© Birgit Heimrich, Stadt Marburg
„Mit dem Hilfe Spot soll vor allem das subjektive Sicherheitsempfinden in der Marburger Innenstadt weiter gestärkt werden“, erklärte Bürgermeister Stötzel im Foyer des Cineplex: „Wir sind froh, dass wir als Universitätsstadt Marburg so gute Partner in der Polizei und in der Bürgergesellschaft haben, die – wie wir – die Präventionsarbeit als gemeinschaftliche Aufgabe begreifen.“
Die enge Abstimmung zwischen Polizei und Stadtverwaltung hatten Polizeipräsident Bernd Paul und Bürgermeister Wieland Stötzel bereits im Sommer dieses Jahres mit einer Vereinbarung zwischen Stadt und Polizei für ein „Sicheres Marburg“ festgeschrieben. Neben der erhöhten Präsenz von Polizei- und Ordnungskräften, Kontrollen, Aufenthaltsverboten und Platzverweisen für Intensivtäter, gehört zum vereinbarten gemeinsamen Vorgehen dabei auch die Weiterentwicklung von präventiven Maßnahmen. „Der Hilfe Spot im Kino ist gelebte Prävention und dadurch ein wichtiger Baustein im Gesamtkonzept ,Sicheres Marburg‘. Die erste Fortbildung haben wir bereits durchgeführt, vielen Dank an Frau Closmann und ihr Team für das Engagement und die Zivilcourage“, sagte Kriminaldirektor Bodo Koch.
„Wenn Menschen hier Hilfe brauchen, dann kommen sie ohnehin oft in unser Haus“ berichtete Marion Closmann, die als Geschäftsführerin der Marburger Kinos schon viel Erfahrung mit kleineren und größeren Problemen der Anliegerinnen und Anlieger im „Marktdreieck“ gemacht hat: „Als das Ordnungsamt mit der Anfrage nach Zusammenarbeit auf uns zukam, ist es uns deshalb nicht schwergefallen, mitzumachen: Das Thema ist uns sehr wichtig.“
Das Konzept des Hilfe Spots zielt in zwei Richtungen:
Für Passantinnen und Passanten wird mit dem Hinweis auf die Anlaufstelle im Cineplex an einem der zentralen und wichtigsten Marburger Durchgangswege niedrigschwellige Unterstützung angeboten – zum Beispiel, wenn Menschen belästigt werden, Wertsachen verloren haben oder Orientierungsprobleme aufkommen. Auf den neuen Hilfe Spot weisen große Plakate hin, die am Cineplex ausgehängt sind. Sie zeigen das neue Hilfe-Spot-Logo mit Marburger Stadtwappen, Orientierungspunkt und Notfallnummern.
© Birgit Heimrich, Stadt Marburg
Mit Blick auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Cineplex-Teams geht es vor allem darum, sich über erlebte und mögliche Gefahrensituationen auszutauschen sowie die Rechtssicherheit beim Helfen für die Mitarbeitenden zu erhöhen. Außerdem können in der gemeinsam von Ordnungsamt und Polizei entwickelten Hilfe-Spot-Schulung deeskalierende Verhaltensweisen ausprobiert und konkrete Strategien für Notfälle besprochen werden. Auch wichtige Ansprechstellen vor Ort und Telefonnummern wie die Hotline des ärztlichen Bereitschaftsdienstes, der Frauennotruf Marburg oder die Telefonseelsorge werden vorgestellt. Dafür ist Closmann Stadt und Polizei „sehr dankbar“: dass das Kino als offizieller Baustein für das „Sichere Marburg“ erkannt und anerkannt wird – „und dass wir für unsere Situation eine solche Hilfestellung bekommen. Das ist Gold wert“.
An der ersten Schulung haben 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kinos teilgenommen – und sie sind vom Konzept mit Info-Block und praktischen Rollenspielen überzeugt. „Mir war vor allem wichtig, mehr Rechtssicherheit zu bekommen“, erklärte zum Beispiel Wilke Noormann seine Motivation, an dem Infotag mitzumachen, „dass ich in Konfliktsituationen richtig handele, aber nicht gegen geltendes Recht verstoße“. Darf man zum Beispiel jemanden festhalten oder wegdrängen, um zu deeskalieren, fragte der 22-Jährige, der im Cineplex als studentische Aushilfe hinter der Theke steht. Was ist mit Betrunkenen, die andere anrempeln, oder mit Männern, die Frauen belästigen, egal ob weibliche Gäste oder Angestellte? Wann geht es um Straftaten, wann um Verstöße gegen das Hausrecht? Was ist im jeweiligen Fall angemessen, wer ist wann zu rufen, in welcher Situation sind gar Behörden zu alarmieren? „Ich möchte selbst die Sicherheit haben, zu wissen, dass ich richtig handele, und ich möchte den Menschen, die wegen des Hilfe Spots zu uns kommen, diese Sicherheit bieten“, begründete Helene Kuch (28), ebenfalls Studentin und Thekenkraft im Cineplex, warum sie teilgenommen hat.
„Wir möchten Helfern aufzeigen, wie sie engagiert handeln, ohne sich selbst zu gefährden und welche Rechte sie dafür nutzen können“, erklärten die beiden Polizeibeamten Frank Dönges und Martin Schneider sowie Johannes Maaser vom Fachdienst Gefahrenabwehr der Stadtverwaltung ihre Leitidee für die Hilfe-Spot-Schulungen: „Zivilcourage zu zeigen, bedeutet nicht, dass ich den Helden spielen und dafür mein eigenes Leben aufs Spiel setzen muss.“ Helfende sollten sich vielmehr gar nicht an Täter richten, sondern nur an das oder die Opfer. Aus der Distanz heraus zu agieren, indem man Öffentlichkeit herstellt, Menschen im Umfeld direkt zum Mithelfen auffordert, die Polizei anruft und sich auch vor Ort als Zeuge anbietet, sei meist viel wirksamer, um einen eskalierten Konflikt zu beenden als sich selbst als neuen Gegner anzubieten.
Weitere Informationen zur Vereinbarung "Sichere Marburg" gibt es hier.
Die Polizei Hessen informiert über den neuen Hilfe Spot im Marburger Cineplex hier.