© Freya S. Altmüller, i.A. d. Stadt Marburg
Mit dem neuen Gütesiegel wurden Arbeitgeber*innen ausgezeichnet, die sich in der Region für interkulturelle Vielfalt einsetzen. Es verdeutlicht, wie kulturelle Vielfalt in ausgezeichneter Weise zum Erfolg von Betrieben und Organisationen führt. „Ob Integration gelingt, entscheidet sich nicht in Berlin, sondern hier vor Ort“, sagte Marburgs Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies während der Verleihung im Erwin-Piscator-Haus mit Blick auf politische Rahmenbedingungen zur Zuwanderung. Das Gütesiegel wolle durch eine Vernetzung der Organisationen in der Region auch dazu beitragen, Synergien zu schaffen. „Wir möchten gemeinsam eine wirkungsvolle strategische Allianz in Stadt und Landkreis entstehen lassen, die in die gesamte Region strahlt.“
Der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow sagte zu den Vertreter*innen der Unternehmen: „Sie haben einen Vorteil gegenüber Ihren Mitbewerbern: Sie sind besser aufgestellt im Ringen um Fachkräfte“. Es gehe auch darum, erneut auf eine Herausforderung aufmerksam zu machen, die vielen bewusst sei, und darüber eine Diskussion in Gang zu bringen. Die Integrationsbeauftragte der Universitätsstadt Marburg, Xiaotian Tang, sagte zu den Organisationen hinsichtlich ihrer Arbeit in diesem Bereich: „Sie werden mit Sternen ausgezeichnet, aber Sie sind die strahlenden Sterne, die Orientierung geben.“
13 Arbeitgeber*innen aus der Region erhielten erstmals das neue Gütesiegel „Interkulturelle Vielfalt LEBEN“: die Agentur für Arbeit Marburg, die C+P Bildung GmbH, die CSL Behring GmbH, der Verein Deutsches Rotes Kreuz (DRK) Schwesternschaft Marburg, die ERDAR Consulting – IT Center Biedenkopf GmbH, der Friseursalon haaribo Marburg, die Hausengel Holding AG, die GSK Vaccines GmbH, der Magistrat der Universitätsstadt Marburg, die Sparkasse Marburg-Biedenkopf, die Stadtwerke Marburg GmbH, das Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH und die Zahnarztpraxis Al Hamoud.
Bewertet wurden für die Vergabe des Gütesiegels sechs Module. Dabei ging es darum, wie Arbeitgeber*innen das Ankommen in der Organisation unterstützen, wie sie die Fähigkeiten der Mitarbeiter*innen stärken und entwickeln sowie die faire und solidarische Zusammenarbeit gestalten. Bewertet wurde auch, wie das Unternehmen Vielfalt als Chance sieht und nutzt, wie freiwilliges Engagement regional vernetzt wird und wie das Unternehmen für eine regional vernetzte Inklusionskultur in Führung geht. Dabei gab es ganz unterschiedliche Konzepte: zum Beispiel Kampagnen für Vielfalt, Rücksichtnahme auf religiöse Feiertage und Essgewohnheiten, eine Einarbeitung in der Muttersprache, Broschüren für Mitarbeiter*innen in anderen Sprachen sowie Mentoring-Programme.
Für die besten Ergebnisse gab es außerdem Preise: Den Preis in der Kategorie große und mittlere Organisationen erhielt die CSL Behring GmbH für zahlreiche interkulturelle Schulungsmöglichkeiten für Mitarbeiter*innen und das Programm zur Integration geflüchteter Menschen. Michael Schröder, Geschäftsführer von CSL Behring in Marburg, sagte: „Das Gütesiegel macht auf Herausforderungen aufmerksam, zeigt aber auch Lösungen: Wege, wie wir es schaffen, Geflüchtete in die Unternehmenskultur zu integrieren.“
© Freya S. Altmüller, i.A. d Stadt Marburg
In der Kategorie der kleinen Organisationen gewann der Friseursalon haaribo, der besonders durch das vielseitig vernetzte gesellschaftliche Engagement der Inhaberin überzeugte. Außerdem setzt der Salon bewusst die interkulturellen Kompetenzen und Fähigkeiten der Mitarbeiter*innen ein. Inhaberin Nadine Sisamci sagte: „Bei uns steht der Mensch im Vordergrund, nicht Herkunft oder Nationalität.“ Ein besonderes Anliegen sei es ihr, junge Frauen bei der Verwirklichung ihrer Träume zu unterstützen.
