© Freya S. Altmüller, i.A. d. Stadt Marburg
„Es sind nicht die Friedhöfe an sich zum immateriellen Kulturerbe ernannt worden“, erläuterte Bürgermeister Wieland Stötzel, „sondern die Friedhofskultur; also all das, was Menschen auf dem Friedhof tun“. Dazu gehöre das Trauern, Erinnern und Würdigen genauso wie das Gestalten, Pflegen und Weiterentwickeln. Gemeinsam mit Marion Kühn, Leiterin des Fachdienstes Stadtgrün und Friedhöfe, brachte er ein Schild an der neuen Friedhofskapelle am Rotenberg an, um so auf die wichtige Bedeutung der Friedhofskultur für die Stadt Marburg aufmerksam zu machen.
Die Universitätsstadt gehört damit zu einem bundesweiten Netzwerk von mehr als 100 Städten, die den „Tag des Friedhofs“ am Sonntag der Ernennung der Friedhofskultur in Deutschland zum immateriellen Kulturerbe widmen. Bereits im März hatte die Kultusministerkonferenz auf Empfehlung der Deutschen Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO-Kommission) diese Ernennung beschlossen. Im Zuge der Corona-Pandemie geriet die Auszeichnung jedoch vorerst in den Hintergrund. Mit der Aktion „Friedhöfe auszeichnen“ möchte nun auch die Universitätsstadt auf dieses vielschichtige Kulturerbe aufmerksam machen.
© Freya S. Altmüller, i.A. d. Stadt Marburg
„Der Friedhof ist vor allem auch ein Ort der Lebenden, der weit über die persönlichen Trauerrituale hinaus identitätsstiftende Bedeutung für unsere Gesellschaft hat. Hervorzuheben ist zum Beispiel die historische Dimension der Denkmäler“, sagte Stötzel. Kühn ergänzte: „Der Kulturraum Friedhof bildet zudem den größten Skulpturenpark unserer Stadt und ist zugleich Inspirationsfläche für viele Kunstformen. Besonders bedeutsam ist seine soziale Funktion: Der Friedhof erweist sich als Treffpunkt für Familien oder Angehörige und wirkt auch sozialer Vereinsamung von Hinterbliebenen entgegen.“ Nicht zuletzt zeige sich dieser Kulturraum über kulturelle und religiöse Unterschiede hinweg als ein Ort der Integration und des Friedens. Der Umweltdezernent verwies außerdem auf die Bedeutung der Friedhöfe für den Naturschutz, zum Beispiel als Ort der Biodiversität.
Grundvoraussetzung für die Ernennung der Friedhofskultur in Deutschland zum immateriellen Kulturerbe war für die UNESCO-Kommission „die Lebendigkeit der kulturellen Ausdrucksform“. Es gehe nicht um ein Mumifizieren der Friedhöfe, sondern um deren zeitgerechte Weiterentwicklung. So sollen auch in Zukunft Bestattungsformen angeboten werden, die den Wünschen der Menschen entsprechen, etwa naturnah gestaltete oder pflegeleichte beziehungsweise pflegefreie Grabformen.
Die Auszeichnung des Friedhofs der Universitätsstadt Marburg hat das „Kuratorium Immaterielles Erbe Friedhofskultur“ initiiert, das sich der Pflege und Weiterentwicklung dieses Kulturerbes verschrieben hat. Weitere Informationen gibt es unter www.kulturerbe-friedhof.de, bei der Friedhofsverwaltung oder beim Fachdienst Stadtgrün und Friedhöfe, telefonisch unter (06421) 201-1966 oder per E-Mail an Friedhofsverwaltung@marburg-stadt.de.