© Thomas Steinforth, Stadt Marburg
Schnell war klar: Das Interesse an diesem Workshop ging über die Nachbarschaft im angrenzenden Stadtteil Stadtwald/Ockershausen und potentielle Bewohner*innen des neuen Quartiers am Hasenkopf hinaus. Umwelt- und Naturthemen interessieren viele, dementsprechend waren die Räume der gastgebenden IKJG (Initiative für Kinder, Jugend- und Gemeinwesenarbeit) gut gefüllt. Auf die Frage von Moderatorin Griet Newiger-Addy, Leiterin der Bürger*innenbeteiligung der Stadt, wer denn aus Stadtwald/Ockershausen komme, zeigte sich, dass Teilnehmende sowohl aus dem Stadtteil als auch aus der Gesamtstadt kamen. Auch Vertreter*innen von Natur- und Umweltorganisationen waren dabei.
„Beteiligung von Bürger*innen setzt oft dann erst ein, wenn die Pläne bereits gemacht sind“, erläuterte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies den Anwesenden. „Dieses neue Konzept sieht vor, dass Sie schon in den Planungsprozess involviert werden. Mit dem Hasenkopf haben wir das erstmals umgesetzt und sind von den Ergebnissen außerordentlich angetan – das ist Ihr Verdienst.“ Auch Reinhold Kulle, Fachdienstleiter Stadtplanung und Denkmalschutz, lobte das Engagement der Beteiligten. Bei jedem Workshop sehe er bekannte, aber auch stets neue Gesichter. Dies sei eine gute Mischung aus Kontinuität und Besuchen nach Interessenslage. Auch freute er sich über die Zusendung von Positionspapieren von Teilnehmer*innen, die auch in den Prozess einflössen. Im Herbst werde es eine Veranstaltung geben, bei der alle Workshop-Ergebnisse noch einmal reflektiert würden, kündigte Kulle an.
Nach einem kurzen Rückblick auf den vergangenen Workshop durch Manuela Klug startete Monika Brüning, beide Fachdienst Stadtplanung und Denkmalschutz, mit einem kurzen Vortrag in das Thema. Insbesondere der Erhalt der schutzwürdigen Bereiche um den Hasenkopf und ihrer Wechsel- und Austauschbeziehungen wurde engagiert diskutiert, ebenso die Frage, wieso das Bauprojekt schon geplant werde, bevor alle Gutachten endgültig vorliegen. OB Spies betonte, dass die bauplanerischen Vorüberlegungen, die aktuell laufen, bewusst parallel zu der Prüfung der naturschutzrechtlichen Gegebenheiten vorgenommen werden. In Marburg gebe es einen Bedarf an Hunderten bezahlbaren Wohnungen. „Das ist die größte soziale Herausforderung für die Stadt", so Oberbürgermeister Spies. Deshalb sei es nicht ratsam, mit den Planungen erst zu beginnen, wenn alle Gutachten abgeschlossen seien, was mitunter zwei Jahre dauern könne. Dieses Vorgehen berge zwar ein gewisses Risiko in sich, dass die Planungen am Ende umsonst seien. „Das ist aber besser, als wertvolle Zeit zu verlieren“, betonte der OB. Und die Stadt gehe nicht davon aus, dass das Wohngebiet an den Gutachten scheitern werde.
© Thomas Steinforth, Stadt Marburg
Im Anschluss kamen die Teilnehmer*innen an vier Thementischen zusammen – Grün im Quartier, umweltgerechte Quartiersentwicklung, Einbindung in die Landschaft und Naherholung. Wie bereits bei den vorigen Workshops gab es pro Tisch eine*n Moderator*in, Ergebnissicherer*in und eine*n Berichterstatter*in. Während der gesamten Veranstaltung fertigte Diplom-Designer Christoph Illigens wieder ein „Graphic Recording“ an, eine kreative Dokumentation mit Texten und Zeichnungen. Die Überlegungen und Anregungen der Teilnehmer*innen aus den vier Workshops werden genau auf ihre Umsetzbarkeit geprüft und fließen in die Aufgabenstellung für den städtebaulichen Wettbewerb ein.
Nach einer guten Stunde kamen die Besucher*innen zur Präsentation der Ergebnisse zusammen. Trotz unterschiedlicher Schwerpunkte kamen die Teilnehmenden überwiegend zu ähnlichen Vorschlägen und Wünschen. Grünflächen im Quartier sollten naturbelassen gestaltet werden, Rondelle um großkronige Bäume könnten als Begegnungsorte dienen. Die Teilnehmer*innen wünschten sich Obstbäume und weitere essbare Pflanzen. Generell sollen heimische Pflanzenarten ausgewählt werden. Straßen sollten alleeartig angelegt werden, Böden so wenig wie möglich versiegelt. Regenwasser solle nach dem Abfließen für die spätere Verwendung gesammelt werden. Die Bebauung stellten sich die Bürger*innen so niedrig wie möglich vor, zum Beispiel als Terrassenbau in den Hang, was auch die Einrichtung zusätzlicher Dachbegrünungen ermöglichen würde.
Die Übergänge zu den umliegenden Landschaften sollten fließend sein, zum Beispiel durch einen Park oder Grüngürtel. Die Idee für eine Brücke zum Stadtwald kam wieder auf. Der Vorschlag aus der Runde nach einer Untertunnelung als Wegeführung ins Quartier sorgte für einige Lacher im Publikum. Nach Möglichkeit solle der Lahnwanderweg in das Gebiet integriert werden und eine Gaststätte zur Rast und Zusammenkunft errichtet werden.
© Thomas Steinforth, Stadt Marburg
Zum Abschluss wurden die Teilnehmer*innen um ein Feedback zu der Workshop-Reihe gebeten. Der Konsens war ausnehmend positiv. Angemerkt wurde, dass die vier Termine etwas eng getaktet gewesen seien, so dass die Zeit, sich intensiver mit den jeweiligen Schwerpunkten auseinanderzusetzen, nicht ausreichend gewesen sei. Dennoch betonte die Kritikerin, sie sei angeregter aus den Workshops gekommen, als sie hineingegangen war. Viele Besucher*innen fanden lobende Worte für die Stadt, „für die Geduld und das Zuhören“, so ein Teilnehmer, und „für die offene Gestaltung des Prozesses“, so ein anderer Bürger.
Die Ergebnisse des Workshops werden zusammengefasst und unter www.marburg.de/wohnenimwesten veröffentlicht. Im Herbst soll es noch eine Abschlussveranstaltung der Reihe geben.