© Patricia Grähling, Stadt Marburg
„Die Corona-Krise hat manche Kommune schwer getroffen“, führt OB Spies aus. „Dagegen wird unsere Finanzlage, weil wir in Marburg besonnen und solide gewirtschaftet haben, auch 2021 stabil bleiben. Und wir haben Sondereinnahmen zur Seite gelegt und uns so Spielräume bewahrt für schwierigere Zeiten.“ Das ermögliche, dass „wir uns auch in der Corona-Krise um die Menschen kümmern und nicht um knappe Finanzen“, so Spies.
Gleichzeitig habe die Stadt ihre Pflichtaufgaben gut erfüllt. „Und wir haben alle die freiwilligen Aufgaben, die für das Leben in dieser Stadt so wichtig sind, erheblich ausgebaut – gezielt, systematisch und sinnvoll.“ Auch das federt die Krise in Marburg ab, wie der OB anhand der Zahlen seit 2016 beispielhaft aufzählt: Sozialbudget (+30%), Kinderbetreuung (+50%, +450 Ganztages-Plätze), Kulturbudget (+50%), ÖPNV (+30%), zig Millionen für Wohnungsbau und das BildungsBauProgramm, mehr für Integration, Sicherheit und Service.
Der Nachtragshaushalt für 2020 verbessert das Jahresergebnis um rund 5 Mio. Euro. Der Corona-Ausgleich von Bund und Land bringt für Marburg 9 Millionen Euro zusätzlich auf die Plusseite – die erwarteten Gewerbesteuerausfälle vor Ort schon abgezogen. Demgegenüber stehen Mehrkosten für das AquaMar und 3,3 Mio. Euro für das städtische Hilfsprogramm „Marburg Miteinander“. „Das hat gewirkt“, berichtet Spies über Stadt-Geld, Mieterschutz, Sommer-Kulturprogramm, Bildungsgutscheine und Co. „Damit haben wir die Stadt stabilisiert. Und am Ende stehen wir sogar finanziell besser da, als am Anfang erwartet“.
Die nächste gute Nachricht: „Während andere Kommunen sehr besorgt in die Zukunft schauen, verbessert sich unsere Haushaltslage noch einmal“, berichtet der Kämmerer. Erträge von 271 Mio. Euro stehen im Haushaltsentwurf für 2021. 110 Mio. Euro (+4 Mio.) werden aus der Gewerbesteuer – vor allem vom Pharmastandort – erwartet, 55 Mio. Euro aus der Einkommens- und Mehrwertsteuer. Deutlich steigt die Schlüsselzuweisung aus Wiesbaden, die sich nach der Steuerkraft der Kommune richtet. Hier rechnet Spies mit 22 Mio. Euro (2020: 5 Mio).
Demgegenüber stehen 277 Mio. Euro Aufwendungen für alle laufenden Pflichtaufgaben und freiwilligen Leistungen (+4 Mio.) mit Schwerpunkten im Sozialen und Wohnungsbau, in Kinderbetreuung, Klimaschutz, Mobilität, Kultur und Sicherheit. Ausgleichen kann Marburg den Haushalt 2021 ebenso wie den für 2020 aus der Rücklage (Stand: 104 Mio. Euro). Die kommunalen Steuersätze sollen unverändert bleiben. Gut 31 Mio. Euro sind als Investitionen in die Marburger Infrastruktur, in Schulen, Kitas und Stadtteilzentren, für Radwege und Straßen oder auch für die Feuerwehren geplant.
Rund 76 Mio. Euro – mit Abstand der größte Anteil der laufenden Ausgaben – sieht der Haushaltsentwurf 2021 wieder für Soziales vor – also für Kinder, Jugend, Familien, sozial Benachteiligte, für innovative Senior*innenarbeit, Gesundheitsförderung, Gleichstellung, Barrierefreiheit, Integration, Gemeinwesenarbeit und vieles mehr.
Mit 36,5 Mio. Euro entfällt fast die Hälfte davon auf die Kinderbetreuung von 0 bis 6 Jahre. Neben mehr Quantität (mehr Betreuungsplätze) liegt der Fokus auch auf mehr Qualität, denn: „Gute Bildung von Anfang an schafft mehr Chancengleichheit. Dazu braucht es auch gute Arbeitsbedingungen für die Erzieher*innen, die einen wirklich harten und anerkennenswerten Job machen. Das leisten wir mit der Qualitätsoffensive, die Stadträtin Dinnebier gestartet hat, mit einem noch besseren Betreuungsschlüssel, mit Investitionen in Sprachkompetenz, in Ernährung und Gesundheit der Kinder“, betont OB Spies.
Gut 15 Millionen Euro investiert die Stadt bis 2022 in die zwei großen Gemeinwesensprojekte im Waldtal und im Stadtwald: „Ein gutes Gemeinwesen macht widerstandfähiger für alle Krisen“, erklärt Spies. Die Bauarbeiten am Nachbarschafts- und Gesundheitszentrum im Waldtal sowie am Familienzentrum im Stadtwald haben begonnen und gehen 2021 mit großen Schritten voran.
Ebenfalls gut 15 Mio. Euro sieht der Haushaltsentwurf für die Unterhaltung der Marburger Schulen vor. Weitere knapp 6 Millionen Euro sollen nächstes Jahr investiert werden – das meiste davon im Rahmen von BiBaP. Damit läuft das erste Fünfjahres-Bauprogramm über 30 Mio. Euro aus. Spies kündigt am Freitag „BiBaP II“ an, wieder unter breiter Beteiligung, allerdings finanziell deutlich aufgestockt. Statt 30 Mio. Euro soll es nun 40 Mio. Euro betragen: „für gute Schulen, für mehr Bildungsgerechtigkeit und vor allem für das wichtigste pädagogische Prinzip: mehr Spaß am Lernen zu vermitteln“.
