Der ungenutzte Geländestreifen war in Folge des Baus für einen Drehsteg über das Schwarze Wasser in der Lahnaue im Jahr 2011 entstanden. Zwischen Nordstadt und Uferstraße verbindet der Steg seitdem zwei viel benutzte Fuß- und Fahrradwege. Am Lahnufer nördlich des Drehstegs entstand so eine Brachfläche, die zwischen sieben bis zwölf Meter breit ist.
Baulich wurde die Fläche im Rahmen des Projektes um einen Meter ausgebaggert und an vier Stellen an die Lahn angeschlossen. Von oben sind nun insbesondere vier kleine Inseln sowie ein kleines Gewässer zwischen den Inseln und dem Ufer zu sehen. Bei Hochwasser wirkt die Furkationsrinne wie ein Seitenarm der Lahn. Die genaue Lage richtete sich bereits in der Planung anhand bestehender Uferbäume aus. Nur kleinere Gehölze mussten so entfernt werden. „Diese haben wir aber als Tothölzer zur Stabilisierung im Bereich der Durchlässe wiederverwendet", erklärte Werner Plaßmann vom städtischen Fachdienst Tiefbau. Aufgrund des Lahnaufstaus am Grünen Wehr drückt sich das Lahnwasser auch schon bei Niedrigwasser in den neu erschlossenen Gewässerbereich. Wurzelstubben – das Wurzelgeflecht der wenigen entfernten Gehölze – sollen in Zukunft an den Durchlässen eingesetzt werden und Schutz beispielsweise für kleinere Fische bieten.
Umgewandelt in eine sogenannte Furkation ist der Bereich nicht nur ein schönerer Anblick für Passantinnen und Passanten, sondern eine Kombination aus Lebensraum für Pflanzen und Tieren bei niedrig bis mittlerem Wasserstand der Lahn und bei Hochwasser als Ausweichfläche ein Schutz. Insbesondere Hasel, Döbel und Rotauge finden gute Bedingungen.
„Mit dieser Furkationsrinne haben wir die ökologische Wertigkeit an dieser Stelle deutlich erhöht und mit kleinem Aufwand viel geschafft", freute sich Bürgermeister Dr. Franz Kahle beim Ortstermin. Mit der Baumaßnahme sei die Lahn an dieser Stelle wieder ihrem Ursprungszustand vor 50 bis 60 Jahren angeglichen worden, als sie sich in mehrere kleinere Seitenarme aufteilte. „Für den Schutz von Fisch- und Pflanzenarten, allgemein für die Biodiversität, hat sich diese Maßnahme absolut gelohnt", führte Marburgs Naturschutzdezernent weiter aus.
Hauptziel der Furkation ist also die Schaffung von strömungsberuhigten Wasserflächen bei Normal- bis Niedrigwasser, aber auch eine stärkere Durchströmung bei Hochwasser. Dabei ist eine Umwälzung der Grabensohle durchaus erwünscht, sofern die Ufer nicht fortgespült werden. Um dies zu gewährleisten, steht am Einlauf ein Strömungslenker, aber auch das Ufer wurde zusätzlich abgesichert. Eine Bank und ein Findling-Stein sorgen zudem für nahegelegene Sitzgelegenheiten. „Wir haben hier sowohl etwas für den Naturschutz, als auch für die Aufenthaltsqualität im Bereich des Fahrradweges getan", resümierte Kahle.
Im vergangenen Winter hatte die Furkation die erste Bewährungsprobe bereits gut gemeistert. Bei einem größeren Hochwasser Anfang Dezember hat sich die Lahn dort ein komplett neues Bett gestaltet. Seit Januar führten mehrere kleinere Überschwemmungen ebenfalls zu Ausspülungen und frischer Materialablagerung. Zurzeit liegt die Sohlhöhe im Mittel circa 10 Zentimeter unter der gebaggerten Sohle. Hochwasserschäden gab es jedoch kaum. Lediglich die Splittdecke um die Sitzgelegenheiten herum musste im Frühjahr durch hochwassersicheres Natursteinpflaster ersetzt werden.
Für Planung und Bauleitung zeichnete der städtische Fachdienst Tiefbau verantwortlich. Umgesetzt hat die Baumaßnahme die Firma Geißler aus Kirchhain. Die Projektkosten lagen bei rund 55.000 Euro.