© Patricia Grähling, Stadt Marburg
„Unser Auftrag ist nicht weniger, als unser Marburg nachhaltig aus der Krise zu führen. Das geht nur gemeinsam", eröffnete Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies, als er am Freitagabend den Haushaltsentwurf des Magistrats der Stadtverordnetenversammlung vorstellte. Zwei Krisen stellen die Stadt dabei vor große Herausforderungen: die Corona-Krise und deren Auswirkungen sowie die Klimakrise. „wenn wir jetzt die richtigen Weichen stellen, zusammenhalten und anpacken, dann schaffen wir es: Nachhaltig aus der Krise!"
Insgesamt rechnet die Stadt Marburg im Haushaltsentwurf mit 267,8 Millionen Euro Einnahmen für 2022. Erhöhungen von Steuern sind keine geplant. Demgegenüber stehen 286 Millionen Euro Ausgaben, darauf kommen 39,8 Millionen Euro Investitionen (2021: 33,7 Millionen). Das macht ein Minus von 17,6 Millionen Euro im Ergebnishaushalt für das nächste Jahr – aber nur auf dem Papier. Das Geld hat Kämmerer Spies nämlich in diesem und dem letzten Haushaltsjahr schon auf die Seite gelegt. Denn: 2021 brachte deutlich mehr Gewerbesteuereinnahmen als geplant. Dadurch bekommt Marburg 2022 rund 17 Millionen Euro weniger über den Kommunalen Finanzausgleich (KFA), die mit einer Rücklage aus den Mehreinnahmen abgedeckt werden. „Uns geht es auch in 2022 gut, weil wir in den letzten Jahren vorgesorgt haben", betont Spies. „Auch wenn der Haushaltsausgleich 2022 vermutlich nur aus der Rücklage gelingt, soll uns dies nicht beunruhigen. Solange wir weiterhin unsere Finanzen nachhaltig planen, können wir uns mit großer Kraft den Herausforderungen des Klimaschutzes und der sozialen Gerechtigkeit stellen." Durch unvorhersehbar hohe Gewerbesteuereinnahmen in 2021 sei auch in 2023 mit geringen KFA-Mitteln zu rechnen.
Den größten Anteil der laufenden Einnahmen gibt die Stadt Marburg für die Kinderbetreuung aus: Insgesamt 42,3 Millionen Euro sind für die Kinder von 0 bis 6 Jahren vorgesehen. Für die Kinderbetreuung gibt die Stadt Marburg 2022 im Vergleich zu 2016 fast 50 Prozent mehr Geld aus – seit 2018 wurden aber auch 300 Ganztagesplätze geschaffen, insgesamt gibt es 3150 Plätze in der Kinderbetreuung. Darüber hinaus finanziert die Stadt Marburg auch noch die Kinderbetreuung für rund 1400 Grundschulkinder. Insgesamt umfasst der Bereich Soziales 76 Millionen Euro; etwa für Kinder, Jugend, Familien, sozial Benachteiligte, Senior*innen, Gesundheitsförderung, Gleichstellung, Integration Barrierefreiheit. „Mit Betreuungsangeboten, mit mehr Ganztagsschule, mit guten Freizeitangeboten tragen wir dazu bei, dass in unserer Stadt kein Kind zurückgelassen wird\", betonte das Stadtoberhaupt. Auch Armutsbekämpfung bleibe eine zentrale soziale Aufgabe, ebenso die erfolgreiche Gemeinwesenarbeit in den stärker benachteiligten Stadtteilen Richtsberg, Waldtal, Stadtwald.
