© Cyclomedia, i. A. d. Universitätsstadt Marburg
„Wir sind da ganz offen“, sagte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies zur Entwicklung von neuem Wohnraum – eines der großen Themen für Bauerbach. Aber: Eine vernünftige Entwicklung müsse genau geplant werden – gut überlegt und nachhaltigkeitsorientiert – und das dauere eine gewisse Zeit. „Aus Sicht der Stadt würde ich mir sehr wünschen, dass wir das mit der SEG machen“, so Spies. Die stadteigene Wohnungsbaugesellschaft GeWoBau könnte dann auch Projekte im Bereich des Mehrgenerationenwohnens umsetzen, an denen großer Bedarf besteht, wie der Oberbürgermeister auf Nachfrage bestätigte. Der Ortsvorsteher von Bauerbach, Lothar Böttner, sagte, es müsse Tempo in die Entwicklungen gebracht werden. Er habe eine Liste mit 42 Interessent*innen, die gern in Bauerbach bauen möchten. Mehrere junge Familien seien bereits weggezogen und hätten ihren Wunsch vom eigenen Haus in anderen Gemeinden realisiert.
Bei der Frage nach einer möglichen Unterstützung für den Dorfladen in Ginseldorf, bei dem die Corona-Krise erhebliche Mehrausgaben verursacht habe, verwies der OB auf das städtische Hilfspaket für gemeinnützige Vereine und freie Träger. Mit einem Antrag könne Hilfe abgerufen werden. Und auch wenn es sich bei dem Verein, der den Dorfladen betreibt, nicht um eine gemeinnützige Einrichtung handelt, sei es sicher möglich, eine Lösung zu finden, bekräftigte Spies. Er verwies auf die Funktion des Ladens nicht nur für die Nahversorgung, sondern auch als sozialer Treffpunkt für den Stadtteil. Nähere Informationen zu dem Hilfsangebot gibt es unter dem Reiter „Informationen für Vereine und Institutionen unter https://www.marburg.de/politik-stadtgesellschaft/marburg-auf-einen-blick/marburg-aktuell/corona-virus-ueberblick/.
Wie in vielen anderen Stadtteilen auch sorgte das Thema Radwege für Diskussionen. Zur Sprache kam unter anderem der Weg zwischen Bauerbach und Ginseldorf. Dort hätten Bauarbeiten wegen der Verlegung von Rohren massive Schäden hinterlassen, außerdem werde die wassergebundene Decke in einem abschüssigen Bereich immer wieder ausgespült. Die Ortsvorsteher sehen Handlungsbedarf, der Oberbürgermeister sagte zu, dass sich das umgehend näher angesehen werde. Darüber hinaus sei die Verbindung aber auch Teil des Radwegeverkehrsplans, mit dem der Fachdienst Tiefbau ohnehin befasst sei, so Spies.
Auch in Bezug auf eine Verbindung aus Ginseldorf in die Stadt Marburg hinein verwies der OB erneut auf den Radwegeverkehrsplan. Der umfasse insgesamt rund 100 Kilometer Wege, die Umsetzung werde 20 Millionen Euro kosten – „das geht nicht alles auf einen Schlag“. Sinnvoll sei hier, dass der Weg über Bauerbach und die Lahnberge in die Stadt führt. Die Anbindung von Ginseldorf Richtung Bauerbach und die Anbindung von Bauerbach an die Lahnberge seien in Arbeit, erklärte der Oberbürgermeister.
Grundsätzlich müsse unterschieden werden zwischen Feld- oder Waldwegen und regulären Radwegen. Feld- oder Waldwegen, die auch mit dem Fahrrad genutzt werden können, dürfen nicht einfach asphaltiert werden. Beim Ausbau von Radwegen als Verkehrsanlagen muss vieles berücksichtigt werden, unter anderem müsse ein Naturschutzgutachten erstellt werden. Das nehme Zeit in Anspruch. „Der Planungsprozess für einen Radweg ist nicht viel einfacher als der für eine Straße“, sagte Spies. Deshalb werde momentan eher ein Feldweg ertüchtigt. Das bezahlte auch die Stadt, wenn ihr der Weg selbst nicht gehöre.
