Laura Griese ist im Gleichberechtigungsreferat der Stadt Referentin für die Europäische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern. Janis Loewe ist als studentischer Mitarbeiter zuständig für die Jungen- und Männerarbeit.
Gesellschaftlicher Wandel beginnt in der Kommune – das betonte Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú im Eröffnungsvortrag des Kongresses. Aufgabe der Kommunen sei es, Menschen zu beteiligen, verschiedene Sichtweisen zusammenzubringen und sich für Vielfalt einzusetzen. Sie gehöre schon immer zum gesellschaftlichen Zusammenleben dazu, so Menchu. Wie das gelingen kann, wurde in den folgenden zwei Tagen in Vorträgen und Workshops vorgestellt und diskutiert.
Als nützliches Werkzeug für die Gleichstellungsarbeit wurde die Europäische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene gelobt. „Sie gibt einen gemeinsamen Rahmen, um gleiche Rechte für Frauen und Männer umzusetzen. Gleichzeitig lässt sie genug Freiheit, um Gleichberechtigungsarbeit an die lokalen Gegebenheiten anzupassen. Und sie hilft dabei, Erfolge zu messen, sich darüber auszutauschen und voneinander zu lernen“, sagt Dr. Christine Amend-Wegmann, Leiterin des Gleichberechtigungsreferats der Stadt.
Auch die Universitätsstadt Marburg hat die EU-Charta unterzeichnet und setzt sie aktuell mit dem Ersten Marburger Aktionsplan um. Dazu wurde im März ein Zwischenbericht veröffentlicht. In Bilbao stellten Griese und Loewe vor, welche Ansätze der Marburger Aktionsplan für Männerarbeit enthält. „Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern birgt auch für Männer die Chance, sich von Druck und Zwängen starrer Rollenbilder zu lösen. Das braucht viel Fingerspitzengefühl“, sagte Loewe. Denn „Männlichkeit“ könne für jeden Mann etwas anderes bedeuten und werde auf vielfältige Weise gelebt. „Starre Geschlechterrollen haben aber gemeinsam, dass sie unfrei machen“, so Loewe. Darum solle Gleichberechtigungsarbeit auch auf Männer zugehen und sie unterstützen, sich mit ihrer Rolle als Mann auseinanderzusetzen. Das geschieht in Marburg bereits in einer afghanischen Männergruppe, die 2017 zusammen mit der Initiative Afghanisches Hilfswerk aufgebaut wurde.
Auf dem Kongress vorgestellt wurde auch das geplante Projekt „Marburg ohne Partnergewalt“. Mit dem Projekt will die Stadt gemeinsam mit Marburger Organisationen und Initiativen darüber aufklären, dass Gewalt in Partnerschaften unabhängig von Alter, Bildung oder Herkunft in allen Teilen der Gesellschaft vorkommt. Betroffene Frauen und Männer finden in Marburg bereits jetzt eine gut funktionierende Hilfsstruktur. Diese soll zukünftig so erweitert werden, dass Frauen und Männer mit Migrations- oder Fluchterfahrung die Hilfsangebote ebenso gut nutzen können, auch wenn sie kaum Deutschkenntnisse haben. „Wir arbeiten daran, eine Projektförderung durch die Europäische Union zu erhalten. Auf der Konferenz haben wir nach Kommunen mit vergleichbaren Ansätzen gesucht, mit denen wir vielleicht zusammenarbeiten können“, berichtet Laura Griese.
Weitere Informationen gibt es unter www.marburg.de/eu-charta
Hintergrund:
Der Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE, englisch: Council of European Municipalities and Regions – CEMR) ist eine europaweite Organisation der kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften. Im RGRE sind 57 nationale Kommunalverbände aus 41 europäischen Ländern (Sektionen) zusammengeschlossen. Die deutsche Sektion des RGRE ist ein Zusammenschluss von rund 800 europaengagierten deutschen Städten, Gemeinden und Landkreisen. Sie ist in den Gremien des europäischen Rates der Gemeinden und Regionen Europas mit Sitz und Stimme vertreten. Die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene (Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag und Deutscher Städte- und Gemeindebund) sind ebenfalls Mitglieder der Deutschen Sektion des RGRE.