Mitte November hatte die Stadtverordnetenversammlung auf Vorlage von Marburgs Bildungsdezernentin beschlossen, die Kinderbetreuung angesichts stark steigender Geburtenzahlen und einer größeren Nachfrage nach Ganztagesplätzen massiv auszubauen – bei konstant hoher pädagogischer Qualität. Der Auftrag war, sowohl kurzfristig mehr Plätze bereitzustellen als auch eine mittel- und langfristig zuverlässige Kinderbetreuung auf hohem Marburger Niveau zu gewährleisten. Dinnebier will dabei den quartiersbezogenen und sozialen Bedarf in den Fokus nehmen. „Wo mehr Förderbedarf besteht, muss dieser Bedarf auch differenziert berücksichtigt werden“, betont sie und nennt Sprache und Armutsrisiko als Beispiele für solche fachlichen Indikatoren.
Ein halbes Jahr nach dem Parlamentsbeschluss stellte die Stadträtin in einer ersten Zwischenbilanz am Freitag vor, wie die Umsetzung des Kita-Ausbau voranschreitet. „Sehr gut und sogar besser, als wir das vor einem halben Jahr dachten“, fasst die Dezernentin zusammen. Schon in den ersten beiden Monaten des neuen Jahres wurden 35 Betreuungsplätze neu geschaffen und weitere knapp 30 Plätze von Halb- auf Ganztagesbetreuung aufgestockt. Bis zum Sommer können weitere 46 Marburger Kinder zusätzlich in Kitas und Tagespflege unterkommen. Nochmal zehn Betreuungsplätze mehr kommen im Oktober dazu. Weitere 70 Plätze zusätzlich in Kitas und Krippen werden es bis zu Beginn des Kindergartenjahrs 2019 sein. „Der Fachdienst Kinderbetreuung der Stadt leistet tolle Arbeit und die Kooperation mit den Freien Trägern läuft hervorragend“, sagt Dinnebier. Mit jedem Schritt, der aktuell gegangen werde, täten sich neue Optionen auf.
„Es ist wichtig, den Eltern eine gute Perspektive anzubieten“, erklärt Stefanie Lambrecht, Leiterin des Fachbereichs Kinder, Jugend und Familie, „und wir können gute und passende Angebote machen und den Bedarf auch mittel- und langfristig abdecken“.
Beim Ausbau der Kinderbetreuung setzt die Stadt Marburg auf vier Handlungsfelder:
- Umwandlung von Mittagsplätzen in 14-Uhr- oder Ganztagesplätze:
Das ist bis 1. März in der Kita Ockershausen (Träger: Evangelischer Gesamtverband) und der städtischen Kita Auf der Weide geschehen. In Ockershausen wurden 14 Mittagsplätze in Ganztagsplätze umgewandelt, Auf der Weide waren es 15.
- Erweiterung bestehender Einrichtungen:
Seit 1. März gibt es eine weitere Krippengruppe mit zehn Plätzen in der Kita Weißer Stein in Wehrda (Träger: Weißer Stein). Gleichzeitig richtete die Anneliese-Pohl-Kita auf den Lahnbergen (Träger: Kinder- und Jugendhilfe Marburg) ebenfalls zehn Plätze mehr für Kinder ab drei Jahren ein. Fünf Kita-Plätze kamen im März in der Freien Schule dazu und eine Zehner-Gruppe in der städtischen Kita Am Teich in Cappel. Dort wird nach dem Umzug in den Neubau Anfang Oktober eine weitere Ü3-Gruppe für zehn Kinder eingerichtet. Im darauffolgenden Kindergartenjahr will die Stadt in ihrer Kita in Michelbach im Sommer 2019 eine dritte Gruppe für 20 Ü-Kinder aufmachen – für die Familien, die sich im dort wachsenden Neubaugebiet ansiedeln werden.
