„In Marburg sollen sich alle Bewohner*innen sicher und wohlfühlen“, sagt Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies und führt das näher aus. Dabei müssen unter anderem die spezifischen Bedürfnisse der verschiedenen Altersgruppen berücksichtigt werden. Bestimmte Angebote eignen sich eher für jüngere Menschen, andere richten sich an ein älteres Zielpublikum. Als Stadt in es uns ein Anliegen, möglichst alle Bürger*innen auf unterschiedlichen Wegen zu erreichen.“ In dem geplanten Sicherheitstraining für das Frühjahr 2022 sollen gezielt die Fähigkeiten und Bedürfnisse von Bürger*innen ab 50 Jahren berücksichtigt werden.
Dr. Petra Engel, Leiterin des Fachdienstes Altenplanung der Universitätsstadt Marburg, erklärt: „Die Kriminalstatistik für 2020 zeigt, dass Personen höheren Alters im Alltag weniger Gefahren ausgesetzt sind als jüngere Menschen. Dennoch gibt es ein größeres Unsicherheitsgefühl und altersspezifische Themen. Ein Sicherheitstraining, das speziell für älterer Personen ausgerichtet ist, ist daher von besonderer Bedeutung.“ Das Training, das von der Universitätsstadt Marburg und der Organisation „I.S.D. Krav Maga Germany“ kostenlos angeboten wird, umfasst insgesamt drei Termine und findet voraussichtlich im Januar und Februar 2022 an drei aufeinanderfolgenden Wochenenden in mehreren Marburger Stadtteilen statt.
Die Inhalte des Sicherheitstrainings orientieren sich an den Grundlagen des Selbstverteidigungssystems „Krav Maga“. „Krav Maga“ ist hebräisch für Kontaktkampf und vereint Techniken verschiedenster Ansätze. „Das Besondere an Krav Maga ist die Nutzung natürlicher Reflexe und einfacher Bewegungsabläufe. So können die Techniken schnell erlernt und besonders effektiv eingesetzt werden. Krav Maga eignet sich damit vor allem für den Selbstschutz im Alltag“, erklärt Tayfur Imprahem, Gründer von „I.S.D. Krav Maga Germany“.
Im Mittelpunkt des Trainings stehe die Schärfung mentaler Fähigkeiten: Eine Erhöhung der Aufmerksamkeit und eine realistische Einschätzung der Sicherheitslage sollen dazu beitragen, Gefahrensituationen zu vermeiden und gewaltfreie Lösungen zu finden. Nur für den Fall, dass diese Strategien nicht ausreichen, werden im Training Selbstverteidigungstechniken vermittelt. Im Gegensatz zu vielen anderen Kampfsportarten funktionier „Krav Maga“ auch ohne stetiges Training und ohne besondere körperliche Fitness. Christian Schäfer hat jahrelange Erfahrung als „Krav Maga“-Trainer und berichtet: „Das Ziel ist ein möglichst konfliktfreier und sicherer Alltag. Oft reicht es dafür schon aus, potentielle Gefahrensituationen zu erkennen, um diese angemessen vermeiden oder entschärfen zu können. Körperliche Auseinandersetzungen können durch das richtige Verhalten meist schon im Vorfeld abgewendet werden.“
Das Sicherheitstraining wird vom Projekt „Einsicht – Marburg gegen Gewalt“ begleitet und evaluiert. Es handelt sich dabei um eine Wissenschaft-Praxis-Kooperation zur Abstimmung von Präventionsstrategien in der Stadt. Dafür werden die Teilnehmenden vor und nach dem Training unter anderem zu ihrem Sicherheitsempfinden und ihrem Verhalten in Gefahrensituationen befragt. „Wir möchten sicherstellen, dass die Teilnehmenden die Trainingsinhalte auch wirklich in ihrem Alltag anwenden können“, erläutert Charlotte Riemer, die im Rahmen ihres Studienabschlusses am Fachbereich Psychologie der Philipps-Universität an der Evaluation des Sicherheitstrainings beteiligt ist. Sie ergänzt: „Nur dann ist das Training effektiv und leistet einen Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit für Senior*innen in Marburg.“
Um möglichst aussagekräftige Ergebnisse zur Wirkung des Sicherheitstrainings zu erhalten, werden zeitgleich zu den Trainingseinheiten Marburger*innen ab 50 Jahren als Kontrollgruppe zu ihrem Sicherheitsempfinden befragt. Die Forschenden stellen den Teilnehmer*innen unter anderem Fragen wie „Wie sicher fühlen Sie sich, wenn Sie nachts alleine in ihrem Stadtteil unterwegs sind?“.
Eine Anmeldung für das Sicherheitstraining ist ab sofort bei der Marburger Altenplanung im BiP möglich, entweder per E-Mail an altenplanung@marburg-stadt.de oder telefonisch unter (06421) 201-1844. Das Training ist für alle Teilnehmenden kostenlos. Weitere Informationen zur Studie gibt es bei Charlotte Riemer per E-Mail an riemerch@students.uni-marburg.de oder über das Projekt „Einsicht – Marburg gegen Gewalt“, einsicht@marburg-stadt.de.