© Nadja Schwarzwäller i.A.d. Stadt Marburg
Wie bei den bisherigen „Vorortdialogen“ stellte der Verkehr – und im weitesten Sinne die Mobilität – auch im Stadtteil Cappel ein zentrales Thema für die Bürger*innen dar. Einige Fragen drehten sich dabei um den Bereich der Marburger Straße. Hinsichtlich fehlender Sitzmöglichkeiten für ältere oder gehbehinderte Menschen verwies Ortsvorsteher Peter Hesse auf die Problematik, dass dafür kaum Platz auf dem Bürgersteig sei. Bezüglich der Haltestelle Schubertstraße sei es aber wohl möglich, sich mit den Stadtwerken in Verbindung zu setzen, um dort weitere Sitze anzubringen. Für das Pflaster vor mehreren Haltestellen sei bereits eine Reinigung in bestimmten Intervallen geplant, so Hesse.
Themen rund um Mobilität
Dem Anliegen nach Geschwindigkeitsmessungen auf der Marburger Straße möchten Oberbürgermeister und Ortsvorsteher gerne nachkommen. Die Frage nach einer Temporeduzierung sei laut Hesse auch schon Thema im Ortsbeirat gewesen und zur Prüfung weitergegeben worden. Weitere Straßen waren an diesem Abend Thema, etwa die Straße Am Köppel. Nachfragen gab es auch zur Zukunft des alten Pfarrgartens und zu einer Verbesserung der Verkehrssituation an dieser Stelle angesichts der geplanten künftigen Nutzung. Komplexe Fragestellungen wie baurechtliche Detailfragen bezüglich des Pfarrgartens bat der OB, direkt per E-Mail an ihn zu stellen, an oberbürgermeister@marburg-stadt.de, und versprach Detailantworten per Mail.
Der St.-Elisabethverein wolle dort in einem Neubau Betreutes Wohnen ermöglichen, daneben besteht die Idee, das ehemalige Pfarrhaus im alten Pfarrgarten als mögliche Begegnungsstätte zu nutzen. Ein Teil der Baugenehmigung für den Neubau liege bereits vor, zwei weitere Teile seien noch im Prozess, informierten OB und Ortsvorsteher. Für die schmalen Bürgersteige und die Verkehrsanbindung für Transporte müsse es Lösungen geben, sagte Hesse. „Allerdings ist angesichts von zwölf Wohneinheiten für Menschen, die sich selbst versorgen und zehn Wohneinheiten für pflegebedürftige Patienten auch kein allzu großer Liefer- oder Transportverkehr zu erwarten“, so der Ortsvorsteher. Im Bezug auf die Engstellen plädierte er auch für Rücksichtnahme und gegenseitiges Verständnis der Bürger*innen.
Auf die Frage, wann Cappel tagsüber mit einer 15-Minuten-Taktung im ÖPNV und abends mit einer Busverbindung alle 30 Minuten rechnen könne, antwortete der Oberbürgermeister, dass kurzfristig keine derartige Verdoppelung in der Anbindung umgesetzt werden könne. Die Stadt arbeite kontinuierlich daran, den ÖPNV auszubauen, allerdings schlage der derzeit mit einem Defizit von rund 12 Millionen Euro zu Buche, wovon die Stadt etwa die Hälfte trägt. Leere Busse seien sowohl finanziell wie auch ökologisch nicht sinnvoll. Außerdem gebe es weder einen Bedarf in entsprechendem Umfang noch die erforderlichen Mittel.
Um Busverkehr jedoch attraktiv zu machen, müsse auch das Angebot ausgeweitet werden, sagte Hesse und warb dafür, nach alternativen Wegen – vor allem für das Wochenende – zu suchen. Er nannte Ideen wie kleinere Busse und zentrale Umsteigplätze. Derartige Anregungen, Wünsche und Vorschläge können auch Bürger*innen gerne einbringen, betonte der OB und warb in diesem Zusammenhang für eine Teilnahme an der Onlinebefragung zum neuen Mobilitäts- und Verkehrskonzept „MoVe35“, das die Stadt erarbeitet. Noch bis Ende des Jahres können die Bürger*innen ihre Nutzungsgewohnheiten und Verbesserungsvorschläge bei der Bestandsaufnahme einfließen lassen unter www.marburgmachtmit.de. Ab Frühjahr 2021 haben die Marburger*innen dann die Möglichkeit, sich an der Entwicklung von Zielen und Leitlinien zu beteiligen.
Beim Stichwort Mobilität äußerte ein Teilnehmer per Chat, dass er sich eine Verleihstation für Lastenfahrräder in Cappel wünsche – und auch bereit sei, sich mit einem eigenen Lastenfahrrad einzubringen. OB Spies erklärte, die Stadt sei mit dem Anbieter „Nextbike“, der im Stadtgebiet Verleihstationen für Fahrräder betreibt, im Gespräch über einen möglichen Ausbau auch hinsichtlich E-Bikes und Lastenfahrrädern.
Pläne rund ums Bauen und Sanieren
Bezüglich eines fehlenden Treffpunkts im Stadtteil kam auch der August-Bebel-Platz zur Sprache. Der OB zeigte sich offen dafür, bereits vorhandene Planungen für den Platz aus der Amtszeit seines Vorgängers noch einmal anzugehen. Er hält es allerdings für sinnvoll, etwaige Planungen an die Entscheidung über die künftige Nutzung des alten Rathauses zu koppeln. Dort würde der Ortsbeirat gerne wieder mit der Verwaltungsaußenstelle einziehen, die seit mehreren Jahren im ehemaligen Postgebäude untergebracht ist.
