© Thomas Steinforth, Stadt Marburg
Mit einer Einwohner*innenzahl von weniger als 300 ist Bortshausen einer der kleinsten Stadtteile Marburgs. Der Stadtteil liegt südöstlich der Kernstadt am Fuße des Frauenbergs. Verkehrstechnisch ist Bortshausen gut angebunden über die L 3089, die Marburger Buslinie 13 fährt innerhalb einer Viertelstunde zum Südbahnhof. Außerdem liegt Bortshausen an einem Fahrradweg vom Marburger Süden in den Ebsdorfergrund, der bei Radler*innen sehr beliebt ist. Erstmals urkundlich erwähnt wurde Bortshausen im Jahre 1226. 2001 haben die Bortshausener*innen ein Fest anlässlich des 775-jährigen Bestehens gefeiert. Danach hat sich ein Arbeitskreis Dorfgeschichte zusammengetan, der an einer Dorfchronik arbeitet. Diese soll bald abgeschlossen und in Form einer Stadtschrift im Rathausverlag veröffentlicht werden. Sehenswürdigkeiten sind unter anderem die Kirche und der alte Brunnen unter der Dorflinde, aus dem immer noch Wasser gepumpt werden kann.
© Thomas Steinforth, Stadt Marburg
Das Bürgerhaus wurde 1975 erbaut und 1982 noch einmal erweitert. Es umfasst heute einen großen und einen kleinen Saal, einen Jugendraum, eine kleine und eine große Küche sowie im Außenbereich eine Terrasse mit Sitzgelegenheiten und einen Spielplatz. Bernd Zieske, Ortsvorsteher von Bortshausen, berichtet: „In der Steuerungsgruppe des Dorfentwicklungsprogramms, in der Vertreter*innen aus allen Außenstadtteilen sind, hatten wir beschlossen, den kleinen Saal unseres Bürgerhauses zuerst zu sanieren. Dies ist dann auch im vergangenen Jahr erfolgt, wofür wir der Stadt sehr dankbar sind“. Zieske merkte an, dass sich die Bortshausener*innen bereits im Vorfeld Gedanken gemacht hatten, was sie verändern möchten. Bei einem Rundgang haben sie direkt konkrete Vorschläge geäußert.
Der kleine Saal und Außenbereich des Bürgerhauses haben von August bis Dezember vergangenen Jahres ihr neues Gesicht erhalten. Die alten dunklen Holzvertäfelungen sind weißen Wänden und hellem Holzmobiliar gewichen. Die Decken wurden erneuert und mit modernen und klimafreundlichen LED-Lampen ausgestattet. Eine kleine Küche und Sanitäranlagen, die von diesem Saal aus genutzt werden können, sind ebenfalls grundlegend saniert worden. Ein sehr großer Gewinn ist die Öffnung des kleinen Saals hin zum Spielplatz. Durch den Einbau von Fenstertüren und einem barrierefreien Ausgang können die neuangelegte Terrasse und der angrenzende Spielbereich für Veranstaltungen mitgenutzt werden. In diesem Zuge wurde auch die Außenfassade dieses Gebäudeteils erneuert und mit schönem Holz ausgestaltet. Der Innenraum ist durch den Einbau der großen Fenster zusätzlich heller und freundlicher geworden. Für eine zeitgemäße Ausstattung ist ein Beamer angeschafft worden. Insgesamt betragen die Kosten für den Umbau rund 200.000 Euro. Hierfür erhält die Stadt einen Zuschuss aus dem Dorfentwicklungsprogramm des Landes Hessen von etwa 66.000 Euro.