Für den Radweg auf der Panoramastraße hat die Stadt fünf Jahre mit Hessen Mobil verhandelt, weil die Straße dem Land gehört, berichtete das Stadtoberhaupt. Das Ziel der Stadt sei es, ein Stück der überdimensionierten Fahrbahn als Spur für Busse und Fahrräder wegzunehmen. Zum Vorschlag von Geschwindigkeitsbegrenzungen im Bereich der Großseelheimer Straße antwortete Spies, er werde das mit der Straßenverkehrsbehörde besprechen, allerdings könne er nichts versprechen.
Ob das AST-Angebot des ÖPNV für die beiden Stadtteile aufrechterhalten werden könne, beantwortete das Stadtoberhaupt mit einem klaren Ja. Einige Angebote der Anruf-Sammel-Taxen seien in der Vergangenheit abgeschafft worden: Sie wurden so gut angenommen, dass sich stattdessen der Einsatz eines Busses lohnt. „Es ist grundsätzlich unser Ziel, das Angebot für die Außenstadtteile kontinuierlich zu verbessern“, so Spies.
Mehrere Bürger*innen meldeten sich über den Chat zum Thema Verkehr in Ginseldorf zu Wort. Die Geschwindigkeitsbegrenzung am Ortseingang werde nicht eingehalten und auf der Strecke durch den Ort sogar überholt. Ortsvorsteher Dr. Harald Reitze bestätigte, dass viel zu schnell gefahren werde und bislang nur einmal eine Kontrolle stattgefunden habe. Ein zweites Problem sei die Tatsache, dass der Weg durch Ginseldorf von allen, die von der B3 und aus den Nachbarkreisen kommen, als „Schleichweg“ auf die Lahnberge genutzt werde.
Tempo 30 für die gesamte Strecke durch den Ort sei nicht durchzusetzen, weil die Straße als „klassifizierte Straße“ gilt, dafür benötige es die Anordnung des Regierungspräsidiums (RP). Das Regierungspräsidium prüfe aber genau, ob eine Verbesserung durch ein Tempolimit erreicht werden könne. Spies sagte zu, das Ordnungsamt zu bitten, aktiv zu kontrollieren. Es gebe außerdem die Möglichkeit von „Smiley-Tafeln“ und als weitere Option zur Verkehrsberuhigung eingezeichnete Parkbuchten. Diese haben in Bauerbach eine Verbesserung gebracht, bestätigte Böttner.
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Angesprochen auf die Angebote im Bereich der Jugendarbeit, antwortete Böttner, in Bauerbach existieren zwei Gruppen in den jeweiligen Kirchengemeinden. In Ginseldorf sei eine Gruppe der KJG (Katholische Junge Gemeinde) aktiv, berichtete sein Amtskollege Reitze. Auf die Nachfrage nach Angeboten für ältere Menschen in Ginseldorf verwies er auf den Sportverein. Und die katholische Gemeinde bietet konfessionsunabhängig – für Ginseldorf und Bauerbach im Wechsel – die Teilnahme an einem Mittagessen an.
Beim Stichwort umweltfreundliche Energien kam die Frage nach der Möglichkeit eines Anschlusses an ein neues Fernheizkraftwerk auf den Lahnbergen auf. Die Stadt fördere grundsätzlich gern den Umstieg auf erneuerbare Energien, bekräftigte Oberbürgermeister Dr. Thoma Spies. Für eine Fernwärme-Leitung müssten sich genügend Haushalte finden, die daran Interesse haben. Er werde die Stadtwerke fragen, ob es möglich sei, einen Anschluss auf die Lahnberge zu realisieren. Außerdem bat er die Ortsvorsteher, in Erfahrung zu bringen, wie groß das Interesse im Stadtteil an dem Thema ist. Im Zusammenhang mit der Anregung Böttners, selbst auf Solarzellen, Photovoltaik und Wärmepumpen umzusteigen, wies Spies darauf hin, dass die Stadt einen Energieberater beschäftigt, der Fragen dazu beantwortet.
Der nächste Vorortdialog wird sich am 9. Dezember mit dem Marburger Südviertel befassen. Über die Internetseite https://flashlight.video/vorortdialog/ können alle Interessierten die Veranstaltung verfolgen und aktiv teilnehmen. Dort ist auch eine Rückmeldung möglich und es können die bereits vergangenen Vorortdialoge noch einmal in voller Länge abgerufen werden.