- Neue Einrichtungen und Prüfung geeigneter Immobilien:
Im August startet die neue Waldkindergarten-Gruppe am Alten Kirchhainer Weg (Träger: (Marburger Waldkindergärten). Die Einrichtung nimmt 20 Kinder ab drei Jahren auf. Ebenfalls im Sommer eröffnet die Stadt im Südviertel eine Krippengruppe mit zehn Plätzen in Räumen am Friedrichsplatz, die die Blindenstudienanstalt (Blista) angeboten hat. Zusätzlich ist eine ganz neue Kita in der Innenstadt geplant – mit zehn Krippen- und 40 Ü3-Plätzen. Sie soll bis Sommer 2019 fertig sein.
- Ausbau der Tagespflege:
Die Stadt arbeitet derzeit an einem neuen innovativen Konzept der (angestellten) Tagespflege und ist dazu aktuell mit einem Träger in Verhandlung. In dem Zusammenhang werden verstärkt Wohnungen gesucht, die für die Tagespflege angemietet werden können. „Unabhängig davon konnten wir schon in Wehrda, Elnhausen und Marbach neue Tagespflegepersonen gewinnen“, berichtet Kirsten Dinnebier. Dort gibt es dadurch im zweiten Halbjahr insgesamt 16 neue Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren.
Bis zum Herbst ist die neue Kita Am Teich in Cappel bezugsfertig, in der dann 20 Kinder mehr betreut werden können als zuvor. Gleichzeitig beginnen die Planungen für die Sanierung der städtischen Kitas in der Geschwister-Scholl-Straße (Ortenberg) und im Familienzentrum Gedankenspiel (Wehrda). Baubeginn soll im 1. Quartal 2020 sein. „Wir wollen weiterhin einen Neubau der Kita Goldberg und ihre Erweiterung um Plätze für 20 Kinder“, nennt Dinnebier ein weiteres Projekt.
„Bei all unseren Anstrengungen, Marburger Eltern zusätzliche Betreuungsplätze anbieten zu können, haben wir gleichzeitig die Verbesserung unserer bestehenden Einrichtungen sowie die Qualität der Betreuung im Blick“, erklärt Angela Stefan, Leiterin des Fachdienstes Kinderbetreuung. „Ausbau, Kita-Gebührenbefreiung und Qualität – das gehört zusammen, das versehen wir ganz klar mit einem ,Und‘“, betont Stadträtin Kirsten Dinnebier. Und genauso wichtig sei es, die Sanierung bestehenden Kita-Einrichtungen der Stadt zu forcieren, fügt sie hinzu.
Kurzfristig, sprich schon im zweiten Halbjahr 2018, beginnt die Planung der Umsetzung des KindergartenBauProgramms (KiBaP). Analog zum BildungsBauProgramm (BiBaP), mit dem die Marburger Schulen innerhalb von fünf Jahren für 30 Millionen Euro saniert werden, will die Verwaltung auch für die städtischen Liegenschaften der Kindergärten und Krippen eine Priorisierungsliste der geplanten Umbau- und Sanierungsprojekte erstellen – unter Beteiligung der Einrichtungen und Eltern. Mit KiBaP will die Universitätsstadt Marburg in den kommenden Jahren verbindlich, verlässlich und transparent in die räumliche Qualität der Kindertagesbetreuung investieren.
Räume, Bauten, Plätze – „sich darum zu kümmern, ist notwendig für eine Kinderbetreuung, die dem stets steigenden Bedarf in Marburg Rechnung trägt“, sagte Kirsten Dinnebier. „Ebenso wichtig ist uns aber das, was in den Einrichtungen passiert, die ausgezeichnete pädagogische Arbeit, gute Bedingungen für unsere Erzieherinnen und Erzieher, der überdurchschnittliche Personalschlüssel in der Betreuung, die Anstrengungen für eine stärkere stadtteilbezogene Ausstattung unserer Einrichtungen – daran machen wir keine Abstriche, sondern arbeiten in gleichem Maße mit großem Elan weiter“.