Vergeben wird das Gütesiegel zusammen mit Sternen. Sechs Organisationen erreichten im ersten Anlauf bereits drei Gütesiegelsterne. Alle Betriebe haben die Möglichkeit, in den nächsten Jahren weitere Sterne zu erhalten. Die vernetzte gemeinsame Entwicklung im Sinne des gleichberechtigten Miteinanders auf dem Arbeitsmarkt steht im Fokus des auf sechs Jahre angesetzten Prozesses. Das Ziel ist, die interkulturelle Öffnung der Organisationen in der Region weiter zu fördern. Für einen intensiven Austausch über Lösungen mit Vorbildcharakter und zur Vernetzung gibt es in den nächsten sechs Jahren jährlich einen Workshop. Der diesjährige Workshop wird am 3. Dezember mit dem Schwerpunkt „Übergang und Ankommen unterstützen“ stattfinden.
Das Siegel ist für zwei Jahre gültig. Bewerben können sich Betriebe allerdings bereits wieder zwischen Februar und April 2021, da die Auszeichnung jährlich verliehen wird. Um auf die Positivbeispiele aufmerksam zu machen, gibt es ab Januar 2021 auch eine Plakatausstellung zu dem Thema – in Form einer Wanderausstellung. Weitere Informationen gibt es unter www.marburg.de/guetesiegel-interkulturelle-vielfalt-leben. Auskunft erteilt Dr. Andrea Wagner vom Fachdienst Migration und Flüchtlingshilfe, (06421) 201-1096, Dr.Andrea.Wagner@marburg-stadt.de.
Hintergrund
Konzipiert wurde das Gütesiegel „Interkulturelle Vielfalt LEBEN“ federführend von Prof. Dr. Susanne Maria Weber vom Institut für Erziehungswissenschaften der Philipps-Universität Marburg gemeinsam mit dem Fachbereich Zivilgesellschaft, Stadtentwicklung, Migration und Kultur der Universitätsstadt Marburg. In einem breiten partizipativen Prozess wurde im vergangenen Frühjahr, ausgehend vom Runden Tisch Integration, gemeinsam mit Expert*innen aus verschiedenen Bereichen – mit und ohne Migrationshintergrund – das Siegel entwickelt. Bis Ende Februar 2020 haben sich Unternehmen, Verwaltungen und freie Träger in Stadt und Region auf das Gütesiegel beworben. Coronabedingt wurden die Gütesiegel erst jetzt verliehen.
In der Jury arbeiten mit Dr. Christine Amend-Wegmann, Leiterin des Fachbereichs Zivilgesellschaft, Stadtentwicklung, Migration und Kultur der Universitätsstadt Marburg; Prof. Dr. Susanne Maria Weber vom Fachbereich Erziehungswissenschaften der Philipps-Universität Marburg; Kreishandwerksmeister Rolph Limbacher von der Kreishandwerkerschaft Marburg; Manuel Siemes, Referent Unternehmensservice Geschäftsstelle Marburg, Industrie- und Handelskammer Kassel-Marburg; Goharik Gareyan, Vorsitzende des Ausländerbeirats der Universitätsstadt Marburg; Volker Breustedt, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Marburg; Sherif Korodowou, Integrationsbeauftragter der Universitätsstadt Marburg; Marian Zachow, Erster Kreisbeigeordneter des Landkreises Marburg-Biedenkopf, und Uwe Kreiter, Fachdienstleiter Arbeitgeber Personalservice des Landkreises Marburg-Biedenkopf.