nicht hätten leisten können.“
Die gute Nachricht: Auch wenn sich die Gewerbesteuererträge nun für 2023 halbieren, liegen sie immer noch über den „normalen Umständen“ von 2020 und davor. „Aktuell gehen wir davon aus und planen so, dass 2023 die Referenz für unser neues ,Normal‘ wird“, sagt der Oberbürgermeister. „Marburg ist eine wohlhabende Stadt mit solider Finanzlage, einer starken Wirtschaft und gesunden Einkommensstruktur, die gute Bedingungen für die Bürger*innen zum Wohnen, Leben und Arbeiten erlaubt und unsere großen Vorhaben für eine klimaneutrale, soziale und nachhaltig gerechte Zukunft ermöglicht.“
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