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Landschaftsplan Marburg Südwest
Der Landschaftsplan Marburg Südwest ist gemäß § 4 Abs. 5 HENatG 07/1999 genehmigt.
Aus der Bestandsanalyse ergeben sich als wertvollste Flächenbereiche für den Arten- und Biotopschutz innerhalb des Landschaftsplans Südwest die Flächen
- Naturschutzgebiet "Kleine Lummersbach" (FFH-Gebiet)
- östlicher Hasenkopf/Heiligengrund
- Ohetal
- Schülerhecke bei Ockershausen
- Tälchen oberhalb des Friedhofs Haddamshausen
- Teile des Lahntals (Flächen des Landschaftsschutzgebiets) sowie der Lahnaltarm (Naturdenkmalfläche).
Diese Flächenbereiche umfassen mit ca. 265 ha gut 15 % der Gesamtfläche des Landschaftsplans Südwest (1770 ha).
Aufgrund des kulturlandschaftlichen Grundtenors des Landschaftsplans Südwest ergibt sich ein Bekenntnis zu den - historisch entstandenen - Nutzungsformen und dem Nutzungsmosaik in der Landschaft. Die Belange des Arten- und Biotopschutzes werden demnach auch immer in Wechselwirkung mit forst- und landwirtschaftlichen, wasserbaulichen, verkehrstechnischen und städtebaulichen Gegebenheiten, Anforderungen und Wirkungsketten diskutiert.
Das auf die südwestlichen Marburger Stadtteile bezogene Leitbild zum Arten- und Biotopschutz umfasst als zentrale Forderungen:
- Erhalt bestehender Extremstandorte im Sinne von nass/feucht, trocken, nährstoffarm; Verhinderung weiterer Nivellierung solcher Sonderstandorte durch Meliorationsmaßnahmen (Schwerpunkte: Täler von Ohe, Allna, Lahn, Lummersbach; Hanglagen von Martinsberg, Schülerhecke, Hasenkopf, Wurmscheid; Sonderstandorte im Wald)
- Erhalt und Förderung naturnaher und extensiv genutzter Flächen im Wald (Bestandszusammensetzung, Nutzungsform, Totholzanteil) und beim Grünland (ein- bis maximal dreischürige Wiesen oder Weiden bei verhaltenem Düngungsniveau)
- Erhalt bestehender und in Maßen Förderung von Flächen ohne jegliche Nutzung, meist auf kleineren oder Restflächen; Sukzession
- Vernetzung obiger Flächen unter- und miteinander, Erhalt und Föderung verbindender, linearer Saumstrukturen/Hecken/Gräben/Waldränder
- Erhalt und Förderung naturnah strukturierter Oberflächengewässer samt Uferstreifen, angefangen von temporär wasserführenden Gräben, über Bäche bis hin zur Lahn (gegebenenfalls durch Rückbau); Offenlegung verdolter Bachabschnitte in Ortslagen
(Schwerpunkte für Bachrenaturierungen: Lebersbach am westlichen Hasenkopf, Oberflächenwassersystem am Martinsberg bei Haddamshausen, Bachsysteme westlich und nördlich Hermershausen) - Verbesserung bei der Gewässerdurchgängigkeit; etwa Beseitigung bestehender Fischwanderhindernisse an Lahn (Steinmühlenwehr) und Allna
- Ergänzt wird diese Auflistung durch Forderungen, die sich aus den Belangen des Oberflächen- und Grundwasserschutzes, des Bodenschutzes, der land- und forstwirtschaftlichen Flächennutzung, der Erholungsnutzung, der Landschaftsästhetik und des Klimaschutzes ableiten:
- Verbesserung der Gewässergüte; für die Oberläufe der Nebenbäche wird die Gewässergüteklasse I angestrebt, ansonsten die Güteklasse I-II
- Schutz und Rekonstruktion von Quellen; zum einen Schutz vor Stoffeinträgen in die Quelleinzugsgebiete, zum anderen Schutz als seltener Lebensraum (zum Teil Freilegung verschütteter Quellbereiche)(nördlich Cyriaxweimar)
- Minderung der in Teilbereichen bestehenden Bodenerosionsgefahr durch entsprechende Maßnahmen im Ackerbau
- Erhalt und Offenhaltung kulturhistorisch entstandener, kleinteiliger Gemengelagen, zum Teil an terrassierten Hängen; konzeptionelles Herangehen an die Bracheproblematik ökologisch und landschaftsästhetisch wertvoller Offenlagen, bedingt durch den landwirtschaftlichen Strukturwandel (insbesondere Schülerhecke bei Ockershausen, West- und Osthang des Hasenkopfs, Lahnhang südlich Ockershausen)
- nur geringfügige Ausweisung von Waldmehrungsflächen; im wesentlichen Beibehaltung des bestehenden Flächenverhältnisses von Wald zu Offenlagen (begrenzte Waldmehrungsflächen nördlich und westlich von Hermershausen)
- Erhalt der bestehenden, guten Landschaftseignung für "stille", landschaftsgebundene Erholungsarten; weitgehender Verzicht auf die Schaffung zusätzlicher Infrastruktur für anlagengebunde und verkehrinduzierende Sportarten und Freizeitbeschäftigungen.
