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Tätigkeitsbericht - PolizeiPräsidium-ORDnungsamt-JUgendamt ein ungewöhnliches Team auf Erfolgskurs
Die Stadt Marburg beobachtet das Phänomen des steigenden Konsums von alkoholischen Getränken bei Kindern und Jugendlichen seit Jahren mit großer Sorge und hat bereits frühzeitig mit präventiven Maßnahmen und Aktionen sowie den rechtlich zur Verfügung stehenden repressiven Mitteln reagiert. Polizei, Ordnungsamt und Jugendamt arbeiten in Marburg sehr eng zusammen. Alle beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind sehr engagiert und motiviert.
Den Projektnamen „SuPPOrdJu“ haben wir gewählt, weil sehr schnell zu erkennen war, dass unsere Aktivitäten mit der Übersetzung aus dem Englischen „unterstützen“ zu tun haben.
Wir unterstützen uns gegenseitig mit Wissen, Erfahrung, Kenntnissen und einer sehr guten Kooperation.
Wir unterstützen die Jugendlichen mit Aufklärung über Alkoholmissbrauch, mit Angeboten, sicher und attraktiv zu feiern und bieten Alternativen.
Wir unterstützen die Eltern mit Informationen und Hilfsangeboten.
Wir unterstützen und beraten Gastwirte und Veranstalter bei Veranstaltungskonzepten.
Die Ziele von SuPPOrdJu sind
- die gemeinsame Umsetzung des JuSchuG,
- regelmäßige Jugendschutzkontrollen,
- die Aufklärung über die Konsequenzen des Alkoholmissbrauchs,
- den positiven Umgang mit Alkohol vermitteln,
- Information und Beratung von Jugendlichen, Eltern, Gastwirten und Geschäftsinhabern,
- öffentlichkeitswirksame Aktionen,
- Gewalt und Gesundheitsgefahren vermeiden und
- Straftaten verringern.
Wir sind davon überzeugt, dass eine gute Kombination präventiver und repressiver Maßnahmen, zu einer Verbesserung der Situation führen kann. Voraussetzung hierfür ist eine Vernetzung auf allen Ebenen sowie ein ständiger Erfahrungs- und Informationsaustausch.
Marburg ist eine Stadt mit vielen jungen Menschen. Marburg hat 80.000 Einwohner, davon sind 22.000 Studenten. Unsere 37 Schulen werden von 13.000 Schülern besucht, von denen ca. die Hälfte in den umliegenden Kommunen leben.
Die Auswirkungen des Alkoholmissbrauchs auf öffentlichen Flächen sind allgemein bekannt. Es kommt zu Pöbeleien, Belästigungen von Passanten, Müll, zerbrochene Flaschen, Ruhestörungen, Sachbeschädigungen, Diebstähle, Körperverletzungen, sexuellen Belästigungen, Urinieren und Alkoholvergiftungen.
Eine große Hürde für die Zusammenarbeit von Polizei, Ordnungsamt und Jugendamt waren die gegenseitigen Vorbehalte. Noch heute ist es ein ungewöhnlicher Anblick, wenn uniformierte Polizeibeamte gemeinsam mit Sozialarbeitern des Jugendamtes die Jugendlichen ansprechen.
Sehr schnell wurden die gegenseitigen Vorurteile abgebaut und die unterschiedlichen Kompetenzen und Arbeitsweisen akzeptiert. Mit großem Engagement ist es gelungen, das fachliche Wissen und die jeweiligen Zuständigkeiten zu bündeln und für das gemeinsame Ziel, den Alkoholmissbrauch unter Jugendlichen zu vermeiden, optimal einzusetzen.
Dabei sind einige Ideen recht unkonventionell, aber selbstverständlich rechtlich korrekt.
Der Schwerpunkt unserer Arbeit sind präventive Maßnahmen, wir wollen informieren, beraten und aufklären.
- Die gemeinsame Präsenz an Brennpunkten ist einer der wirkungsvollsten Maßnahmen. Je nach der vorgefundenen Situation werden Gespräche geführt, auf Fehlverhalten aufmerksam gemacht und Konflikte gelöst.
- Im Rahmen der aufsuchenden Jugendarbeit wird zusammen mit den Jugendlichen nach Lösungsansätzen zur Vermeidung von Alkoholmissbrauch gesucht und Alternativen angeboten.
- Jugendschutzkontrollen werden regelmäßig und gemeinsam in Geschäften, Gaststätten, öffentlichen Plätzen und während Veranstaltungen durchgeführt.
- In einer Milieu-Studie, die die Philipps-Universität im Auftrag der Stadt Marburg, durchgeführt hat, wurde ermittelt, dass die Jugendlichen, die sich auf den öffentlichen Plätzen treffen und dort Alkohol konsumieren, aus allen Schichten kommen.
- Veranstalter und Gastwirte wenden sich an uns und werden unter anderem bei der Planung und Durchführung von sicheren und attraktiven Veranstaltungen unterstützt.
- Uns ist es gelungen, dass sich Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte auf freiwilliger Basis dazu bereiterklären, keinen hochprozentigen Alkohol ab 20.00 Uhr zu verkaufen. Attraktive Treffpunkte, an denen Jugendliche sich treffen und Alkohol konsumieren, befinden sich häufig in der Nähe von Lebensmitteleinzelhandelsgeschäften oder Tankstellen. Mit dem Verzicht auf den Verkauf von Alkohol, ist die Beschaffung alkoholischer Getränke nicht einfach und es wird weniger Alkohol getrunken.
- Rund um einen Brennpunkt haben wir eine Sicherheitskooperation organisiert. Ein Privater Sicherheitsdienst, der von den umliegenden Grundstückseigentümern und der Stadt Marburg für ein Freizeitgelände finanziert wird, kontrolliert gemeinsam mit der Ordnungspolizei und der Polizei. Der Sicherheitsdienst kann auf den privaten Flächen Hausrecht ausüben und die Ordnungspolizei und die Polizei können mit öffentlich-rechtlichen Maßnahmen agieren.
- Wir kooperieren mit anderen Projekten wie z. B. HaLt- Hart am Limit, Bob, oder P hoch 3.
- In regelmäßigen Abständen bieten wir den Jugendlichen alternative Aktivitäten. Unsere Veranstaltung „Hauptsache es dreht“, bei der Jugendband auftreten und verschieden Sportarten angeboten werden, ist bei den Jugendlichen auch ohne eine Alkoholangebot sehr beliebt.
Alle möglichen repressiven Maßnahmen des Strafrechts, Ordnungswidrigkeitenrechts und Verwaltungsrechts werden konsequent angewandt, um den Alkoholmissbrauch zu reduzieren.
- Bei jeder Abgabe von Alkohol an Jugendliche wird ein Bußgeld festgesetzt. In der Kombination der Ordnungswidrigkeiten des Jugendschutzgesetzes und des § 8 OWiG wird, wenn es rechtlich möglich ist und die Verantwortlichkeit nachgewiesen werden kann, auch gegen die Geschäftsinhaber ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.
- Bei Alkoholintoxikationen wird gegebenenfalls ein Strafverfahren wegen Körperverletzung eingeleitet.
- Gaststättenerlaubnisse werden widerrufen, wenn mehrfach gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen worden ist.
- Bei Mehrfachtätern, die an Brennpunkten unter anderem durch Gewalttaten auffällig werden, wird ein befristetes Aufenthaltsverbot ausgesprochen.
- Platzverweise werden ausgesprochen.
- Im Jahr 2008 wurde mit einer Allgemeinverfügung ein befristetes Alkoholverbot ausgesprochen. Jugendliche und Kinder haben sich per Handy oder E-Mail auf einem öffentlichen Platz getroffen und erhebliche Mengen Alkohol konsumiert. Kinder mussten stark alkoholisiert in die Klinik gebracht werden. Nachdem Kontrollen, Aufnahme der Personalien mit anschließendem Kontakt zu den Eltern und Aufklärungsarbeit keine positiven Auswirkungen gezeigt haben, blieb nur die Möglichkeit, Alkohol ganz zu verbieten. Diese Situation hatte sich unmittelbar nach Inkrafttreten des Alkoholverbotes verbessert.
Als ein Beispiel einer gelungenen Zusammenarbeit mit den Jugendlichen möchten wir die Marburger „Abi-Parade“ darstellen.
Nach den letzten schriftlichen Abiturarbeiten haben die Jugendlichen in der ganzen Stadt gefeiert. Autos mit mehr oder weniger angetrunkenen Fahrern und vollbesetzt mit jugendlichen Beifahrern fuhren durch die Straßen.
Es kam zu Unfällen, Randale, Schlägereien und allen bekannten Auswirkungen eines Alkoholexzesses.
Gemeinsam mit dem Stadtschülerrat und einem Veranstalter wurde die „Abi-Parade“ organisiert. So wie bei den Rosenmontagsumzügen schmücken die Abiturienten ihre Wagen und fahren durch die Stadt. Während des Zuges besteht ein absolutes Alkoholverbot auf den Wagen. Die „Abi-Parade“ endet vor direkt einer Diskothek, in der im Anschluss noch weitergefeiert werden kann.
Gemeinsam mit dem Landkreis Marburg-Biedenkopf wurde ein Veranstaltungskonzept entworfen. Da Veranstalter den strengen Regeln oft dadurch entgehen, dass sie in die Nachbarkommunen ausweichen, war es uns wichtig, den gesamten Landkreis in das Konzept einzubinden.
Die wichtigsten Punkte des Konzepts sind
- die Beratung durch die Ordnungsämter/Polizei,
- pro 100 zu erwartende Besucher i. d. R. eine Sicherheitskraft, mindestens 4 Ordnungskräfte,
- Einlasskontrolle und die Vergabe der „Ampelbändchen,“
- Überwachung der Außenbereiche (z. B. Parkplätze),
- Kontrolle der Aufenthaltsbestimmungen für Kinder und Jugendliche,
- keine Werbung für Flat-Rate-, All-Inclusive- oder sonstige Rabattangebote.
Als Ergebnis unserer Arbeit können wir festhalten:
- Alkohol wird weniger konsumiert,
- Alkoholmissbrauch wird öffentlich diskutiert,
- es wird nicht weggeschaut,
- das subjektive Sicherheitsgefühl der Marburger hat sich verbessert,
- Jugendliche sind offener uns gegenüber und sensibler für das Thema Alkoholmissbrauch,
- Veranstalter und Gastwirte suchen die Beratung,
- ein Rückgang der Straftaten an den Brennpunkten ist festzustellen,
- ca. 300 Kommunen haben sich bereits für unser Konzept interessiert.
Dokumente
Tätigkeitsbericht (59 kB) | |
suPPOrdJu-Präsentation (2 MB) | |
Flyer suPPOrdJu (3 MB) |