Nächster Schwerpunkt Wohnen: „Bezahlbarer Wohnraum ist die soziale Frage unserer Zeit“, erklärt OB Spies. Rund 2800 Wohnungen sind in den vergangenen Jahren geschaffen worden. „Das reicht uns nicht“, sagt Spies. Zusätzlich berichtet er von mehr als 1000 Wohnungen, die derzeit in Marburg vorbereitet oder geplant werden, außerdem vom Beteiligungsprozess für das neue Wohngebiet am Hasenkopf, vom Modellprojekt für preiswerten Wohnraum an der Hauptpost, von der Erhöhung des Sozialen Energiebonus auf 3 Mio. Euro für die warmmietengerechte Sanierung im Haushaltsentwurf – und von den rund 50 Mio. Euro, für die die städtische GeWoBau innerhalb von 3 Jahren geförderten Wohnraum schafft.
Rund 28 Mio. Euro stehen im Haushaltsentwurf für die Mobilität, für Radwege, Straßen und den städtischen Busverkehr – für Unterhaltung und Investitionen. Ein Fokus liegt auf der Verbesserung des Radverkehrs, angefangen von gebührenfreier Nextbike-Nutzung bis zum Ausbau von Radspuren und -wegen. Mit über 6 Mio. Euro bezuschusst die Stadt den ÖPNV, dazu kommt nochmal der gleiche Betrag für die Querfinanzierung der Stadtwerke. 100.000 Euro stehen zum Beispiel für den ersten Elektrobus im Plan, der im Februar Liefertermin hat. 300.000 Euro sind für MoVe35 geplant, das Mobilitätskonzept zur Verkehrswende vor Ort.
Zwei große Bauprojekte erwarten die Feuerwehren 2021: Rund 7 Mio. Euro werden in die Standorte Wehrshausen und Cappel investiert. Dazu kommen neue Fahrzeuge sowie laufende Ausgaben von 3,4 Mio. Euro im kommenden Jahr und erstmalig eine Ausstattung für Waldbrandbekämpfung und Sturmereignisse – in der Klimakrise unvermeidlich.
Das Kulturbudget soll leicht erhöht werden – auf knapp 6,4 Mio. Euro, auch angesichts der großen Einschränkungen, die Corona für die Kulturbetriebe und die Künstler*innen dieses und auch noch nächstes Jahr bedeutet. „Umso besser wird das Jahr danach“, ist sich Oberbürgermeister Spies sicher. „Marburg800, das große Stadtjubiläum, bekommt in dieser Zeit einen ganz neuen Rang. Mit zwei Impfstoff-erforschenden Unternehmen sogar hier vor Ort bin ich zuversichtlich, dass 2022 wirklich wieder das ganze kulturelle Leben in der Stadt aufblühen kann. Marburg800 soll auch unsere ganz besondere Nach-Corona-Party werden.“
Neu und zum ersten Mal ist in einem Marburger Haushaltsentwurf ein fachdienstübergreifendes Klimabudget aufgeführt – 17 Mio. Euro inklusive Verpflichtungsermächtigung sind dort für den Klimaschutz inklusive der Umsetzung des Klima-Aktionsplans 2030 gelistet. Die Mittel des Produkts Klimaschutz selbst wurden gegenüber 2019 verdreifacht – für die Förderung von Solarenergie, Heizungsumstellungen, Energieberatung oder auch die neuen Zuschussprogramme für Pedelecs und Elektro-Lastenfahrräder. Als „unsere wirksamste und wichtigste Antwort auf die Klimakrise“ bezeichnet Spies die Senkung des Energiebedarfs durch energetische Sanierung von Wohnraum – warmmietenneutral sozial verträglich. „Dafür wollen wir die Verpflichtungsermächtigung für den sozialen Energiebonus 2021 nochmal um 1 auf nun 3 Mio. Euro erhöhen.“
Schließlich stehen fast 500.000 Euro für vier Wahlen 2021 im Entwurf des Haushalts: Ausländerbeiratswahl, Kommunalwahl, Oberbürgermeister*innenwahl und Bundestagswahl.
„Miteinander, sozial, nachhaltig – für uns in Marburg stehen soziale Gerechtigkeit, Umwelt- und Klimaschutz auf der gleichen Stufe wie wirtschaftlicher Erfolg und Wachstum“, fasst Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies zusammen. Mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf mache sich Marburg auf den Weg aus der Corona-Krise und entwickle sich hin zur Post-Corona-Stadt. „Sie soll besser werden und nicht schlechter“, so Spies. „Wir wollen das Gute, das Schöne, das Lebenswerte unserer Stadt bewahren und behutsam in die Zukunft führen. Und wir wollen die Lehren aus dieser seltsamen Zeit mit in die Zukunft nehmen, damit Marburg noch ein bisschen besser, schöner, erfolgreicher, gerechter, sozialer, nachhaltiger und lebenswerter wird.“
Die komplette Haushaltsrede von Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies am 25. September in der Stadtverordnetenversammlung finden Sie hier.
Die Entwürfe des Haushaltsplan 2021 und des Nachtragshaushalts 2020 finden Sie hier.