Große Aufregung bei den kleinen Nutzerinnen und Nutzern des Hauses und ein Ständchen zu Beginn der Eröffnung, bei dem fast alle der knapp 60 Gäste mitsangen: Bestens gelaunt wurde das neue Familienzentrum am Richtsberg am Montag seiner künftigen Bestimmung übergeben. Oberbürgermeister Spies nutzte die Gelegenheit, um in drei Punkten die Leitlinien der zukünftigen Kinderbetreuungspolitik der Stadt zu umreißen:
Spies: Mehr Chancengleichheit durch frühe Bildung und KiBaP, strukturierter KiTa-Ausbau durch verlässliche, transparente Planung
„Erstens werden wir nach dem Erfolgsmodell des Bildungsbauprogramms BiBaP für die Schulen auch mit einem Kindergartenbauprogramm KiBaP den weiteren Ausbau und Sanierung der Kindertagesstätten transparent, verlässlich und unter Beteiligung der Betroffenen voranbringen“, erklärte Spies.
„Zweitens bedeutet Chancengleichheit in der Bildung, dass die Ressourcen bedarfsgerecht und nicht mit der Gießkanne verteilt werden. Kinder in benachteiligten Stadtteilen wie dem Richtsberg brauchen mehr Förderung, um die gleichen Chancen zu haben. Das ist eine elementare Forderung der sozialen Gerechtigkeit. Im Rahmen der kooperativen Sozialplanung werden wir eine entsprechende Verbesserung herbeiführen“, so Spies weiter. Er halte eine quartiersbezogene Differenzierung für unverzichtbar.
„Und zum Dritten brauchen wir eine gute, bedarfsgerechte Betreuung, die die Eltern nicht belastet“, sagte der Oberbürgermeister. Zwar sei im letzten Jahr die Gebührenbefreiung für Geringverdiener deutlich ausgeweitet worden, doch dies reiche nicht aus. „In Baden-Württemberg trägt das Land zwei Drittel der Betriebskosten der KiTas. Wäre das in Hessen auch so, wären die KiTas natürlich kostenlos für die Eltern und der Marburger Haushalt hätte nicht drei Millionen Euro Defizit, sondern vier Millionen Haushaltsüberschuss. Damit ließe sich sehr viel für den Ausbau der sozialen und kulturellen Infrastruktur tun“, so Spies.
90 Kinder spielen, lernen und essen im barrierefreien Familienzentrum mit KiTa und Hort am Karlsbader Weg
© Nadja Schwarzwäller, i. A. der Stadt Marburg
„Wir freuen uns, das Betreuungsangebot der Universitätsstadt Marburg für Eltern und Kinder mit der Eröffnung des Familienberatungszentrums weiter ausbauen zu können“, betonten Spies und Bürgermeister Dr. Franz Kahle. „Und das nach neuesten Standards“, so der Bürgermeister.
Kahle verwies darauf, dass der Neubau als Passivhaus über PV-Module auf dem Dach und über eine Solarthermie-Anlage verfüge, was verbunden mit dem reduzierten Wärmeverlust die jährlichen Energiekosten und CO²-Emissionen erheblich reduziere. Die Beheizung der Räume erfolgt über Fußbodenheizung. Der Fluchtbalkon zur Südseite wurde mit sichtbaren PV-Modulen verkleidet, welche gleichzeitig als Sonnenschutz vor den großen Flächenfenstern dienen, dem Gebäude aber neben seiner Architektur und Farbgestaltung ein modernes Aussehen verleihen.
Der barrierefreie Neubau sei eine gute Investition in die Zukunft, ergänzte Dr. Thomas Spies. Zugleich würden nun die verschiedenen Bereiche im Familienberatungszentrum, auch mit weiteren Partnern, unter einem Dach oder in der Nachbarschaft noch stärker vernetzt. Im Sinne der gewünschten Vernetzung entstand der Neubau im Karlsbader Weg gleich auf dem Gelände der Richtsberg-Gesamtschule (RGS), so Bürgermeister Dr. Franz Kahle. Er bedankte sich bei den Leitungen der RGS und der Astrid-Lindgren-Schule, dass – wie er es mit Augenzwinkern formulierte - sie einen Teil des Geländes „herausgerückt“ hätten. Neben Vertretern der Schulen waren auch Leitungen weiterer Marburger KiTas zur Eröffnung gekommen.
Für Kinder im Krippenbereich hatte es über das bestehende Angebot am Richtsberg hinaus Bedarf für eine Gruppe gegeben, für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren fehlten bisher zwei Kita-Gruppen. Der Neubau beherbergt nun eine Krippengruppe (mit zehn Kindern), zwei Kindergartengruppen (mit 40 Kindern) und zwei Hortgruppen mit Kindern ab der ersten Klasse in der Nachmittagsbetreuung (insgesamt 40 Kinder) sowie einen Multifunktionsraum und weiteren Platz für das Familienberatungszentrum.
In der eingebauten Küche können jeden Tag 100 bis 110 Essen zubereitet werden. KiTa-Koch Michael Blank hatte für die Gäste der Eröffnung – und natürlich auch die Kinder – ein Buffet vorbereitet.
Der Haupteingang befindet sich im Erdgeschoss, im Inneren werden beide Etagen auch über eine im Atrium liegende Treppe verbunden. Das zweigeschossige Gebäude ist durch einen Aufzug und ein Behinderten-WC barrierefrei. Durch die zum Teil gläserne Decke strömt Sonnenlicht bis ins Erdgeschoss. Im unteren Geschoss befinden sich die Kindergarten- und die Kinderkrippe, im Obergeschoss sind die Hortnutzung für die Nachmittagsbetreuung der Schulkinder und Räumlichkeiten für die Aufgaben als Familienzentrum untergebracht. Die Gäste der Eröffnung konnten sich das ganze Gebäude ansehen und bekamen von den Experten aus dem Bau- und dem Jugendamt ihre Fragen beantwortet.
Nach dem Baubeginn 2014 wurde das Gebäude mit insgesamt über 1.000 Quadratmetern Fläche in rund zwei Jahren fertiggestellt. Die Stadt investierte im Karlsbader Weg gut 4 Millionen Euro in die Kinderbetreuung. Es sei Erhebliches geleistet worden und das Ergebnis sei gelungen, resümierte der Oberbürgermeister.
Zahlen und Fakten:
Baubeginn: Sommer 2014
Bauende: 2. Halbjahr 2016
Kosten: 4.077.751 €
Nutzfläche – das sind eigentliche Funktionsräume der Kita: 776,79 m²
Verkehrsfläche – das sind allgemeine Flächen wie Flure, Atrium: 305,69 m²
Zuschüsse:
Im Jahr 2013 hat die Stadt aus dem Programm „Soziale Stadt“ jeweils 21.035,29 Euro von Land und Bund erhalten, somit insgesamt 42.070,58 Euro.
Aus dem „Investitionsprogramm U3“ wird der Neubau vom Land Hessen mit maximal 150.000 Euro bezuschusst.
Die Gesamtförderung beträgt also im günstigsten Falle 192.070,58 Euro.