Die genannten Leitbilder zur Landschaftsplanung sind flächendeckend durch Maßnahmen und Hinweise zur Landschaftsplanung konkretisiert worden. Bei den Maßnahmen wird weiter differenziert nach Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die für Eingriffe herangezogen werden können. Eine gesonderte Kennzeichnung erhalten Maßnahmen, die für einen Biotopverbund geeignet sind, sowie wiederkehrende Pflegemaßnahmen. Ebenfalls gekennzeichnet sind diejenigen Strukturen, die seitens der Landschaftsplanung als Biotope im Sinne des HENatG eingeschätzt werden.
Eine wichtige Aufgabe des Landschaftsplans ist die Auseinandersetzung mit geplanten und absehbaren Eingriffen in Natur und Landschaft, wie sie auch regelmäßig durch Siedlungserweiterungen verursacht werden. Im Sinne einer Eingriffsvermeidung und -minimierung steht dabei am Anfang eine Standortdiskussion der vorgesehenen Flächen unter landschaftsplanerischen Gesichtspunkten. Bei gegebener Standortverträglichkeit können sich im Vorgriff auf die verbindliche Bauleitplanung erste Vorschläge zur Baufensteranordnung, Gebäudedimensionierung, Regenwasserableitung, Ausgleichskonzept, etc. anschließen. Aufgrund des Bearbeitungsmaßstabs des Landschaftsplans wird meist für die detaillierten grünordnerischen Festsetzungen samt Eingriffs-Ausgleichs-Bilanz ein vertiefender Grünordnungsplan empfohlen.
Im Rahmen des Landschaftsplans Südwest sind absehbare Siedlungserweiterungen im kleineren Umfang als randliche Erweiterungen (Cyriaxweimar, Haddamshausen und Hermershausen) für den Eigenbedarf und als Flächenumwidmungen (ehemalige Tannenbergkaserne/Stadtwaldsiedlung), als größere Siedlungserweiterungen für Wohnen (am Hasenkopf) bzw. Gewerbe und Wohnen (Gisselberg) aus landschaftsplanerischer Sicht zur Bedarfsdeckung vorgeschlagen worden. Bei den genannten großflächigeren Siedlungsausweisungen werden Restriktionen (Freihaltebereiche) und entsprechende Ausgleichsmaßnahmen dargestellt. Generell sind die aufgezeigten Erweiterungsflächen aus gesamtstädtischer Sicht zu beurteilen, sodaß eine vollständige Inanspruchnahme der im Landschaftsplan Südwest aufgezeigten Flächenoptionen nicht selbstverständlich ist.
Als ein wesentlicher künftiger Schwerpunktbereich für die Landschaftsplanung im Plangebiet muss aufgrund der gegebenen Vorbelastungen und Defizite und der beabsichtigten Gewerbeansiedlungen bei Gisselberg das Lahntal angesehen werden. Dies gilt auch hinsichtlich der engen räumlichen Verflechtungen im Lahntal mit den Landschaftsplangebieten Ost und Mitte.
Die Entwicklungskarte zum Landschaftsplan enthält die Darstellung der Flächen mit besonderer Bedeutung für Naturschutz und Landschaftspflege einschließlich der für die Erhaltung der Funktionen des Naturhaushalts erforderlichen Nutzungsvorschläge.
Hierzu zählen
- Flächen mit bestehenden oder geplanten rechtlichen Bindungen
- Biotopverbund- und Biotopentwicklungsflächen
- Flächen, auf denen erhebliche Beeinträchtigungen des Naturhaushalts vorhanden sind, die beseitigt, verringert oder ausgeglichen werden sollen
- Flächen mit Pflege- und Bewirtschaftungsauflagen
- mögliche Waldmehrungsflächen
- Flächen für Erholungs- und Freizeitnutzung
- aus klimatischen oder landschaftgestalterischen Gründen freizuhaltende Flächen
- zu erhaltende und zu entwickelnde innerörtliche Grünflächen
- Flächen für geplante oder absehbare Eingriffe sowie potentielle Ausgleichsflächen hierzu.
Aus der detaillierten Landschaftsplanung heraus und als Bündelung der Maßnahmen zur Landschaftsplanung wird abschließend der weitere Handlungsbedarf in Form von Erhaltungs- und Entwicklungsplanungen und Renaturierungen für Teilgebiete zusammengestellt. Hierzu sind weitere Voruntersuchungen, Sanierungskonzepte und Ausführungsplanungen erforderlich, die über den Rahmen eines Landschaftsplans hinausgehen.
Beauftragtes Planungsbüro:
Bernhard Geiger
Freier Landschaftsarchitekt
Weiler Str. 14
71739 Oberriexingen