Die Pharmaziegeschichte Marburgs reicht bis in das 17. Jahrhundert zurück, als ein neuer Lehrstuhl für „Chemyatrie“ besetzt wurde. Mit Emil von Behring kam circa 330 Jahre später einer der bekanntesten Mediziner und Forscher seiner Zeit in die Universitätsstadt. Mit seiner Entwicklung der Serumtherapie gegen Diphtherie und Tetanus erhielt er 1901 den Nobelpreis für Medizin und prägte den Marburger Standort für Pharmazie maßgeblich.
„Die vielschichtige Persönlichkeit Emil von Behrings besonders in seinen Marburger Jahren durch dieses Lesebuch zu entdecken, ist eine eindrückliche Reise in das Leben und Wirken des ersten Mediziners, der den Nobelpreis erhielt“, sagt Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. Er wird gemeinsam mit Prof. Dr. Irmtraut Sahmland, Vorsitzende des Fördervereins „Emil von Behring“, das Publikum bei der Vorstellung der neuen Stadtschrift begrüßen. „Behrings medizinische Entwicklungen führten zu zahlreichen Spuren, die er bis heute in der Stadt hinterlassen hat. Dieses Lesebuch lässt sie gegenwärtig und lebendig werden, dafür danke ich der Autorin Dr. Kornelia Grundmann sehr herzlich“, so OB Spies.
Die Marburger Medizinhistorikerin Grundmann hat das „Lesebuch“ nach langwieriger Recherchearbeit fertiggestellt. Das Besondere ist, dass die Autorin ein Augenmerk auf Emil von Behrings Zeit in Marburg ab 1895 legt, die in Veröffentlichungen bisher weniger im Vordergrund stand. Dabei macht Emil von Behring selbst in vielen seiner Briefe deutlich, dass Marburg zu seiner zweiten Heimat wurde. So schrieb er zum Beispiel in einem Brief an seinen Freund und Weggefährten Friedrich Althoff über Marburg als: „[…] eine zum Naturgenuß einladende Stadt, wie’s kaum eine zweite gibt unter unseren Universitätsstädten“ (S. 142). Zudem wurden Behrings Söhne in Marburg geboren und er leistete wichtige wissenschaftliche Arbeiten in der Stadt – wenngleich seine nobelpreiswürdige Entdeckung der Serumtherapie in die Zeit am Berliner Hygiene-Institut Robert Kochs fällt. Die Berliner Zeit, wie auch die zweite Lebenshälfte Behrings in Marburg sind laut der Stadtschrift-Autorin Grundmann nicht separat voneinander zu trennen. Sie behandelt beide Lebensstationen im Buch.
„So schließt Dr. Grundmanns Arbeit eine weitere Lücke in der von den Naturwissenschaften bis heute geprägten Stadtgeschichte und knüpft an den Wunsch, sie gegenwärtig und lebendig zu halten“, sagt Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies.
Als Quelle für ihr „Lesebuch“ nutzte Kornelia Grundmann den Nachlass Emil von Behrings, der 2011 der Philipps-Universität übereignet wurde. Grundlage sind zudem viele weitere Quellen, Behrings Herkunft, die Familie, seine Persönlichkeit sowie seine Lebensstationen. Durch diese Rechercheleistung entstehen persönliche Einblicke in Briefwechsel von Behring mit seinen Zeitgenoss*innen, aber auch eine Spurensuche nach wenig entdeckten Wirkungsstätten Behrings in Marburg. Die Leserinnen und Leser lernen das Leben und Wirken Emil von Behrings als Familienvater, Ehemann, medizinischer Forscher und Lehrender kennen, sie finden zum Teil bislang unveröffentlichtes Bildmaterial sowie persönliche Zitate und Korrespondenzen.
Eine Kostprobe davon erhalten die Zuhörer*innen am Montag, 9. Dezember, ab 18 Uhr im Historischen Rathaussaal, Markt 1, wenn die Medizinhistorikerin und ehemalige Kuratorin des Museum Anatomicum Passagen aus Briefwechseln von Behring mit Weggefährt*innen aus der Medizin bis hin zu einem Brautbrief an seine Frau Else vorliest – untermalt von Abbildungen, die sie im Saal zeigt. Und begleitet von Jonathan Widdascheck (12), Schüler der Musikschule Marburg, der am Flügel Werke von Chopin und Martinu spielt. Dass auch im Hause Behring gern Chopin gehört wurde, weiß die Nachwelt wiederum aus Briefen seiner Frau Else an ihre Mutter.
Die 247 Seiten starke Publikation „Emil von Behring – ein Lesebuch“ erscheint als Band 112 der Stadtschriften-Reihe zur Geschichte und Kultur im Rathaus-Verlag, ISBN 978-3-942487-14-6. Es kostet 12 Euro und steht nach der Lesung im Foyer des Historischen Rathaussaals zum Verkauf.
Danach ist es ab 11. Dezember erhältlich im Fachdienst Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Universitätsstadt Marburg, Rathaus, Markt 1, (06421) 201-1346, pressestelle@marburg-stadt.de, per Online-Formular oder im Buchhandel. Weitere Informationen gibt es unter www.marburg.de/stadtschriften.