Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger nutzten an den ersten beiden Terminen die Gelegenheit, das Innere des Heizkraftwerks zu erkunden und etwas über seine Funktion und Geschichte zu erfahren. Jan Herpel, Projektingenieur Grundsatzplanung Fernwärme, und Michael Gersch, Bereichsleiter Wärmeplanung/-verteilung, von den Stadtwerken Marburg präsentierten viele spannende Fakten, Hintergründe und Anekdoten.
Mitte der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts erbaut, wurde das damalige Heizwerk zunächst mit Steinkohle als Brennstoff betrieben. In den 1970er Jahren erfolgte die Umstellung auf Schweröl. Von 1995 an übernahmen die Stadtwerke Marburg den Betrieb, die einige bauliche und technische Änderungen voranbrachten. So wurde eine Hochdruck-Gasleitung zwischen dem ehemaligen Gaswerk am Afföller und dem Heizwerk gebaut und Altkesselanlagen abgerissen und entsorgt. Dann folgte der Umbau zu einem Heizkraftwerk, indem für die Stromerzeugung eine Gasturbine mit Abhitzekessel und nachgeschalteter Dampfturbine installiert wurde.
2016 erfolgten die Planung und das Genehmigungsverfahren für die Installation von insgesamt drei Blockheizkraftwerk-Anlagen (BHKW-Anlagen), von denen zurzeit zwei Module in einem Neubau neben der Bestandsanlage verbaut sind. Während ein Modul bereits seit wenigen Monaten in Betrieb ist, konnten die Besucherinnen und Besucher das zweite bei geöffneten Schallschutztüren aus nächster Nähe betrachten, da dieses erst in kürze den Regelbetrieb aufnehmen wird.
Wie Michael Gersch berichtete, besitzt ein BHKW-Modul sowohl eine elektrische Leistung als auch eine Wärmeerzeugungsleistung von jeweils zwei Megawatt (MW). Jan Herpel erläuterte, dass vor allem der hohe Wirkungsgrad die BHKWs so wertvoll machen. Der Anteil des eingesetzten Brennstoffs (in diesem Falle Erdgas), der in Strom beziehungsweise Wärme umgewandelt wird, liegt bei 88 Prozent. Durch die gekoppelte Strom- und Wärmeerzeugung am Heizkraftwerk Ortenberg ist bisher eine Brennstoffersparnis im Vergleich zur separaten Energieerzeugung von mehr als 29.000 MW/h erreicht worden. Damit ergibt sich eine CO2-Ersparnis von 5270 Tonnen pro Jahr. Mit den beiden BHKWs können ca. 5000 Haushalte bei einem durchschnittlichen Stromverbrauch von 4000 kWh für ein Einfamilienhaus mit drei Personen mit Strom versorgt werden.
Die Abwärme der BHKWs wird in Warmwasser für das Fernwärmenetz der Stadtwerke umgewandelt. In den Sommermonaten reicht dies für die benötigten Wassertemperaturen von 80 bis 90 Grad Celsius. Im Winter unterstützen drei Gaskessel im Bestandsgebäude, die bei den Besichtigungen ebenfalls begutachtet werden konnten, die BHKWs, um das Wasser auf eine Vorlauftemperatur von 130 Grad zu erhitzen.
Anhand einer Karte erläuterte Herpel die Fernwärmeversorgung in Marburg. Diese erfolgt über die vier Netzabschnitte „Stadtnetz 1“, „Stadtnetz 2“ sowie „Ortenberg“ und „Ketzerbach“ in einem Großteil des Kernstadtgebietes. In den kommenden Jahren soll das Fernwärmenetz in der Nordstadt weiter ausgebaut werden.