Weitere Förderung von Klimaschutz-Investitionen der Bürger*innen geplant
Für den Klimaschutz sieht der Haushaltsentwurf für 2022 Ausgaben in Höhe von fast 17 Millionen Euro vor. „Damit zeigen wir: Wir können etwas tun! Wir sind dem menschgemachten Klimawandel nicht hilflos ausgeliefert. Es liegt in unserer Hand, das Ruder rumzureißen", betonte Spies. Dazu müssen auch die Menschen zum Mitmachen gewonnen werden. Das will die Stadt weiterhin mit Förderprogrammen tun, etwa für Heizungsumstellungen, Photovoltaikanlagen und E-Fahrräder. Auch mit dem Batterie-Oberleitungs-Hybrid-Bussystem (BOB) geht’s weiter; dafür stehen 1,5 Millionen Euro Bundesmittel für das Planungsverfahren bereit. Und weitere 1,5 Millionen Euro sind vorgesehen für ein Haus der Nachhaltigkeit im Kerner. Dort sollen Initiativen und Verbände Raum finden, die sich für Nachhaltigkeit engagieren.
Im Bereich Mobilität, der eng mit dem Klimaschutz verknüpft ist, sind 29,3 Millionen Euro Ausgaben eingeplant. Der Fokus bei den Investitionen liegt auf dem Ausbau der Radwege und den Planungen für eine Radwegeanbindung nach Görzhausen, auf die Lahnberge und für einen Schnellradweg Ost. Auch der ÖPNV wird weiter gestärkt.
Insgesamt 23,2 Millionen Euro sind für die Schulen eingeplant. Der größte Teil (16,9 Millionen) fließt in die Unterhaltung der Schulen, 6,3 Millionen Euro sind für die letzten Maßnahmen aus dem Bildungsbauprogramm BiBaP eingeplant. Zusätzlich sollen außerdem 3 Millionen Euro in die Digitalisierung der Schulen fließen.
Für die Feuerwehren sind 14,7 Millionen Euro in den Entwurf des Haushalts 2022 eingestellt, darin enthalten knapp 10 Millionen Euro (inklusive Verpflichtungsermächtigung) für die Neubauten der Feuerwehrhäuser in Cappel und Wehrshausen.
Gebaut wird auch weiterhin bei der GeWoBau, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Damit die GeWoBau dies leisten kann, stockt die Stadt Marburg das Kapital der Gesellschaft auf: Mit je einer Million Euro in den nächsten fünf Jahren plus je einer Million Euro Kredit. „Bezahlbarer Wohnraum ist sicher die größte soziale Herausforderung unserer Zeit und hier haben wir in den letzten Jahren viel, aber sicher noch nicht genug erreicht", so der Kämmerer. Und weitere 10 Millionen Euro sind eingeplant für den Weiterbau des Nachbarschaftszentrums im Waldtal und des Familienzentrums im Stadtwald.
Mit dem Stadtjubiläum Marburg800 steht 2022 ein besonderes Jahr für Marburg an. „Das Jubiläumsjahr wird unsere große Corona-ist-vorbei-Party", so OB Spies. Eingeplant sind dafür rund 1,25 Millionen Euro, mit denen die Kultur, die Wirtschaft, der Tourismus und der Zusammenhalt der Stadtgesellschaft weiter gestärkt werden sollen. Insgesamt stehen für die Kultur und Wissenschaft samt Volkshochschule im nächsten Jahr rund 10,8 Millionen Euro im Haushalt.
Zu den Ausgaben zählen auch die Umlagen, die Marburg zahlen muss: Rund 34 Millionen Euro gehen an den Kreis; das Land bekommt 10,6 Millionen Euro Gewerbesteuerumlage und 6,6 Millionen Euro Heimatumlage. An Schlüsselzuweisungen über den KFA bekommt Marburg 5,4 Millionen Euro zurück (2021: 22,1 Millionen Euro).
„Ich freue mich auf die Beratungen mit Ihnen allen", sagte Spies zum Abschluss. „Gemeinsam werden wir daran arbeiten, dass Marburg noch ein bisschen besser, schöner, erfolgreicher, gerechter, sozialer, nachhaltiger und lebenswerter wird, gemeinsam kommen wir: Nachhaltig aus der Krise.“
Hier finden Sie die Haushaltsrede von Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies.