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Sanierung "Grüner Wehr": Stand des Verfahrens und Bürger/innenbeteiligung
Worum geht es?
Das „Grüner Wehr“ ist ein wichtiges Kulturdenkmal der Stadt Marburg. Der Blick vom Ostufer der Lahn auf das „Grüner Wehr“ mit Altstadt und Schloss im Hintergrund ist ein historisches Motiv und für die meisten Marburgerinnen und Marburger untrennbar mit ihrem Bild der Stadt verbunden. Der östliche Uferbereich der Lahn flussabwärts des „Grüner Wehr“ hat einen hohen Freizeit- und Erholungswert für die Einwohnerinnen und Einwohner der umliegenden Stadtteile und gehört zur Identität des Ortsteils Weidenhausen.
Aufgrund dieser herausgehobenen Bedeutung des „Grüner Wehr“ und seiner Umgebung für das Stadtbild und die Lebensqualität der Marburgerinnen und Marburger bewegt die Frage seiner Erhaltung und Sanierung große Teile der Stadtgesellschaft. Der Sanierungsbedarf am „Grüner Wehr“ wurde seit 1965 in insgesamt fünf Gutachten festgestellt. 1973 und 1995 wurde das Wehr deshalb bereits mit Wasserbausteinen und Stahlbetonbalken verstärkt.
Laut dem jüngsten Gutachten von 2008 befindet sich das „Grüner Wehr“ in einem „stark sanierungsbedürftigen Zustand“. Die Untersuchung bestätigt die Bedeutung des Wehrs für die Standsicherheit der Bebauung am Westufer der Lahn: Wenn das „Grüner Wehr“ die Lahn nicht mehr staut, kann dies zu Grundwasserabsenkungen und damit zu Schäden an den Häusern „Am Grün“ führen. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass für den Erhalt des Wehres „Maßnahmen zur Wiederherstellung…unumgänglich“ sind.
Vor diesem Hintergrund beauftragte der Fachdienst Tiefbau Planungen für eine Sanierung des „Grüner Wehr“, die im Februar 2018 der Öffentlichkeit im Rahmen einer Sitzung des Ortsbeirates Weidenhausen vorgestellt wurden.
In der Folge kam es zu vielfältigen öffentlichen Nachfragen und Protesten zu diesen Planungen und der Gründung einer Bürgerinitiative. Dabei wurden vor allem die Themen Sanierungsbedarf, Fragen des Denkmalschutzes bei der Gestaltung der sanierten Wehranlage sowie die Planungen zu einer Fischtreppe mit Kanu- und Fischborstenpass und einer Betonplattform kritisch hinterfragt.
Welche Ergebnisse hatte der erste Bürger/innenworkshop?
Vor dem Hintergrund dieser Proteste lud die Stadtverwaltung Marburg Bürgerinnen und Bürger am 26. Mai 2018 zu einem Workshop zur Sanierung des „Grüner Wehr“ ein. Rund 200 Marburgerinnen und Marburger informierten sich über die aktuellen Planungen und brachten ihre Anregungen und Bedenken ein.
Nach einer Begrüßung durch Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies und Bürgermeister Wieland Stötzel informierte das beauftragte Planungsbüro über die fachliche Planung zur Sanierung. Außerdem stellte ein Sachverständiger für Fischbiologie die fischbiologischen und naturschutzrechtlichen Anforderungen vor, die eine Sanierungsmaßnahme zu erfüllen hat (siehe dazu die Präsentationen als Downloads auf dieser Seite).
Im Anschluss vertieften die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Diskussion in Arbeitsgruppen zu den Themen Denkmalschutz, Natur- und Gewässerschutz/Tourismus sowie Gestaltung des Naherholungsbereichs. Expertinnen und Experten aus Verwaltung, Institutionen und Verbänden standen dazu als Diskussionspartner zur Verfügung. Die Themen der Arbeitsgruppen wurden im Anschluss in großer Runde zusammengetragen.
- Die Gruppe Denkmalschutz formulierte den Wunsch nach einer schonenden, denkmalgeschützten Sanierung. In diesem Sinne soll ein weiteres Gutachten die Sanierung des Wehrs beurteilen. Über die Ergebnisse wird die Öffentlichkeit informiert.
- Auch die Arbeitsgruppe Naherholung sprach sich dafür aus, das Wehr schonend zu erhalten. So sollen die flussabwärts vorgesehenen Podeste statt Beton etwa aus Holz gebaut werden und nach Möglichkeit in geringeren Ausmaßen. Die Stadt soll auch Pläne ausarbeiten und vorstellen lassen, die eine Sanierung ohne Kanurutsche oder mit kleineren Podesten ermöglichen. Auch die Sorgen vor Lärm, Müll oder Vandalismus im Umfeld der Podeste waren Themen der Gruppe.
- Die Fortsetzung des Dialogs und die Vorstellung weiterer Pläne wünschte sich auch die Arbeitsgruppe Natur- und Gewässerschutz/Tourismus. Hier wurde intensiv das Für und Wider einer Kanurutsche diskutiert, die im Gegensatz zu der Integration einer Fischtreppe in ein saniertes Wehr gesetzlich nicht vorgeschrieben ist. Auch wurde der Wunsch an die Stadt geäußert, alternative Varianten für die konkrete Bauform und Ausgestaltung der Fischtreppe zu entwickeln und vorzustellen
Abschließend gingen Oberbürgermeister Dr. Spies und Bürgermeister Stötzel auf die Diskussion des Vormittags ein und kündigten an, ein neues Gutachten in Auftrag zu geben. Zwar zweifle die Stadt nicht an den Ergebnissen des bisherigen Gutachtens. „Da aber so viele Bürgerinnen und Bürger auch heute wieder das Gutachten von 2008 in Frage gestellt haben, werden wir uns eine weitere Meinung einholen und das Grüner Wehr noch einmal überprüfen lassen“, so Stadtoberhaupt Spies.
Mit dem neuen Gutachten sollen zwei Fragen beantwortet werden: Wie standfest ist das Wehr aktuell? Gibt es grundsätzlich andere Sanierungsmöglichkeiten, um den Baukörper des Wehrs mit gleicher Stabilität, Standsicherheit sowie denkmalgerecht und naturnah zu erhalten?
Eine Dokumentation der Ergebnisse des Workshops finden Sie unter den „Downloads“ auf dieser Seite.
Wie geht es weiter?
Mit dem Bürger/innenworkshop wurde ein erster Schritt zur Versachlichung der Diskussion um die Sanierung des „Grüner Wehr“ eingeleitet. Auch der Dialog zwischen Stadtverwaltung und der Bürgerinitiative „Grüner Wehr“ hat sich seither verstetigt.
Folgende Schritte wurden bisher durchgeführt oder sind in Planung:
- Zur Vorbereitung des Gutachtens wurde unter Einbeziehung der Bürgerinitiative eine Archivrecherche durchgeführt, die untersuchen sollte, wie sich der Aufbau des Wehres historisch entwickelt hat und wie das Wehr aktuell aufgebaut ist. Die Ergebnisse der Archivrecherche finden Sie unter den Downloads auf dieser Seite.
- Die Vorbereitung der Beauftragung des neuen Gutachtens wird derzeit ebenfalls unter Beteiligung der Bürgerinitiative durchgeführt. Voraussichtlich wird das neue Gutachten im Herbst 2019 vorliegen. Die Ergebnisse werden der Öffentlichkeit vorgestellt.
- Erst nach Vorlage des neuen Gutachtens werden Umfang und die Art und Weise der Baumaßnahme im Dialog mit Marburgerinnen und Marburgern thematisiert. Am Ende stehen Detailfragen wie die Ausgestaltung des Umfeldes.
- Wenn eine Lösung für die Wehranlage gefunden wird, wird diese erneut den städtischen Gremien und Beiräten vorgelegt werden. Danach muss das förmliche wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren beim Regierungspräsidium beantragt werden.
Diese Schritte zeigen deutlich, dass die Sanierung oder Erneuerung des Wehres kein kurzfristiges Projekt der Stadt Marburg ist, sondern die Vorbereitungen bis zu einer Umsetzung noch Jahre in Anspruch nehmen werden. „Die Stadt Marburg wird am Grüner Wehr keine Bauarbeiten beginnen, bevor wir das weitere Vorgehen mit den Marburger Bürgerinnen und Bürgern beraten haben“, macht Bürgermeister Stötzel klar.