Marburg wird 2022 800 Jahre Ersterwähnung als Stadt feiern. Insgesamt drei Monate kommt Filou bis zum Jubiläumsjahr für das Marburg800-Projekt am Hessischen Landestheater (HLTM) nach Marburg. Das ist kein Selbstzweck: Denn aus dem Austausch der Stadtschreiberin mit den Marburger*innen entsteht für das Jubiläumsjahr eine große Freiluftinszenierung des Theaters für die Marburger Bevölkerung mit aktiver Beteiligung der Bürger*innen.
Im Austausch mit Bürger*innen entsteht Freiluft-Theater für Stadtjubiläum
„Das Projekt vereint idealerweise alles, was uns bei Marburg800 wichtig ist: Unsere neue Stadtschreiberin will zu den drei Jubiläumsthemen ,Marburg erinnern‘, ,Marburg erleben‘ und ,Marburg erfinden‘ recherchieren. Nicht im stillen Kämmerlein, sondern durch aufsuchende Gespräche mit den verschiedensten Akteur*innen der Stadtgesellschaft - getreu unserem Motto ,Wir sind Marburg800´“, betonte Marburgs Oberbürgermeister zum Start. Als kleine Unterstützung für die Recherche überreichte er einen Korb mit Stadtschriften zur Kultur und Stadtgeschichte, die mit ihren Schwerpunkten von „1848“ über „Baden in Marburg“ bis zu „Marburger Künstlerinnen“ stellvertretend für die Vielfalt von Marburg stehen.
„Wir freuen uns sehr auf die weitere Zusammenarbeit mit der Autorin Anah Filou, wir freuen uns immens auf die Interaktion mit den Bürger*innen der Stadt und sind voller Aufregung auf das Theaterstück, das theatrale Geburtstagsgeschenk für Marburg, das am 11. Juni 2022 Premiere feiern wird“, zeigte sich Intendantin Carola Unser begeistert.
In diesem Sinne wurde Anah Filou im Theater am Schwanhof auch gleich bei einer Veranstaltung mit Öffentlichkeit willkommen geheißen. Das HLTM hatte alle Marburger*innen zu einem ersten Think Tank unter dem Motto „Torten & Texte Vol. 1“ eingeladen, einer Denkwerkstatt mit Marburgs Stadtschreiberin. 40 Menschen waren dabei. Damit war die Resonanz sehr groß und die Veranstaltung unter Corona-Regeln schon früh ausgebucht. Für den 15. Oktober um 19.30 Uhr bietet das Hessische Landestheater im Erwin-Piscator-Haus ein weiteres Treffen zum Austausch mit Anah Filou an. Die Anmeldung für diese Denkwerksstatt ist bis 10. Oktober per Mail an intendanz@hltm.de möglich.
Auch über diese Termine hinaus ging es am Dienstag darum, Kontakte für die neue Stadtschreiberin herzustellen, mit ihr ins Gespräch zu kommen und Anah Filou Ideen für den Start mit auf den Weg zu geben. Wen sollte Anah Filou unbedingt kennenlernen? Wen treffen? Wo und mit wem soll sie Torte essen? Welchen Marburgerinnen und Marburgern soll sie zuhören? Welche Orte, Vereine und Institutionen besuchen? Über welche Marburg-Erinnerungen sprechen? Das stand beim Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern im Mittelpunkt. „Stadtschreiberin - dazu braucht es Zweierlei. Eine Schreiberin, das bin ich, und eine Stadt, das sind Sie. Ich bin gespannt, wohin uns dieses Projekt führen wird“, ruft Marburgs erste Stadtschreiberin zum Mitmachen auf. „Andere Städte haben ein Theater, Marburg ist eines! Oder?“, spielte sie mit einem wohlbekannten Universitätszitat.
Filou ist in Marburg keine Unbekannte. Ihr am HLTM inszeniertes Kinder- und Jugendstück „Am Hafen mit Vogel“ wurde als Auszeichnung zu den Mülheimer Theatertagen eingeladen. Ihr Stück „Pollesch wäre das nicht passiert“ sollte im Frühsommer folgen und wurde wegen Corona in die Spielzeit 21/22 verschoben. In ihrem Heimatland hat sie zahlreiche Auszeichnungen erhalten, international wurde sie zu renommierten Festivals eingeladen.
„Impulse und Sichtweisen von außen sind auch bei Marburg800 sehr wichtig“, hebt Marburgs Oberbürgermeister zum Auftakt des Projekts hervor. „Von Wien aus liegt Marburg vor allem in Slowenien“, spielte darauf in Bezug auf Marburgs Partnerstadt Maribor auch die Österreicherin Filou an. Die 800-jährige Marburg-Geschichte habe immer wieder Impulse von außen bekommen, so Spies, ob durch die Heilige Elisabeth, die Brüder Grimm, Emil von Behring, Hannah Arendt oder Wolfgang Abendroth. Entsprechend habe im letzten Jahr die bekannte Stadtsoziologin Prof. Martina Löw aus Berlin den Impulsvortrag über die Eigenlogik der Städte für Marburg800 gehalten. „Was Martina Löw aus wissenschaftlicher Sicht startete, das setzt Anah Filou groß angelegt jetzt mit Mitteln des Theaters fort“, freute sich der Rathauschef über den Austausch zwischen Filou und Publikum.
Und die Besucher*innen brachten schon am Dienstag in einer lebhaften Runde verschiedenste Perspektiven ein, empfahlen Ansprechpartner*innen - von lokalen Historikern und Familiengeschichte über Museumsfreunde, Religion, Archive, Kulturschaffende und Gästeführer*innen bis zu Vertreter*innen von Bewohnernetzwerken für Soziale Fragen oder Lebenshilfe. „Ich spiele Hebamme und spreche mit einer Stadt, damit die Stadt übers Sprechen sich selbst ins Bewusstsein kommt“, fasste das Autorin Filou es in literarischen Worten zusammen: „Oder ich spiele Detektivin? Touristin? Konsumentin?“
Über 30 empfohlene Gesprächspartner*innen für die neue Stadtschreiberin kamen vor allem für „Marburg erinnern“ schon am ersten Abend zusammen. „Das wird ja ein langes Theaterstück“, gab ein Besucher der Kuchen-Liebhaberin Anah Filou deshalb für ihr Dialog-Format „Torten und Texte“ schmunzelnd mit auf den Weg.
Marburgs neue Stadtschreiberin Anah Filou ist übrigens ab sofort unter stadtschreiberin@hltm.de direkt für Anregungen erreichbar und bis 15. Oktober montags von 18 bis 20 Uhr an der Theaterkasse in der Oberstadt (Neustadt 7) anzutreffen.
Von städtischer Seite standen für Marburg800 die Leiterin des Jubiläumsbüros Kariona Kupka-Stavrou, Kurator Dr. Richard Laufner sowie Monika Bunk, Sabine Preisler und Hanna-Lena Wilhelm für Gespräche bereit.
Bürger*innen erreichen das Jubiläumsbüro per Mail unter Marburg800@marburg-stadt.de, auf www.facebook.com/Marburg800, auf www.instagram.com/stadtjubiläum_marburg800. Weitere Informationen und Kontakte sind im Internet www.marburg800.de erhältlich.