© Stadt Marburg, Sabine Preisler
Der AStA (Allgemeine Studierendenausschuss) der Philipps-Universität hatte das Fahrradverleihsystem Mitte 2014 mit „Call a Bike“ der Deutschen Bahn in Marburg ins Leben gerufen. Das Projekt startete mit 150 Fahrrädern an 15 Stationen. Seit März 2016 fördern die Universitätsstadt Marburg und die Stadtwerke das Verleihsystem. Mit 30.000 Euro pro Jahr von Seiten der Stadt und 20.000 Euro von den Stadtwerken konnte die Zahl der Räder auf 200 und die der Stationen auf 25 ausgeweitet werden.
Der Vertrag zwischen AStA und „Call a Bike“ lief bis zum 30. September 2017. Für den Anschlussvertrag haben die Studierendenvertretungen in ganz Hessen die Leistung gemeinsam ausgeschrieben. Den Zuschlag erhielt „Nextbike“ aus Leipzig. Die Firma machte das beste Angebot mit fabrikneuen Sieben-Gang-Schalt-Rädern mit integriertem BikeComputer und Gabelschloss, automatischem LED-Licht, höhenverstellbarem Sattel, Reifen mit Pannenschutz sowie einem engmaschigen Frontkorb. Zum 1. Oktober wurde „Nextbike“ vom AStA als Generalunternehmen für die kommenden fünf Jahre beauftragt.
Analog zum bisherigen System übernimmt der AStA die finanzielle Verantwortung für 150 Räder. Stadt und Stadtwerke sind weiter mit im Boot – mit 30 Rädern, die die Stadt finanziert, und 20 Rädern von den Stadtwerken.
„Natürlich sind wir auch im Nachfolgeprojekt aus voller Überzeugung dabei“, sagte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies beim Pressetermin zur Vorstellung der neuen Räder am Hörsaalgebäude. Schließlich sei das Fahrradverleihsystem ein Baustein von vielen zur Verbesserung der Radverkehrssituation und -infrastruktur in der Stadt. Dass schon viel geschafft und noch mehr auf den Weg gebracht wurde „in unserer Stadt zwischen zwei Bergen“ zeige unter anderem die Auszeichnung des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs, so Spies. Der ADFC hatte Marburg just bescheinigt, die Stadt zu sein, die im Vergleich mit anderen ihrer Größe bundesweit die meisten Verbesserungen für den Radverkehr erreicht hat. Das Fahrradverleihsystem war ein wichtiger Punkt in der Benotung Marburgs durch den ADFC.
„Das Radverleihsystem ist auch deshalb so erfolgreich, weil man das Rad nicht dorthin zurückbringen muss, wo man es geholt hat, sondern an jeder Station abstellen kann“, führte Bürgermeister und Umweltdezernent Wieland Stötzel aus. Für die Zukunft sei denkbar, auch E-Bikes in das System zu integrieren, so Stötzel, „das wäre auch ein toller Baustein für die Verbindung zu den Lahnbergen“.
© Stadt Marburg, Birgit Heimrich
Spies lobte den AStA für sein Engagement und seine Kreativität bei der Suche nach flexiblen Lösungen für eine umweltfreundliche Mobilität. „Das Lob nehmen wir gerne an“, dankte Cornelius Hansen, der mit Alena Fischer vom AStA zur Radstation in der Biegenstraße gekommen war, dem OB. Das System der Leihfahrräder sei von Anfang an ein Selbstläufer gewesen, so Hansen, „weil damit flexibilisierte Mobilitätsbedürfnisse bedient werden“. Auf 7000 registrierte Studierende stieg die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer seit Start des Verleihsystems in Marburg. „Wir hoffen, dass noch mehr Menschen die Räder nutzen, nicht nur die Studierenden, sondern auch andere Menschen“, so Hansen.
Universitätsstadt und Stadtwerke werben bei ihren eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit gutem Beispiel voranzugehen und auf das Rad als Ergänzung zum ÖPNV und als Alternative zum Auto umzusteigen. Wer kein eigenes Fahrrad hat, kann ein „Nextbike“ nehmen – das Unternehmen bietet auch den Beschäftigten den Studierenden-Tarif an.
„Radfahren ist umweltfreundlich und gesundheitsfördernd“, sagte Holger Armbrüster, Vertriebsleiter der Stadtwerke, zur Motivation der Stadtwerke, das Verleihsystem zu unterstützen. „Wir haben eine Station direkt vor der Haustür“, so Armbrüster. Die Leihräder passten als Ergänzung zum Öffentlichen Nahverkehr perfekt zum Konzept der flexiblen Mobilität.
Heidi Bretschneider und Onur Semerci von „Nextbike“ demonstrierten, wie das Verleihsystem funktioniert. Jochen Friedrich, Fachdienstleiter Umwelt- und Naturschutz, Fairer Handel und Abfallwirtschaft, der neben Michael Hagenbring vom Fachdienst Straßenverkehr beim Pressetermin dabei war, probierte es vor Ort gleich aus.
Das Fahrradverleihsystem ist denkbar einfach: Wer die Räder nutzen will, registriert sich einmalig per App, Hotline oder auf der Webseite des Anbieters www.nextbike.de mit Angabe von Name, Adresse, E-Mail-Adresse, gegebenenfalls Smartphone-Nummer und Zahlungsart. „Am besten, man bestellt gleich eine elektronische Kundenkarte“, erklärte Bretschneider.
Mit dieser Karte oder per Smartphone-App, Hotline oder dem BikeComputer am Radrahmen wird das Fahrrad an der Station, an der die Nutzerin oder der Nutzer losfahren will, entsperrt, dann das Gabelschloss abgenommen – und schon geht’s los. Abgestellt werden kann das Rad an jeder beliebigen Station. Dort angekommen wählt man wiederum per App, Bike-Computer oder Hotline den Standort, an dem man gerade ist und das Rad anschließt, und bestätigt die Rückgabe.
Die Leihgebühr richtet sich nach der Ausleihdauer: ein Euro für 30 Minuten, maximal neun Euro am Tag pro Ausleihe. Es gibt auch einen Jahrestarif für 48 Euro, in dem die jeweils ersten 30 Minuten pro Ausleihe frei sind. Für Studierende ist das Verleihsystem im Semesterticket integriert. Sie radeln die erste Stunde frei und mieten das Fahrrad danach für einen Euro pro halbe Stunde (maximal fünf Euro pro Tag, maximal drei Räder gleichzeitig) – in Marburg und bis auf wenige Ausnahmen auch bundesweit in anderen „Nextbike“-Städten sowie vereinzelt auch im europäischen Ausland.