Das alte Rathaus wird bislang als Übergangslösung benötigt für die Kindergärten Am Teich und Goldbergstraße aufgrund von Sanierungen der entsprechenden Gebäude. Überlegt worden war, ob im alten Rathaus ein Teil der Stadtverwaltung aus der Kernstadt untergebracht werden könne, weil dort ebenfalls Gebäude saniert werden müssen. Zum genauen Sachstand wollte Spies im Nachgang der Veranstaltung nach Rücksprache mit dem Bauamt nochmal Auskunft geben. In Abstimmung mit dem Ortsvorsteher hat der OB nun entschieden, dass gemeinsam mit dem Ortsbeirat und den Cappeler*innen die zukünftige Nutzung des Gebäudes gemeinsam geplant wird, sobald die Kita aus dem Gebäude raus ist – und so unter anderem für Ortsbeirat und Vereine die Nutzung möglich wird. „Für die Verwaltung finden wir für die Dauer der Sanierungsarbeiten eine andere Lösung“, ergänzt OB Spies.
Auch was den Stand der Umbaupläne der Erich-Kästner-Schule (EKS) angeht, war von Interesse. OB und Ortsvorsteher antworteten, dass der Umbau bevorstehe und zeitnah geplant sei – vermutlich zwischen 2022 und 2025. Containergebäude sollen vorübergehend für Schüler*innen eingerichtet werden, da einzelne Gebäude im laufenden Betrieb ersetzt werden müssten. Auch um die Schule und das Internat „Steinmühle“ ging es. Die Frage nach einer Bebauung der Cappeler Wiesen im Bereich der Steinmühle wurde von Hesse und Spies dahingehend beantwortet, dass die Steinmühle dort baulich weiterentwickelt werden solle.
Im Chat mehrmals geäußerte Bedenken, dass die Bolzwiese im Eselsgrund künftig als Bauland ausgewiesen werden könne, begegnete Hesse damit, dass der Ortsbeirat die Zusage des Bürgermeisters habe, dass für die nächsten zehn Jahre keine derartigen Absichten bestehen. „Darauf verlasse ich mich und solange wir als Ortsbeirat hier tätig sind, wird es das mit uns auch nicht geben“, so Hesse. Auch der Oberbürgermeister bekräftigte, es gäbe derzeit keine Planungen für dortigen Wohnungsbau und außerdem bestehe eine Nutzung mit naturnahem Zweck durch den Waldkindergarten.
Auch der Waldkindergarten selbst war wiederholt Thema. In diesem Zusammenhang stellte der OB klar, dass für den Kindergarten Goldbergstraße ebenso Geld von der Stadt investiert werde wie für den Waldkindergarten und betonte, dass der Waldkindergarten sogar günstiger sei. Er ging auf den pädagogischen Nutzen des Konzepts ein und begründete, warum der Waldkindergarten samt Bauwagen Wasser und Strom oder eine Unterstellmöglichkeit benötigt.
Austausch und Begegnung
Die Frage, ob die Stadt Unterstützung bei der Aufstellung des Weihnachtsbaums in Cappel leisten könne, beantworteten Ortsvorsteher und OB mit einem klaren Ja. Insbesondere in einem Jahr wie diesem seien solche vermeintlich kleinen Dinge von großer Bedeutung. Es sollen zumindest „kleinen Freuden“ ermöglicht werden, gerade für Menschen, die durch die Maßnahmen zur Eindämmung von Corona viel alleine sind. Der OB erläuterte, wie wichtig es sei, soziale Nähe bei körperlicher Distanz zu ermöglichen. Und vielleicht könne um den Baum herum dann auch die ein oder andere Möglichkeit, sich coronakonform zu treffen, organisiert werden? Ortsvorsteher Hesse erklärte, die „Aktiven Bürger*innen für Cappel“ (ABC) hätten schon jede Menge Ideen. „Man muss die Leute erreichen – trotz Corona“, unterstrich er und betonte, dass Auswege gefunden werden müssen, damit trotz des Virus Austausch und auch sichere Begegnung auf Abstand möglich sei.
Thema war auch die Wahl zum Seniorenbeirat. Im Nachgang zu den Informationen, die OB Spies im „Vorortdialog“ gab, berichtigt er sich: Neu in dieser Wahlperiode ist, dass auch ältere Marburger*innen, die nicht in einer Organisation, einem Verein oder Verband sind, sich aufstellen lassen können als Delegierte. Die Wahl der nicht organisierten Delegierten findet in einer gesonderten Versammlung statt am 1. Februar 2021. Die Delegiertenversammlung für die Wahl zum Seniorenbeirat ist am 22. Februar 2021 geplant.
Wer den Vorortdialog noch nachträglich verfolgen möchte, hat dazu unter folgendem Link die Gelegenheit: https://flashlight.video/vorortdialog/. Dort kann sich jede*r auch den nächsten Vorortdialog in Bauerbach am 25. November live ansehen, Fragen an die Beteiligten stellen und Rückmeldung geben.