Es stehen noch die Innensanierung des restlichen Hauptgebäudes inklusive des großen Saals und der großen Küche sowie die Einrichtung eines barrierefreien WCs an. Außerdem soll die verbleibende Außenfassade erneuert werden. Diese Arbeiten stünden, so Ziekse, auf der Prioritätenliste des Entwicklungskonzepts recht weit hinten. „In Bortshausen sind wir auch erstmal sehr zufrieden mit dem bereits Umgesetzten.“
© Thomas Steinforth, Stadt Marburg
Das Bürgerhaus wird von verschiedenen Bortshausener Akteur*innen rege genutzt. Allein an drei Tagen in der Woche sind der Senior*innensport, die Gymnastik und die Rückenschule des FSV Bortshausen/Ronhausen dort, um in den Räumen oder bei schönem Wetter auf der Terrasse zu trainieren. Durchschnittlich einmal in der Woche treffen sich junge Borthausener*innen im Jugendraum. Da Teile der Dorfkirche renoviert werden, finden zurzeit auch Gottesdienste und alle anderen Veranstaltungen der Gemeinde im Bürgerhaus statt. „Das Bürgerhaus ist ein zentraler Dorfmittelpunkt“, berichtet Ortsvorsteher Zieske, der selbst mit zwei weiteren Bewohner*innen das Erzählcafé ins Leben gerufen hat. Einmal im Monat kommen dabei bis zu 30 Leute ins Bürgerhaus, um sich bei Kaffee und selbstgebackenem Kuchen einen Vortrag anzuhören oder zu Themen auszutauschen. Aufgrund von Corona musste das Erzählcafé eine Weile pausieren, soll aber demnächst wieder anlaufen. „Hinzu kommen natürlich auch noch private Feiern, bei denen das Bürgerhaus gemietet wird“, so der Ortsvorsteher. Die Vermietungen seien seit der Sanierung des kleinen Saals spürbar mehr geworden.
Mit auffallend schönen Blumen sind der Eingangsbereich des Bürgerhauses und auch die Kirchenmauer geschmückt, was dem freiwilligen Engagement einiger Dorfbewohner*innen zu verdanken ist. Generell bringen sich viele in die Dorfgemeinschaft ein. Immer am 1. Mai wird ein Feuerwehrfest auf die Beine gestellt, bei dem alle Arbeiten – vom Aufbau über Kuchen backen bis zum Getränkeausschank – von Bewohner*innen übernommen werden. Darüber freuen sich jährlich mehrere hundert Besucher*innen, die teils auch aus der erweiterten Region anreisen. „Es ist auch nicht selbstverständlich, noch eine Freiwillige Feuerwehr mit Einsatzabteilung zu haben“, sagt Zieske. Die Mannschaft des Fußballvereins ist seit Sommer 2019 auch wieder aktiv, nachdem sie zuvor ein Jahr lang wegen Spielermangels aussetzen musste.
Ein kleines Schmankerl zum Abschluss: Indirekt hat Bortshausen 2008 den begehrten deutschen Filmpreis Bambi bekommen. Die beiden Hauptfiguren der Komödie „Keinohrhasen“ stammen laut der Handlung aus Bortshausen.
© Thomas Steinforth, Stadt Marburg
Zum Hintergrund:
Marburg ist Universität, Marburg ist Stadt – und Marburg ist Dorf. Rund 12.000 der Einwohner*innen Marburgs leben in den dörflichen Außenstadtteilen. Die Bürgerhäuser sind dort oftmals Orte des Miteinanders. Deshalb will die Stadt in den kommenden Jahren auf der Basis eines großangelegten Entwicklungskonzepts die Bürgerhäuser in den jeweiligen Stadtteilen bedarfsgerecht sanieren, teilweise auch abreißen und neu bauen. Eine gemeinsam mit Vertreter*innen aller Außenstadtteile erstellte Prioritätenliste teilt die Vorhaben grob ein, zunächst bis 2029. Voraussichtlich werden die Maßnahmen insgesamt darüber hinausgehen. Das Gesamtvolumen der Investitionen wird sich auf circa 15 Millionen Euro belaufen. Der Impuls für das Entwicklungskonzept kam durch die Beteiligung der Stadt Marburg am Dorfentwicklungsprogramm des Landes Hessen.
Die Stadt nutzt das Konzept zusätzlich, um die Außenstadtteile in den Fokus zu nehmen. Dazu werden im monatlichen Rhythmus unter dem Slogan „Mein Dorf in Marburg“ jedes Bürgerhaus und der dazugehörige Außenstadtteil einzeln portraitiert und detaillierter vorgestellt.