© Nadja Schwarzwäller i.A.d. Stadt Marburg
Wie umgehen mit Lärm in der Oberstadt? Wie viel soziale Infrastruktur ist vorhanden? Wie steht es um den Einzelhandel? Die Themen rund um Marburgs historische Altstadt sind so vielfältig, dass auch ein dreistündiger Spaziergang nicht ausreicht, um alle anzusprechen oder gar auszudiskutieren. Aber der Stadtspaziergang gab Bürger*innen die Gelegenheit, untereinander und mit verschiedenen Akteur*innen des Zukunftskonzepts Oberstadt ins Gespräch zu kommen und auf ihre Anliegen direkt aufmerksam zu machen. Für die Stadt waren unter anderem OB Spies, Stadtentwicklungsreferent Dr. Stefan Blümling und die Leiterin des Fachbereichs Zivilgesellschaft, Stadtentwicklung, Migration und Kultur, Dr. Christine Amend-Wegmann, mit dabei.
„Durch das Rote Sofa haben wir bereits hunderte Anregungen für das Konzept erhalten“, freute sich OB Spies über die hohe Beteiligung. An drei Aktionstagen haben Bewohner*innen der Oberstadt ebenso wie Gäste auf dem Roten Sofa Platz genommen und ihre Ideen für die Zukunft des Quartiers eingebracht. „Nun wollen wir im nächsten Schritt konkret über einige Themen sprechen und uns bei dem Spaziergang ein Bild der Situation vor Ort machen“, so das Stadtoberhaupt.
© Nadja Schwarzwäller i.A.d. Stadt Marburg
An jedem Haltepunkt übernahmen zwei Pat*innen ein Themenpaket, um Informationen zu liefern und die Diskussion anzustoßen. Beim Start an der Alten Universität ging es um die Schwerpunkte Lärm, Sicherheit und Sauberkeit. Am Augustinerbrunnen standen Einzelhandel, Anbindung und Barrierefreiheit im Mittelpunkt, an der Ecke Am Plan/Barfüßerstraße die Themen Verkehr und Mobilität. Über die Nachnutzung des ehemaligen Klosters der „Kugelherren“ wurde an der Kugelkirche gesprochen. Am Haltepunkt Lutherkirche drehte sich die Diskussion um Familien und Kinder, die soziale Infrastruktur der Oberstadt sowie um Wohnen und Feuerwerk. Zum Abschluss ging es hinunter in den Steinweg, um sich über Kultur, Stadtmöblierung und -begrünung auszutauschen.
Daniela Maurer vom Stadtmarketing berichtete am ersten Standort von ihren Erfahrungen als Anwohnerin. Tenor war, es lasse sich gut in der Oberstadt wohnen, aber gewisse Probleme wie abendlicher Lärm blieben nicht aus. Solche Begleiterscheinungen einer lebendigen Stadt nehme sie aber in Kauf. Ute Wieder vom Fachdienst Gefahrenabwehr und Gewerbe betonte, dass es in der Oberstadt auch nicht mehr offizielle Beschwerden über Lärmbelästigung gebe als in den anderen Stadtteilen Marburgs.
Am zweiten Standort am Augustinerbrunnen übernahm Gerhard Werner vom Werbekreis Oberstadt eine Einführung in die Themen Einzelhandel, Anbindung und Barrierefreiheit. Bei 219 Ladenlokalen gebe es derzeit einen Leerstand von 19 Läden, 124 werden dem Verkauf zugerechnet, 40 beherbergen Gastronomie und 34 zählen zur Kategorie „Sonstiges“. Was die Erreichbarkeit der Oberstadt angehe, existierten zwar reale räumliche Barrieren, bei vielen Menschen sei es aber auch eine mentale Sache, so Werner.
Dass zum Beispiel Autofahrer*innen, die sich nicht an bestehende Verkehrsregeln halten, ein tägliches Problem sind, wurde während des Spaziergangs mehrfach offensichtlich. In der Diskussion darüber kam auch zur Sprache, dass diese Regeln aber vielen unklar seien und Hinweisschilder an manchen Stellen nicht gut genug sichtbar. Harald Schröder, Leiter des städtischen Fachdienstes Straßenverkehr, betonte, es gebe „viele Bedürfnisse in alle Richtungen“, was Lieferant*innen, Handwerker*innen, Bewohner*innen sowie Handel und Gastronomie betrifft.
An der Lutherkirche erklärten Simone Tavenrath und Stefanie Wittich, dass es auch als Familie mit Kindern speziell sei, in der Oberstadt zu wohnen. Es sei ein sehr schönes Umfeld und die Kinder könnten aufgrund des wenigen Verkehrs oft draußen spielen, doch es erfordere auch gewisse Umstellungen, zum Beispiel was größere Einkäufe angehe, erzählten die beiden Bewohnerinnen. Beide schätzen die Nähe der Nachbar*innen zueinander und das gemeinschaftliche Leben.