© Freya Altmüller, Stadt Marburg
„Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen drängt die Zeit, im Bereich Energieeinsparung und -effizienz aktiv zu werden. Dabei treibt viele Bürger*innen die Frage um, wie sie künftig am besten heizen“, sagte Bürgermeisterin und Klimaschutzdezernentin Nadine Bernshausen bei der Eröffnung des Bürgerforums in der Mehrzweckhalle in Cyriaxweimar. Sie lobte die Initiative der Ortsvorsteher aus den drei Stadtteilen, die sich schon frühzeitig an die Stadtwerke gewandt hätten, um nach Lösungen zu suchen. Daraufhin hat der städtische Fachdienst Umwelt, Klima- und Naturschutz, Fairer Handel die Veranstaltung organisiert. Der Ortsvorsteher von Cyriaxweimar, Achim Zimmermann, sagte, das Projekt sei eine Reise in die Zukunft.
Um zu klären, wo diese hingehen könnte, gebe es nun die Auftaktveranstaltung, erklärte Karin Weber vom Planungsbüro Infrastruktur und Umwelt aus Darmstadt. Das Büro wurde von der Stadt Marburg mit dem Projekt beauftragt und sollte zunächst eine Bestandsaufnahme machen. Die bisherigen Ergebnisse stellte Projektleiterin Weber vor. Bisher wurde eine grobe Übersicht über den Gebäudebestand erstellt, nach Baujahr und vermutetem Sanierungsbedarf. Weber erklärte, dass etwa im Ortsteil Cyriaxweimar 80 Prozent der Gebäude vor 1968 gebaut wurden und damit durch Sanierung ein erhebliches Einsparpotenzial bestehe.
Im nächsten Schritt sollen genauere Erkenntnisse darüber gewonnen werden, was bei Häusern bereits an Sanierungsmaßnahmen vorgenommen wurde und welche Hemmnisse es bei Eigentümern bisher gebe, weitere Schritte zu gehen. Es soll außerdem festgestellt werden, welchen Energiebedarf gemessen an beheizbarem Wohnraum es gibt. Dazu hat das Büro Fragebögen erstellt. Diese können online unter www.marburg.de/Potentialanalyse ausgefüllt oder als PDF heruntergeladen und ausgedruckt werden. Die Fragebögen sind in Papierform auch bei den Ortsvorstehern verfügbar. In den Fragebögen werden keine personen- und adressbezogenen Daten abgefragt.
Aus den Ergebnissen sollen die Gebäude in den Ortsteilen typisiert werden, sodass Bewohner*innen ihre Häuser zuordnen können und so eine grobe Idee entwickeln, mit welchen Maßnahmen sie die größte Einsparung erreichen könnten. Zudem kann das Planungsbüro so auch den Wärme- und Sanierungsbedarf überschlagen.
© Freya Altmüller, Stadt MarburgAus den Erkenntnissen sollen letztlich Szenarien entwickelt, Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Handlungsvorschläge gemacht werden. Dabei gibt es sowohl technisch unterschiedliche Möglichkeiten als auch in Bezug auf die Organisation. Denn individuelle Lösungen wären ebenso denkbar wie eine gemeinschaftliche Lösung wie ein Nahwärmenetz, so Weber.
Die Projektleiterin verdeutlichte die Wichtigkeit des Themas: „70 Prozent der Verbräuche in einem Haushalt gehören zu Wärme – neben Strom und Verkehr“, so Weber. Hinzu kämen noch einmal 14 Prozent für Warmwasseraufbereitung. So könnte durch Einsparung viel für die Vermeidung von Treibhausgasen getan werden.
Nach dem Vortrag arbeiteten die Vertreter*innen aus den drei Ortsteilen getrennt in Workshops. Bewohner*innen Wehrshausens etwa sagten, es gebe noch viele bisher nicht mit Photovoltaik-Anlagen bestückte Dachflächen und durch die Westhanglage auch bis in die Abendstunden Sonnenschein. Die dichte Bebauung bedeute kurze Wege für ein Nahwärmenetz. Aber auch Hindernisse sahen die Bürger*innen aus Wehrshausen: Fachkräftemangel und Lieferengpässe.
Die weitere Planung für das Projekt: Im Herbst sollen die Ergebnisse aus den Auswertungen der Fragebögen in einer Abschlussveranstaltung vorgestellt werden. Bis Ende des Jahres will das Planungsbüro einen Aktionsplan mit Handlungsvorschlägen entwickeln.
Abschließend betonte der städtische Sanierungsmanager Achim Siehl, es sei unerlässlich, als ersten Schritt Bestandsdaten zu sammeln und die Bereitschaft an einer Beteiligung der Bürger*innen an einer gemeinschaftlichen Lösung abzufragen. „Dennoch kann jeder jetzt selbst aktiv werden: Das Haus zu sanieren, um den Verbrauch zu verringern, ist in jedem Fall sinnvoll und der erste Schritt. Dabei unterstützt Sie auch die Stadt Marburg mit Förderprogrammen“, ergänzte Bürgermeisterin Nadine Bernshausen.
Ein Überblick zu den Förderprogrammen findet sich unter www.marburg.de/klimaneutral. Zudem können sich Bürger*innen auch bei Energieberater*innen der Verbraucherzentrale informieren. Bei einigen Vorhaben (kfw, bafa) muss für Zuschüsse oder Kredite zudem ein zertifizierter Energieberater hinzugezogen werden. Eine Liste der Energieeffizienzberater sowie die Kontaktstelle für die Beratungstermine bei der Verbraucherzentrale sind unter www.marburg.de/energieberatung aufgeführt.
„Durch das Pilotprojekt wollen wir auch für alle anderen Außenstadtteile Marburgs Erkenntnisse gewinnen“, so Achim Siehl. Die Fragebögen in Papierform können sowohl bei den Ortsvorstehern als auch beim Fachdienst Umwelt, Klima- und Naturschutz, Fairer Handel, Software-Center 5a in 35037 Marburg abgegeben werden.