© Tina Eppler, Stadt Marburg„Die Sanierung unserer Verkehrsinfrastruktur ist nicht nur für das Land, sondern auch für die Kommunen eine enorme Aufgabe“, erklärte Minister Al-Wazir. „Die Landesregierung unterstützt sie dabei. In diesem Jahr fördern wir kommunale Verkehrsvorhaben des Straßenbaus und des Öffentlichen Personennahverkehrs mit über 90 Millionen Euro.“
Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies dankte dem Minister außerordentlich für die Unterstützung des Landes Hessen. Dieser Förderbescheid befasse sich mit der Zusammenführung von historischen Werten der Stadt und der Moderne. Die älteste Anbindung eines Außenstadtteiles sei nicht nur kulturhistorisch von Bedeutung für die Stadt, auch emotional gehöre sie zum Charakter von Marburg und sei Kernstück für die Stadtansicht. „Von daher ist es essenziell, dass die Brücke nun saniert wird. Nur so hält sie zeitgemäßen Belastungen Stand und geht nicht in ein paar Jahren ganz kaputt“, erläuterte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. Dies sei ein großer Nutzen für alle, auch wenn man die Herausforderung, die die Bauphase an die Verkehrsführung stelle, sehr bewusst im Blick habe. „Die Brücke kann nicht so bleiben, sie muss saniert werden und wir sind zuversichtlich, dass wir das vernünftig hinbekommen“, machte der Oberbürgermeister deutlich. Mit der Sanierung der Weidenhäuser Brücke setze die Universitätsstadt Marburg die kontinuierliche Erneuerung wichtiger Hauptverkehrsadern fort. „Nach Schwanallee, Ketzerbach, Marbacher Weg, Universitätsstraße und Bahnhofsvorplatz ist dies ein weiterer Baustein der nachhaltigen Stadtsanierung“, so der Oberbürgermeister.
Bürgermeister Dr. Franz Kahle erläuterte, nächstes Jahr solle mit den vorbereitenden Arbeiten begonnen werden. Zu diesem Zeitpunkt werde es jedoch noch nicht zu wesentlichen Beeinträchtigungen für den Fuß-, Rad- oder Autoverkehr kommen. „Wünschenswert wäre, dass wir mit einer einjährigen Bauzeit auskommen“, betonte der Baudezernent, „dies bietet natürlich viele bautechnische und auch verkehrstechnische Herausforderungen, aber es muss auch leistbar sein.“ Aus diesem Grund werde in der aktuell laufenden Ausschreibung alternativ eine einjährige oder eine zweijährige Bauzeit vorgegeben, beides habe Vor- und Nachteile. „Wir hoffen, dass wir insgesamt mit der Baumaßnahme spätestens 2019 fertig sind“, machte Kahle deutlich. Die Brückensanierung sei größtenteils Wasser und Salz geschuldet. Das Baudenkmal weise jährlich größer werdende Schäden auf, was konstant überprüft werde. „Der Handlungsbedarf ist dementsprechend dringend und deshalb freuen wir uns sehr über den Förderbescheid des Landes“, richtete sich der Bürgermeister an den Minister. Die denkmalgerechte Sanierung der Weidenhäuser Brücke und die Verbesserungen für den Rad- und Fußverkehr sowie die barrierefreie Wegeführung werden das Stadtbild und die Aufenthaltsqualität deutlich verbessern, bekräftigte der Bürgermeister.
Als erster Baustein der Umsetzung des Ideenwettbewerbs zur Umgestaltung des Rudolphsplatzes wird der innerstädtische Verkehrsknotenpunkt im Zentrum der Universitätsstadt Marburg zusammen mit der grundhaften Instandsetzung der Weidenhäuser Brücke bis 2018 umgebaut. Neu angelegte barrierefreie Fußgängerfurten über den Erlenring und die Biegenstraße im unmittelbaren Kreuzungsbereich und ein neu angebauter Fußgängersteg an der Nordseite der Brücke werden in Zukunft dafür sorgen, dass die Wege auf einer Ebene liegen und dadurch kürzer werden.
Für den Radverkehr werden neben den Fahrbahnen markierte Schutzstreifen und ein neuer Radweg in den Grün mit Querungshilfen in der Universitätsstraße angelegt, um die Verbindung vom Südviertel in die Oberstadt beziehungsweise in das Biegenviertel zu erleichtern und sicherer zu machen. Zusammen mit begleitenden Gestaltungsmaßnahmen in den umliegenden Freiflächen soll der Charakter eines fußgängerfreundlichen zentralen innerstädtischen Platzes mit besonderer Identität und Aufenthaltsqualität zurück gewonnen werden.
Die Weidenhäuser Brücke wurde im Jahr 1892 als schlanke Bogenbrücke erbaut und diente ursprünglich dazu, eine gepflasterte Straße von circa 7 Meter Breite aufzunehmen. Beidseits waren 2,50 Meter breite gepflasterte Gehwege angelegt. Sie ersetzte eine circa 350 Jahre alte Vorgängerbrücke aus insgesamt sechs Sandsteinbögen. Die Brücke ist ein Kulturdenkmal und Bestandteil der denkmalgeschützten Gesamtanlage „Historische Altstadt“ von Marburg.
Aufgrund ihrer zentralen Lage in der Mitte von Marburg wurde sie in den 123 Jahren ihres Bestehens immer intensiver genutzt. Heute fahren in Spitzenzeiten mehr als 16.000 Fahrzeuge und rund 250 Busse täglich auf drei Fahrspuren über die Brücke. Seit etwa 20 Jahren zeigen sich an der Unterseite der Sandsteingewölbe Durchfeuchtungen und seit circa 5 Jahren sind auch Schäden zu verzeichnen, die nicht nur auf das Alter sondern auch auf eine Überbelastung durch den Verkehr zurückzuführen sind.
Im Jahr 2001 und 2002 wurden bereits die Flusspfeiler der Brücke mit Hilfe von Fördermitteln des Landes Hessen gesichert. Nunmehr steht der zweite Bauabschnitt die Instandsetzung des Brückenoberbaus an.
Um die Tragfähigkeit der Brücke dauerhaft zu verstärken, werden die historischen Gewölbebögen ausgeräumt und mit aufliegenden Verstärkungsbögen aus Leichtbeton statisch verstärkt, weshalb die Fahrbahnoberfläche bis zu 25 Zentimeter erhöht werden muss. Mit Genehmigung des Denkmalschutzes werden die „Schauseiten“ der Weidenhäuser Brücke mit neuen bestandskonformen Sandsteinen moderat mit aufgestockt, ohne die Eleganz der schlanken Brückenansicht zu beeinträchtigen. Alle historischen Sandsteinoberflächen werden substanziell und denkmalgerecht restauriert und die bisher störenden Leitungen in den neu angebauten Fußgängersteg verlegt. Der anzuhängende neue Steg auf der Nordseite wurde gestalterisch der historischen Brücke angepasst.
Die voraussichtlichen Baukosten für die Anpassung des Rudolphsplatzes werden 1,41 Millionen Euro und für die Weidenhäuser Brücke 4,26 Millionen Euro betragen. Den hohen Stellenwert der denkmalpflegerischen Bemühungen kann man am Kostenanteil von 0,85 Millionen Euro erkennen. Zusammen mit den Planungs- und Gutachterkosten sind es voraussichtlich 5,85 Millionen Euro.